Wacken Open Air 2011

Wacken Open Air 2011

AirbourneAs I Lay DyingAvantasiaBlind GuardianFrei.WildHeaven Shall BurnHelloweenIced EarthJudas PriestKnorkatorKreatorMorbid AngelMorgothMotörheadOzzy OsbourneSodomTriviumVreid
Wacken
04.08.2011
Endlich ist es geschafft! Das Wacken Open Air hat mit einer Besucherzahl von knapp 86.000 Menschen erstmals den Stellenwert des größten Musikfestivals Deutschlands erreicht und damit Rock am Ring vom Thron gestoßen. Für viele Leser dürfte dies bereits jetzt der Grund sein, das Schmökern dieses Berichts schleunigst einzustellen, wird dem Festival doch schon seit langer Zeit kommerzielles Gehabe, Massenabfertigung und Ausverkauf vorgeworfen.
Sicherlich kann man die Verantwortlichen anklagen, dass sie schlicht und ergreifend viel zu viele Zuschauer zulassen. Sicherlich kann man auch kritisieren, dass die kommerzielle Ausrichtung dem eigentlich eher traditionellen und familiären Charakter des Heavy Metal entgegen spricht. Auf der anderen Seite beweisen die Organisatoren Jahr für Jahr aufs Neue, dass es funktioniert. Und wer sich nicht mit den inneren Konflikten, die ein solch großes Festival nun mal auslöst, auseinandersetzen und dabei über seinen Schatten springen kann, der sollte bei einem der kleineren Festivals bleiben. Davon hat Deutschland schließlich auch einige Hübsche zu bieten.

Auslöser für den diesjährigen Andrang waren unter anderem Hochkaräter wie JUDAS PRIEST oder MOTÖRHEAD. Als in diesem Jahr leider einziges Bloodchamber-Mitglied auf dem Wacken habe ich mich für einen regelmäßigen Besuch der großen Bühnen entschieden. Wer auf Zeltbands wie TSJUDER, HAIL OF BULLETS oder SHINING hofft, muss an dieser Stelle also leider enttäuscht werden. Für diese blieb im Endeffekt einfach keine Zeit.


Mittwoch

Nach einer staufreien Anreise und dem flotten Aufstellen der Zelte tragen mich die Füße zunächst Richtung Festivalgelände, um den diesjährigen Aufbau nachvollziehen zu können. Neben den drei großen Bühnen und der W.E.T. Stage, wo sich traditionell die meisten Bands tummeln, gibt es auch in diesem Jahr wieder die Wackinger Stage, die aber deutlich „entschärft“ wurde, nachdem sie im letzten Jahr bei Bands wie EQUILIBRIUM und TORFROCK beinahe aus allen Nähten geplatzt wäre. Die Lösung: man nimmt einfach weniger „spannende“ Bands und umgeht den mega Andrang. Daneben gibt es mit der Beergarden Stage eine Spaßbühne, auf der sich die üblichen Acts wie MAMBO KURT oder die W:O:A FIGHERFIGHTERS einfinden. Zu guter Letzt befindet sich mit der als Zirkuszelt getarnten Bullhead City ein weiterer Schauplatz für Partykultur auf dem Gelände. Hier werden neben sinnfreien Veranstaltungen wie Wrestling und Miss Wet T-Shirt Contests auch annehmbare Bands wie ONSLAUGHT verbraten. Immerhin wird das Zelt gut angenommen – vor allem bei den männlichen Besuchern.

Ganz zufällig führt mich mein Weg auch direkt in besagtes Zelt, in dem gerade SKI KING sein Unwesen treibt. Präsentiert werden Coversongs von JOHNNY CASH bis METALLICA, die natürlich beim Publikum gut ankommen. Mit einer großen Erwartungshaltung ist hier sowieso niemand herein gegangen, also lässt man sich von den bekannten Liedern berieseln und freut sich über einen fröhlichen Stimmungsankurbler.

