R(h)ein in die Fresse IX

R(h)ein in die Fresse IX

AardvarksHate SevenInfecdeadJack SlaterJapanische Kampfhörspiele
Bonn, Brückenforum
23.03.2008
Was kann es schöneres geben, als an Ostersonntag einer alter Tradition zu folgen und sich beim alljährlichen, von JACK SLATER organisierten, R(h)ein in die Fresse die Ohren ordentlich vom Feiertagsstress befreien zu lassen und gleichzeitig die lokale Szene zu unterstützen.

Nachdem der übliche Veranstaltungsort Klangstation Anfang des Jahres überraschend die Pforten schließen musste, gab es dieses Mal den im Vorfeld etwas skeptisch beäugten Umzug ins Brückenforum, in dem in der Vergangenheit zum Beispiel schon GAMMA RAY oder MASTERPLAN vergeblich bemüht waren, den Saal auch nur annähernd zu füllen. Dementsprechend war beim R(h)ein in die Fresse der Saal auch auf etwas mehr als Bühnenbreite verkleinert durch riesige Bilder von u.a. 50 CENT (kein Jux!), so dass die anwesenden mehreren Hundert Konzertbesucher immer noch genug Platz hatten, aber zumindest vom Mischpult bis nach vorne vernünftige Atmosphäre aufkommen konnte. Auch der im Vergleich zur Vergangenheit gestiegene Eintrittspreis war mit 10 Euro immer noch sehr fair, nur die Getränkepreise bewegten sich mit 2,50 für ein Bier schon fast auf Kölner Niveau…

Eröffnet wurde der bunte Reigen um kurz nach 20 Uhr von der jungen Brühler Band HATE SEVEN, die neben der üblichen Instrumentierung mit einem Mann an den Turntables überraschen konnte. Dem Alter so gar nicht entsprechend war dann die abgezockte Vorstellung der Band, die ihre gelungene Mischung aus Death Metal, Thrash Metal und Hardcore, überzeugend und mit ordentlich Pfeffer im Hintern in die Menge feuerte. Dabei wurde auch das Stage Acting nicht vernachlässigt und das Turntable Scratching setzte gelungene Akzente und passte überhaupt recht homogen in den Sound von HATE SEVEN.
Nur die Deathgrowls des schmächtigen Frontmanns Marc konnten mich nicht immer vom Hocker reißen und der ab und an vorkommende raue Thrashgesang hat mir deutlich besser gefallen und den Liedern höheren Wiedererkennungswert verliehen. Aber so ein Mille fällt eben nicht einfach vom Himmel...
Obwohl HATE SEVEN erst den Startschuss abgaben, konnten sie mit ihrer Performance durchaus schon einige der Anwesenden in Stimmung bringen und ernteten so den verdienten Applaus, auch wenn der Versuch der Wall of Death (?) ein Rohrkrepierer wurde als die geteilte „Menge“ einfach geteilt stehen blieb…

Nach kurzer Verschnaufpause gings weiter mit INFECDEAD, die mit ihrer Version des Brutal Death Metal punkten wollten. Bei einigen Leuten im Publikum ist das auch gelungen, aber auf mich ist der Funke nicht wirklich übergesprungen. Ob es an der Art der Musik, dem noch jungen Abend oder der etwas uninspiriert wirkenden Performance lag, kann ich nicht genau sagen.
Nachdem ich aber vorher nur gutes über INFECDEAD gehört hatte, lag es wohl an der Tagesform, dass der Auftritt beim R(h)ein in die Fresse nicht gerade als ewiges Highlight in meinem Gedächtnis abgespeichert werden wird.

Jetzt war es mit AARDVARKS Zeit für die Lokalheroen Pt. 1. Nach zahlreichen Besetzungswechseln über die Jahre und auch wieder in der jüngeren Vergangenheit ist Fronthüne Guido Meyer de Voltaire das einzig verbliebene Urgestein an Bord der 2. Bonner Thrash Metal Institution (neben PERZONAL WAR), aber weil sich an der Musik glücklicherweise nichts geändert hat, war die Menge vom ersten Akkord an dabei. Von den deathlastigeren Midtempo Nummern bis zu den schnellen Thrashkrachern boten AARDVARKS eine bunte Tour durch das Bandoeuvre, die das Publikum ordentlich zum Rübe schütteln und Matte schwingen animierte. Nur Mitsänger ließen sich eher vereinzelt ausmachen.
In der Heimat ist ein Auftritt zwar meistens eine dankbare Aufgabe, aber in der Form vom Ostersonntag sind AARDVARKS in der Lage jedes Publikum mitzureißen und nach 15 Jahren Bandgeschichte sind sie zwar alte Hasen, gehören so aber sicher noch nicht zum alten Eisen.

Wem es bis dahin noch nicht krawallig und krachig genug war, der durfte sich auf die nun folgenden Grindcore-Dauertourer JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE freuen. Hier fiel die über den ganzen Abend gelungene Arbeit der Männer am Mischpult besonders positiv auf. Wo man sonst ob der gewaltigen Lautstärke und der rasend schnellen Musik oft fast aus den Schuhen gehauen wird und kaum ein gebrülltes Wort versteht, konnte man an diesem Abend tatsächlich mal die Musik hören und einiges vom Gesang verstehen.
Nachdem ich bei den vergangenen drei Malen, an denen ich die JAKAs live gesehen habe, immer nach spätestens der Hälfte des Auftritts aus dem jeweiligen Auftrittsraum rausgegangen bin, konnte ich mir das dieses Mal ohne Probleme komplett anschauen und es hat mir auch gefallen. Dass der Moshpit etwas klein ausfiel, lag eher am etwas trägen Bonner Publikum als am gewohnt dynamischen Auftritt der Band, die es auch in den Ansagen zwischen den Lieder immer wieder versteht, ihren Humor durchscheinen zu lassen. Wenn man Hits wie „Gekochtes für Tiere“ oder „Alle wollen gut aussehen (und tun es nicht)“ auf Platte mag, wird man das Live-Inferno der JAPANISCHEN KAMPFHÖRSPIELE lieben!

Zum krönenden Abschluss kamen dann, wie immer beim R(h)ein in die Fresse, die Lokalheroen Pt. 2, JACK SLATER, auf die Bühne, die für die alljährliche Mühe, die sie sich mit der Organisation des Events machen, gar nicht genug gelobt werden können. Musikalisch weiß man bei den Jungs natürlich, wo der Hase lang läuft: es wird Death Metal serviert, so brutal wie es eben geht. Ich will die musikalische Leistung der Bands keinesfalls schmälern, aber alleine Sänger Horn ist so eine Schau, dass man auch Eintritt dafür bezahlen könnte, wenn er nur zu Musik aus der Konserve loslegt. Großartig!
Sehr angenehm war dieses Mal, dass das Publikums fast vollzählig auch dem JACK SLATER Auftritt beigewohnt hat, anders als vor 2 Jahren beim „R(h)ein in die Fresse VII goes Fleischmarsch“ als nach den JAKAs (ja, auch damals) auf einmal ein gutes Drittel des Publikums verschwunden war.

Dann war der unterhaltsame Abend nach vier Stunden voller Todesmetall auch schon zu Ende und ich kann sagen: es hat Spaß gemacht und sich gelohnt!
Das Brückenforum war eine bessere Location als erwartet und mit der leichten musikalischen Auflockerung durch AARDVARKS in der Mitte konnte man sich das komplette Aufgebot gut von vorne bis hinten anschauen. Ich weiß schon, was ich nächstes Jahr an Ostersonntag vorhabe.
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