Heavy Metal Cologne Open Air 2008

Heavy Metal Cologne Open Air 2008

CustardEdge Of ThornsInfinite HorizonIngrimmLeichenwetterLyrielRageRespawnStormwarrior
Köln, Fabrik
12.09.2008
Nach dem schönen Wetter, das den Abschied vom Sommer am Mittwoch und Donnerstag der vergangenen Woche noch einmal versüßen konnte, zeigt sich pünktlich zum 1. Tag des Heavy Metal Cologne Open Air „All Kinds of Metal“ der Herbst in respektabler Frühform und sorgt schon beim Weg zum Gelände für den ersten Guss von oben. Trotz dieser nicht eben optimalen Vorraussetzungen ist auf dem Parkplatz neben der Fabrik, die in Zukunft wohl vermehrt auch Konzerte zusätzlich zu den Motto Partys anbieten will, alles bestens gerichtet für einen langen Tag. Leider gab es im Vorfeld zwei kurzfristige Absagen aus persönlichen Gründen zu vermelden, so dass die Auftritte von EDGE OF THORNS, die den Opener Slot zugelost bekommen hatten, und LEICHENWETTER leider ausfallen mussten.

Aufgrund von leichten Orientierungsschwierigkeiten auf dem Weg zur Fabrik und der aus Bonner Sicht nicht immer idealen ÖPNV-Verbindung nach Köln ist RESPAWN bereits fertig, als ich auf dem Gelände ankomme.
Trotz Sprühregen und kaltem Wind schmeckt das erste Bier gut und die Groove Thrasher von ALL WE HATE starten einen ersten Versuch die vielleicht 50 Gestalten, die sich zu der frühen Uhrzeit auf dem Gelände befinden, zu animieren. Obwohl der an Mitte / Ende der 90er erinnernde Sound gut ins Ohr geht und die Band sich sichtlich bemüht, bewegen sich die Reaktionen noch im Bereich von Mitwippen und normalen Applaus.

Die Herner Power Metaller von CUSTARD lassen sich von den immer noch recht hüftsteifen Unterstützungsbekundungen aus dem Publikum keineswegs aus der Ruhe bringen und immerhin eine junge Dame schmettert den Opener „Dragonslayer“ sofort textsicher mit. Dabei sticht der überaus sympathische Frontmann Olli aus der auf hohem Level agierenden Truppe heraus. Er versucht nicht nur unermüdlich die Leute zu animieren und lässt posingtechnisch kaum einen Spaß aus, sondern weiß auch seine Stimme in erstaunliche Höhen aufzuschwingen, die man seiner Gimli-Erscheinung nicht unbedingt zugetraut hätte.
Ein überzeugender Auftritt, der mich schon jetzt für die nächste CUSTARD Tour fest gebucht hat. Denn was schon an einem herbstlichen Nachmittag für solch köstliche Unterhaltung sorgt, muss in einem Club voller Fans einfach großartig sein!

Es folgt Kontrastprogramm in Form der Regensburger INGRIMM. In einem metallischen Grundgerüst sorgt eine elektrische Drehleier im Wechsel mit einem Dudelsack für den Mittelaltertouch, der unter anderem durch die Gewandung von Frontmann Stephan mit Kettenhemd und Plattenschutz noch verstärkt wird. Durch die gelegentlichen Growls klingt die Musik in meinen Ohren wie eine straightere und etwas härtere Version der frühen HAGGARD, mit rein deutschsprachigen Texten. Das größer gewordene Publikum kann damit auf jeden Fall mehr anfangen als mit den traditionellen CUSTARD, was vielleicht auch daran liegt, dass die Anzahl der Zwei-Tageskarten Besitzer größer geworden ist und der Weg von den Folk & Pagan Bands des Samstags zu INGRIMM nicht gar so weit ist. Die Band bedankt sich mit einer engagierten Leistung für den Zuspruch, und setzt sich auch durch fehlendes übertriebenes Spektakel für mich positiv von so einigen anderen mittelalterlich geprägten Bands ab.

Weiter geht der bunte Reigen mit LYRIEL, die auf mehrere Arten an diesem Tag einzigartig sind: die einzige Sängerin, der einzige Geiger, die einzige Cellistin & zweite Sängerin werden ins Feld geführt und zaubern eine Mischung aus Folk Rock und NIGHTWISH hervor. Vielen im größer gewordenen Publikum gefällt das gut, leider kann ich mich nicht dazurechnen. Besonders die prägenden Gesangsmelodien beider Sangesdamen entwickeln sich zu meinen UNfavoriten des Tages und so spinne ich lieber die Theorie, dass der Name sich aus der Kombination von Lyrik & Galadriel ergeben hat.

