Die Ärzte & La Vela Puerca

Die Ärzte & La Vela Puerca

Die Ärzte
Dortmund, Westfalenhalle
05.06.2004
DIE ÄRZTE rufen zu ihrer „Unrockstar“ Tour auf, und alle sind gekommen : die Westfalenhalle in Dortmund ist mal wieder bis auf den letzten Platz ausverkauft; 15000 Süchtige wollen ihre Helden sehen. Daß vermutlich zwei Drittel der Zuschauer während der erster DIE ÄRZTE Phase in den 80ern noch nicht mal geboren waren, soll an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden, denn darüber habe ich mich ja schon in meinem Bad Religion Konzertbericht von letzter Woche echauffiert.
Gehen wir also mal direkt zur Musik über, die heute mit einer achtköpfigen Truppe aus Uruguay namens LA VELA PUERCA beginnt. Acht Musiker ? Das bedeutet bei solchen Veranstalungen natürlich nicht so was ähnliches wie Slipknot, nein, das kann nur Ska sein; eine Musik, die für mich vom Schlager kaum noch zu unterscheiden ist. Lustige Tanzmusik zum Mitwippen, ab und an gibt’s auch mal ne Gitarre. Absolut grausam. Trotzdem muß man anerkennen, daß die Band die Halle sofort fest im Griff hat, was vermutlich aber auch am Durchschnittsalter (siehe oben) liegt. Wie dem auch sei, die Meute geht gut ab und feiert die Haufen richtig ab, ich persönlich schicke aber ein Stoßgebet gen Hallendecke, als der Bockmist nach ca. vierzig Minuten endlich vorbei ist.
Die Umbaupause geht recht schnell vorbei, und pünktlich um 21:00 setzt das sehr coole Dawn Of The Dead Intro ein : „Wenn in der Halle kein Platz mehr ist, kommen DIE ÄRZTE auf die Bühne“. Los geht’s mit „Nicht allein“ vom aktuellen Album „Geräusch“, und schon verwandelt sich der Innenraum in eine riesige, wabernde Masse. Unglaublich, welche Euphorie diese drei Typen immer wieder auslösen. Als mit „Radio brennt“ dann sofort ein echter Klassiker ausgepackt wird, gibt’s kein Halten mehr und man muß ernsthaft aufpassen, in dem Gedränge nicht zerquetscht zu werden. Den Doktoren ist’s egal, so daß sie sich mit ordentlicher Spielfreude durch einen 90minütigen Set ackern, der sehr viel aktuelles („Nichts in der Welt“, „Dinge von denen“ usw.), aber auch einige überraschende Klassiker zu bieten hat, darunter so Perlen wie „Für immer“, „Frank’n’Stein“, „Roter Minirock“ und das göttliche „Popstar“. Die Show kommt wieder gut, es gibt effektiv eingesetzte Pyros, sehr stimmiges Licht und die bereits bekannte Leuchtschrift. Interessant wird es zudem zwischen den Stücken, denn im Grunde bieten Bela, Farin und Rod auch immer eine erstklassige Comedyperformance, die heute aus riesigen Gummipimmeln und dämlichen-genialen Ansagen wie „Als letztes Lied spielen wir heute die extended version von ‚In-a-gadda-da-vida‘“ besteht. Sehr geil war auch, daß die Jungs den KISS Klassiker „Detroit Rock City“ (hier natürlich als „Dortmund Rock City“) spielten. Schade nur, daß außer mir und einem Kumpel das Stück anscheinend keiner kannte ... ähem. Mit „Schrei nach Liebe“ geht der reguläre Set zuende, und kurz darauf gibt’s wieder den Akustikpart, der heute aber irgendwie in die Hose geht. „Monsterparty“ wird durch die affigen La Ola und Mitsingspielchen zerstört, und auch der Versuch, die Grindcore-Verarsche „Dauerwelle vs. Minipli“ unplugged (!) zu bringen, löst nicht gerade Begeisterung aus. Daher werden die Verstärker wieder eingestöpselt, so daß das Konzert nach knappen drei Stunden mit den Standardsongs „Westerland“ und „Zu spät“ endgültig beendet wird.
Ich muß sagen, daß ich die Halle diesmal mit gemischten Gefühlen verließ, denn vieles lag heute im Argen. Die Setlist war definitv nicht überragend; zu viele Klassiker wurden ausgelassen, es gab zu viele 08/15 Songs (z.B. „Die Nacht“, „WAMMW“ oder „T-Error“) und definitiv viel zu viele Unterbrechungen und improvisierte Parts, die öfters mal in Langeweile abdrifteten. Dazu kam, daß das Ganze musikalisch eher arm war : der Sound war richtig mies (der Bass wummerte wie Hölle, die Gitarre konnte man nur erahnen), das Zusammenspiel war alles andere als tight und speziell Bela hatte doch einige Timingschwankungen in seinem Gehacke. Natürlich bieten DIE ÄRZTE immer noch absolut was für’s Geld, aber sie müssen in Zukunft darauf achten, daß das Ganze Drumherum nicht wichtiger als die Musik wird. Also demnächst bitte etwas weniger Faxen und mehr (gute) Musik, dann bleiben die Hallen auch weiterhin voll.
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