Hammer Of Doom IV

Hammer Of Doom IV

GhostGriftegardIron ManJex ThothMirror Of DeceptionProcessionSolitude AeturnusSorcerer
Würzburg, Posthalle
23.10.2010
Was gibt es Schöneres, als in entspannter Atmosphäre mit Gleichgesinnten bei schweren Riffs und klagendem Gesang das ein oder andere Bier zu verhaften. Stimmt, so ziemlich gar nichts. Deswegen pendelten Ende Oktober eine stattliche Zahl an Kuttenträgern und Doom Anhängern Richtung Würzburg, wo die Herbstausgabe des Hammer Of Doom-Festivals stattfinden sollte. Diese Eintagesveranstaltung hat sich in der Szene schon durchaus einen Namen gemacht, wie die volle, jedoch nicht überfüllte Halle beweisen soll.

Eine verspätete Anreise und die Suche nach dem richtigen Hotel hatte leider zur Folge, dass wir die Opener GHOST verpassten. In Sachen okkultem Image sollen die Schweden an die Erfolge von Bands wie etwa THE DEVILS BLOOD anknüpfen. Auf Konserve konnte mich das Material nicht wirklich überzeugen, zu zahnlos und beliebig klingt der angestaubte Seventies Rock. Die Reaktionen in der Halle waren sehr zwiespältig, so feiern einige GHOST samt theatralischen Auftreten mit umgedrehten Kreuzen, Tiara und einer Menge Weihrauch als den heißesten Scheiss seit Erfindung der E-Gitarre ab, andere wiederum verzogen sich schmunzelnd Richtung Biertheke, da das dort Dargebotene bessere Unterhaltung lieferte. Letzten Endes muss sich wohl jeder selbst ein Bild der eigenwilligen Schweden machen.

Wir betreten die Posthalle Sekunden bevor die Japaner ETERNAL ELYSIUM in ihren treibenden Set einsteigen. Es ist schon beachtlich, wozu nur 3 Leute auf der Bühne fähig sind, denn ohne große Show drumherum wird hier ein energiegeladener und treibender Gig geboten, den wohl nur die Wenigsten so erträumt hatten. Fetter, erdiger Stoner Rock, natürlich in Anlehnung an die großen BLACK SABBATH, der sein Tempo dezent Richtung Doom verschleppt. Originell ist das natürlich nur auszugsweise, die Spielfreude und das sympathisch lockere Auftreten machen dies jedoch locker wett. Ob man sich diese Mischung auf CD ins Regal stellen muss, wage ich zwar zu bezweifeln, aber eine Live-Show von ETERNAL ELYSIUM kann man bedenkenlos empfehlen.

Dann öffnet sich der Vorhang für die erste reinrassige Doom Band des Tages, namentlich PROCESSION aus Chile. Hier regiert tonnenschweres Zeitlupenriffing, erste Matten fangen an, behutsam im Takt zu kreisen. PROCESSION wagen keine Experimente und zelebrieren eine Dreiviertelstunde erhabene Finsternis, ganz in Tradition von alten CANDLEMASS, stimmlich geht es besonders in hohen Tonlagen das ein oder andere Mal in Richtung Messiah Marcolin. Das Publikum ist erwartungsgemäß nicht so aufgestachelt wie bei den Vorgängern ETERNAL ELYSIUM, das dürfte aber in der Natur der Sache liegen. Man darf gespannt auf das Debüt-Album "Destroyers Of Faith" sein, das Mitte / Ende November erscheinen soll.

Bereits seit 20 Jahren doomen die Schwaben MIRROR OF DECEPTION durch den Untergrund und haben durch die Tatsache, die einzige deutsche Band im Billing zu sein, eindeutig Heimvorteil. Diesen haben sie eigentlich gar nicht nötig, durch eine starke Perfomance und das gestraffte, aber umso intensivere Material überzeugt das Quartett vom Start weg. Durch die hohe Rock-Schlagseite klingen die Songs wesentlich variabler als "purer" Doom. Selbst epische Brocken, wie das deutsch vorgetragene "Der Student von Ulm" sind kurzweilig und abwechslungsreich, Langeweile kommt hier bei keinem auf. Das Publikum nimmt diese Steilvorlage gerne auf und feiert die Band, ihren Auftritt und ihren Geburtstag verdientermaßen ab.

Dann wird es Zeit für die heilige Doom-Messe, die von GRIFTEGARD und ihrem Zeremonienmeister Thomas Eriksson zelebriert wird. Dieser steht auch stilecht hinter einer Kanzel und predigt dem bedächtig lauschenden Publikum 45 Minuten lang eindringlich seine Doom Weisheiten. Hier wirkt nichts aufgesetzt, die zähe aber stets melodiöse Gitarrenarbeit und die dezente Rhytmusfraktion bereiten den Boden, auf dem das epische Material von GRIFTEGARD ausgebreitet wird. Auch wenn man am Ende etwas Schwung vermisst, so setzen GRIFTEGARD definitiv das atmosphärische Highlight an diesem Tag.