INFINITE HORIZON, die mit ihren Alben bereits für einige Verzückung bei meinen geschätzten Bloodchamber Kollegen gesorgt haben, lassen den hohen Erwartungen Taten folgen. Ihre abwechslungsreiche Interpretation von Progressive Power Metal braucht sich hinter den diversen großen Namen des Genres nicht zu verstecken, und besonders die Energie geladenen Lieder des kommenden Albums bestehen noch vor dem Releasetermin den Live Härtetest mit Bravour. Sänger Marc erweist sich in den hohen und tiefen Gesangspassagen als Meister seines Fachs, und als sich die Ankündigung eines Liedes vom übernächsten Album nicht als Worthülse sondern als Testlauf unter Realbedingungen entpuppt, ziehen INFINITE HORIZON die Menge endgültig auf ihre Seite. Stark!

Besonders gefreut hab ich mich im Vorfeld der Veranstaltung auf die jetzt folgenden STORMWARRIOR, weil ich bisher noch nicht in den Genuss der würdigen Hamburger HELLOWEEN Erben gekommen bin. Doch trotz des hohen Energielevels, das gleich zu Beginn mit „Heading Northe“ angelegt wird, will der zündende Funke nicht auf mich überspringen. Die Band gibt Gas, die Lieder sind Hymnen und zumindest ein paar Mitsänger lassen sich im Publikum finden, und so ist es mir rätselhaft warum der Auftritt mich nicht mitreißen kann. Glücklicherweise gibt es aber viele Besucher, denen es anders geht, und so werden STORMWARRIOR angemessen gewürdigt für ihre Leistung.

Den krönenden Abschluss bilden RAGE, die binnen kurzer Zeit dafür sorgen, dass sich praktisch jeder, der auf dem Gelände unterwegs ist, vor die Bühne begibt. Der lange Tag, der vielen in den Knochen steckt, wird abgeschüttelt, und das nicht nur im Publikum. Denn Victor Smolski ist sozusagen auf einem Zwischenstopp in Köln, kommt er doch frisch vom Training für ein Langstreckenrennen auf dem Nürburgring, und kann noch nicht ahnen, dass das Rennen am Samstagmorgen kurzfristig abgesagt werden wird.
Von der ersten Sekunde an präsentiert sich die Band als Einheit. Das Publikum hängt an Peavys Lippen, und bangt, singt, feiert und jubelt lautstark. Es ist beeindruckend welche Wucht & Dynamik das RAGE Dreigestirn auf der Bühne zu entfesseln vermag. Unterstützt wird das von der umfangreichen Setlist, die für wirklich jeden RAGE Freund etwas im Gepäck hat, und dem rundum sympathischen und zuschauernahen Auftreten der Band. Als die Zugabe, das aus Funk & Fernsehen bekannte „Straight to Hell“, aus den Boxen dröhnt, kann als Fazit nur eine Meinung stehen: mit so einem Auftritt macht man aus einfachen Hörern Fans. Oder mit einem Wort: FANTASTISCH!

Setlist RAGE:
Carved in Stone
Drop Dead
Under Control
Soundchaser
Days of December
Refuge
Beauty
One More Time
Lost in the Void
No Regrets
Down
Set this World on Fire
Sent by the Devil
Black in Mind
Solitary Man
Long Hard Road
Higher Than the Sky
Don't Fear the Winter
Long Hard Road (Reprise)
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Straight to Hell

Zum zweiten Tag unter dem Motto „Under Yggdrasil“ mit u.a. MOONSORROW und SUIDAKRA bin ich nicht gefahren, hoffe aber, dass der Zuschauerzuspruch insgesamt etwas besser ausgefallen ist, damit die zweitägige Festivalpremiere auch vom Veranstalter als Erfolg verbucht werden kann.
Ok, die Bierpreise sind in Köln nicht unbedingt geldbeutelfreundlich, die sanitären Anlagen schienen schon bessere Tage gesehen zu haben und ich persönlich hätte mir eine oder zwei Thrash Bands mehr gewünscht (z.B. für die eher zum Samstag passenden INGRIMM & LYRIEL). Aber insgesamt hat mich das Konzept überzeugt, wie die ganze Veranstaltung aufgezogen war, sowohl mit dem vielfältigen Bandaufgebot als auch mit dem Angebot vor Ort. Dazu gibt es ein großes Lob für die ausnahmslos sehr freundlichen Mitarbeiter. Nächstes Mal komme ich gerne wieder.

Fotos von Michael Bach (CUSTARD) und Gast-Fotoapparatbediener Jörg Rings (Rest).

Bildergalerie

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