Hellraiserfest Part II

Hellraiserfest Part II

Dark FortressDesasterGernotshagenHelfahrtHelheimThrudvangarVulture Industries
Leipzig, Hellraiser
20.03.2008
Zwei Tourneen, ein Motto und ein geselliges Beisammensein. In Erinnerung an das vergangene Hellraiser Open-Air zum 15-jährigen Bestehen des Metalclubs am Rande der Stadt lässt sich der Veranstalter etwas Ähnliches einfallen und legt zwei musikalisch ähnlich geartete Tour-Pakete zum Osterwochenende als Indoor-Festival an. Mit einem Kombiticket können zumindest Leipziger Anlieger profitieren.

Tag 1, 20.03.2008:

Es ist Karfreitag und die Sonne scheint. Oder doch nicht? Jedenfalls machen es die fiesen Temperaturen, der heftige Schneefall und das im Allgemeinen eher unglückliche Einbrechen der Dunkelheit unserer geliebten Tante Klara unerwartet schwer. In Kombination mit dem üblichen Feiertagsverkehr haben es die anreisenden Bands aber auch nicht unbedingt leichter. Während die Hälfte noch im Stau steht, wird kurzerhand die Spielfolge neu ausgewürfelt. SYCRONIMICA indes sollen es bis zum Ende nicht nach Engelsdorf schaffen.

HELFAHRT eröffnen also mit leichter Verspätung den ersten Abend und haben, wie man bereits beim bloßen Lesen des Bandnamens vermutet, eine ganze Handvoll Pagan Metal Songs mitgebracht. Eingepackt in ein düsteres schwarzes Gewand haben aber auch Flöten, Mundharmonika und andere Folk-Elemente ihren kleinen Platz.
Freundlich sind sie ja, die Münchener, vielleicht aber auch etwas zu freundlich. Die Naturburschen nimmt man ihnen wohl weniger ab, Schwiegermütter geraten bei den braven Dankesreden zwischen den Songs wohl eher in Verzückung. Das Publikum fühlt sich zwischen den Zeilen nicht genügend in den Arsch getreten, um selbigen etwas mehr zu bewegen. Sehr schade, denn die abwechslungsreichen Stücke wissen durchaus zu gefallen und die Musiker geben sich bewegungstechnisch sehr viel Mühe. Mehr als verhaltenes Interesse hätten sie jedenfalls verdient.

Bei GERNOTSHAGEN indes ist es genau umgekehrt. Showtechnisch passiert hier nicht viel. Offensichtlich reichen ein paar Fackeln und zerbrochene Schilde aus, um das Publikum in Stimmung zu versetzen. Nichtsdestotrotz zeigt sich die müde Masse unerwartet bewegungsfreudig und feiert die glatt aus einem Rollenspiel entsprungenen sein könnenden Helden ordentlich ab. Der Sänger stolziert mit geschwellter Brust hinter lederner Rüstung und schnittigem Schwert auf und ab. Der kleine Kampfzwerg am Bass fordert mehr Aufmerksamkeit. Der hochgewachsene Recke linkerhand hat heute mal seinen Bogen gegen eine Gitarre getauscht. Und der Keyboarder, nunja, sieht einfach aus wie der typische Pen&Paper-Freund. Musikalisch schlagen die Thüringer in die gleiche Kerbe wie ihre Vorstreiter, sind aber vor allem vom Gesang her etwas zackiger und aggressiver, im Gegenzug mit vielen klaren Vocals aber auch deutlich paganisierter. Schlecht wäre auch hier ein unpassendes Wort, bis zur umfassenden Zugabe wird man gute anderthalb Stunden ordentlich unterhalten. Nur vom Auftreten her bleibt es blass.