Nun obliegt es JEX THOTH, das verzauberte Publikum wieder einzufangen und zurück auf den Hallenboden zu holen. Und wem sollte das besser gelingen, als dem kalifornischen Quartett, das mit Frontfrau und Namensgeberin Jex Thoth nicht nur einen attraktiven Blickfang an Bord hat, sondern gleichzeitig eine versierte und charismatische Sängerin. Die Songs von JEX THOTH bedienen sich gleichermaßen beim Doom und beim Rock, fügen dem ganzen eine psychedelische Note hinzu und haben mit der Orgel ein weiteres prägendes Stilelement in den Reihen. Diese Mischung holt das Publikum aus der von GRIFTEGARD verordneten Elegie und rockt ihnen die Müdigkeit aus den Gliedern. Die Band agiert, für die im Genre ansonsten vorhandene Apathie auf der Bühne, sehr agil und beweglich, was gut zu den luftigen und stimmungsvollen Hymnen wie etwa "Raven Nor The Spirit" oder "Nothing Left To Die" passt. Well done!

Der Magen knurrt und will gefüttert werden, deswegen opfern wie die livehaftige Reunion der Schweden SORCERER und geben uns unseren körperlichen Bedürfnissen hin. Nach der Rückkehr in die Halle konnten wir in Erfahrung bringen, dass ein Schnitzel mit Pommes definitiv die bessere Wahl war. Irgendwie deplatziert sollen sie gewirkt haben, so dass wir uns nicht ob des Verpassten grämen, sondern frohen Mutes und frisch gestärkt auf die kommenden Highlights blicken.

Ausgeruht geht es nun auf die Zielgerade des Hammer Of Doom-Festival, die zuerst von PLACE OF SKULLS bearbeitet werden soll. Doch diese haben anfänglich mit einigen Monitoren zu kämpfen, so das der eigentliche Auftritt erst nach ein paar Minuten Pause so richtig beginnen kann. Völlig unbeeindruckt legen PLACE OF SKULLS los und mobilisieren das Publikum bis in die letzten Reihen. Dabei kommt den Amerikanern, die sich aus den Überresten von etwa PENTAGRAM oder DEATH ROW zusammensetzen, zu Gute, dass sie sich nicht dem reinen Doom verschrieben haben, sondern durch die Hinzunahme von Stoner Anleihen und Southern Rock-Elementen eine verdammten Groove entstehen lassen, der wirklich jeden Fuß zum Wippen und jeden Kopf mindestens zum Nicken bringt. Das authentische und unaufgeregte Auftreten der Band ist hier das Tüpfelchen auf dem i und somit ein weiteres Highlight des langen Tages.

Mir völlig unbekannt, mutieren IRON MAN relativ schnell zum Ärgernis des Tages. Obskures Material, ein Sänger, der es sich zur Aufgabe macht, alle Töne zu versemmeln und besonders schräg zu trällern, sowie ein dermaßen versauter Gitarren- und Schlagzeug-Sound. Alleine scheine ich mit dieser Meinung nicht zu sein, denn ein Großteil des Publikums verzieht sich vor die Türe, plauscht und raucht an der frischen Luft und macht seinem Unmut über die hohe Billing-Position von IRON MAN Luft.

Das Publikum dünnt langsam aus, den noch Anwesenden steht größtenteils der lange, bierselige Tag ins Gesicht geschrieben. Aber die Götter SOLITUDE AETURNUS will man dann doch noch mitnehmen, haben sie das Genre eindeutig mitgeprägt und mit Rob Lowe einen der begnadetsten und charismatischsten Sänger in ihren Reihen. Ob es an den hohen Erwartungen lag, die Band bereits vom selbstständigen Aufbau zu müde ist oder an der eigenen Erschöpfung, der Auftritt der Amerikaner wird definitiv nicht in die Annalen eingehen. Der Funke springt trotz erstklassiger Songs nicht über, man agiert zu behäbig und zu routiniert um wirkliche Magie entstehen zu lassen. Da war der intime Gig auf dem diesjährigen Headbangers Open Air wesentlich energischer und druckvoller. Wie bei IRON MAN haben SOLITUDE AETURNUS mit einem ziemlich matschigen Sound zu kämpfen, so dass wir nach der Hälfte des Auftritts von dannen ziehen, in der Gewissheit, das wir keine großen Momente mehr verpassen werden.

Nun muss an dieser Stelle noch ein kleines Fazit folgen: Die vierte Auflage des Hammer Of Doom-Festival kann man rückblickend als eine runde, entspannte und vor allem gelungene Angelegenheit bezeichnen. In Sachen Organisation und Location kann man dem Veranstalter so rein gar nichts vorwerfen, die Bier- und Merchandise-Preise waren absolut akzeptabel, so das man jeweils in die Vollen greifen konnte. Natürlich könnte man an dieser Stelle die Diskussion entfachen, ob 10 Bands an einem Tag nicht 2-3 zu viel sind. Aber die ersten Bands werden zeitlich nicht verheizt und jede Band bekommt Minimum 45 Minuten Spielzeit, ein Umstand, der nur selten auf ähnlichen Veranstaltungen zu beobachten ist. Schade ist jedoch, dass gerade gegen Ende der Sound dermaßen in den Keller ging, dass man nur noch mit Abstrichen von einem Hörgenuss sprechen kann. Doch gerade abseits der beiden Headliner konnte man tolle Bands entdecken, von denen man in naher Zukunft hoffentlich noch einiges hören wird. Wer der Posthalle in diesem Jahr leider keinen Besuch abstatten konnte, sollte sich den 16. April 2011 vormerken, denn dann geht es in die nächste Runde des Hammer Of Doom. Man kann wohl schon jetzt sagen, bereuen wird es keiner!

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