THRUDVANGAR geben letztlich den Rausschmeißer und zuvor auch das Verschollensein der vierten Band bekannt. Man nutzt aber die Gunst der Stunde, um die gute Laune des Publikums aufrecht zu erhalten. Also nix wie weg mit den Klamotten und raus mit den Bäuchen. Zugegeben, bei der dritten Version von Pagan/Black/Folk Metal wird es langsam schwierig, am Ball zu bleiben, dank sympathischen Auftretens der Truppe vergisst man dies aber recht schnell und gibt noch einmal sein letztes Hemd. (Wollte uns die Band etwa dies zu Beginn demonstrieren?) [cr]

Tag 2, 22.03.2008:

Wer ein Kombiticket bekommen hat, kann insgesamt gesehen günstiger rein, doch auch so bekommt jeder seine Karte an der Abendkasse. Während sich der Saal (bedeutend schneller und länger als am Vortag) füllt, betreten VULTURE INDUSTRIES die Bühne und sorgen mit ihrem Guildo Horn-Lookalike für Interesse und Erheiterung. Denn der Sänger zappelt sich grenzwertig sowie Anzug bedingt stocksteif (zu eng) durchs Programm, welches aus einem soliden Gemisch von klassischem Metal, moderneren Anleihen und etwas Power besteht. Irgendwo zwischen Rentnerheim-Unterhaltungsshow und witziger Idee pendelt das norwegische Quintett zwischen Schwachsinn und Mut, so dass man angesichts des restlichen Programms kaum eine passendere Beschreibung findet als "unpassend", "nervig" und dennoch "interessant".

HELHEIM haben es irgendwie einfacher. Mehr Publikum, mehr Bierpegel beim Publikum und mehr Freunde des heidnisch klirrenden Metalfrosts lässt nicht unbedingt ein Me(e)hr an Sound und Klang zu. Programmatisch geht es Richtung Wikingertum, musikalisch und outfittechnisch zielt man ebenfalls auf die ENSLAVED-Klientel ab. Neben purer Raserei schafft es die Band, auch etwas wie Differenziertheit zu gewähren. Doch die arg statische und kettenhemdlastige Show leidet auch etwas wegen des zu leisen Sounds. Aber nachdem die meisten nach der VULTURE INDUSTRIES-Show aufgelockert sind, gibt es hier verstärkt wohlwollenden Applaus und hier und da wirbelnde Matten zu sehen. [dt]

DARK FORTRESS treten mit jeder Menge Vorschusslorbeeren und einem neuen Album im Gepäck auf die Bühne. Unnötigerweise mit Schminke bewaffnet und vor allem zu Beginn und zwischendurch auch immer öfter mit gemeinen Soundproblemen kämpfend, beweist eine von Deutschlands interessantesten Black Metal Formationen, dass sie auch live eine nicht zu unterschätzende Macht ist. Ebenso wie sich ihre Songs mit der Zeit entwickeln, braucht auch die Band eine gewisse Anlaufzeit, um so richtig warm zu werden. Dann allerdings kann man sich ihrem nachvollziehbaren, melodiösen, greifbaren aber dennoch nie kitschigen Black Metal nur schwer entziehen. [cr]

DESASTER schaffen es, dem Ganzen die Oldschool-Krone aufzusetzen, indem sich die frisch wirkende Band durch das thrashige Songsammelsurium souverän holzt und wegen des charismatischen Frontmanns genug glaubwürdige Ausstrahlung besitzt und nicht zuletzt wegen der schlussendlichen übervollen Bühne einen würdigen Abschluss findet. Der Auftritt ist fett mit Klassikern bespickt. Die-Hard-Fans haben hier nichts zu meckern und feiern jeden Song ausgiebig mit. Im Vergleich zu den Jungspunden von DARK FORTRESS, die sich zwar von Song zu Song steigerten, haben es DESASTER anfangs zwar etwas schwer, punkten aber am Ende mit einer sympathischen Show sowie lauthals eingeforderten Zugaben.

Der zweite Abend weiß musikalisch ob des Abwechslungsreichtums zu gefallen, ohne dass die eine oder andere Gruppe Einbußen hinnehmen muss. Irgendwie sind sich auch die Bands untereinander sehr wohl gesonnen. Ausgelassenheit und Party sind unverkennbar nicht nur bei den Bands die Beherrscher des satyrischen Geisteszustands. Bacchanalien werden zwar nicht gefeiert, aber man merkt die Entspanntheit aller an, so dass der Samstagabend ganz gut in Erinnerung bleiben dürfte. [dt]

Bilder von Christian

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