Nach einem Rundgang durch die Wackinger-Village, in der man von nackten Wikingern und wilden Rollenspielern unterhalten wird, lockt die Beergarden Stage mit verführerischem Weizenangebot und Blasmusik. Die BLECHBLOSN geben auf eigenwillige Art bekannte Rockgassenhauer zum Besten, verschmelzen das Ganze auch mal mit einem Schlagersong und bieten damit dem Zuhörer ganz viel Schützenfestflair und Kirmesambiente. Dass dies beim anwesenden Publikum gut ankommt, sollte selbstverständlich sein...

Donnerstag

Während sich wie am Vortag auf der W.E.T. Stage die Metal Battle Gewinner die Finger wund zocken, sammeln sich auf den Hauptbühnen heute bereits die ersten großen Namen. Den Anfang machen hierbei SKYLINE auf der Black Stage. Trotz des angekündigten Regens spielen Gaststars wie Doro, U.D.O., Chris Boltendahl und Tom Angelripper eigene bzw. extra fürs Wacken geschriebene Titel, die mal mehr mal weniger gut ankommen.

Richtig viel Sonne gibt es dann für „den Türken“ auf der Bühne. Zumindest sieht BÜLENT CEYLAN es selbst als Wink des Schicksals, dass ausgerechnet bei ihm der Himmelsstern so richtig zu glühen beginnt. Als Comedian auf der großen Festivalbühne hat man es sicher nicht leicht, doch Bülent gelingt es sehr schnell, die Massen auf seine Seite zu bringen. Zwar sind viele seiner Witze eher plumper Natur und das ein oder andere Thema wirkt etwas ausgelutscht, aber die authentische Freude, die er über den gesamten Auftritt hinweg ausstrahlt, wirkt anziehend. So kann er es sich sogar erlauben, einen eher durchschnittlichen Metalsong einzugrölen und am Ende via Schlauchboot auf Händen durchs Publikum getragen zu werden. Wenn das kein Vertrauensbeweis ist...

Im Anschluss daran dürfen die Südtiroler FREI.WILD auf die Black Stage und brechen mit ihrem Opener „Hoch hinaus, es geht voran“ gleich eine Menge Eis. Dabei hat sich die Band erst einmal gegen zahlreiche Vorurteile durchzusetzen. ONKELZ-Klon, gehypte Merchandise-Band usw... So wirkliche Überzeugungsarbeit kann die Band auch am heutigen Tag nicht leisten. Zwar gehen die meisten der Songs schnell ins Gehör und stellen viele Besucher zufrieden, eine wirkliche Rechtfertigung für den hohen Stellenwert der Band liefern die Jungs an diesem Tag aber nicht ab. Dafür sind die Riffs und Texte irgendwie dann doch zu bekannt und auf Dauer uninteressant.

Euphorischer werden dann HELLOWEEN empfangen, die mit „Are you Metal?“ gleich unter Beweis stellen wollen, wofür die Band heute hier ist. Das ganze Projekt hält dann ungefähr eine Minute bis die komplette Anlage inklusive Leinwänden ihren Geist aufgibt und die Band ohne Strom da steht. Das Wacken-Publikum bleibt gelassen und harrt der Dinge, die da kommen und tatsächlich starten die Power Metaller wenig später wieder in ihr Set. Dieses Mal hält die Anlage dem Druck für ca. 30 Sekunden Stand, bevor Andi Deris und Co. Erneut ohne Strom da stehen.
Nachdem irgendwann endlich alles funktioniert, mündet der Gig dann bereits nach zwei Titeln in ein Drumsolo. Überhaupt scheint die Musik hier eher in den Hintergrund zu treten, denn Sänger Andi hat nichts Besseres zu tun, als ständig über seinen „schwulen Drummer“ herzuziehen, den er zwar echt gerne hat, der ihm aber seinen 21 Jahre alten Whiskey leer gesoffen hat. Erstens interessiert das keinen und zweitens hätte ich mir – erst Recht nach dem Stromausfall – einfach mehr Musik gewünscht. Auch das Medley aus „Keeper of the seven Keys / The King for a 1000 Years / Helloween“ kann einen komplett verhunzten Auftritt nicht mehr retten.

Anschließend wird es bei Hansi Kürsch und BLIND GUARDIAN wieder störungsfreier, wenngleich – das sei vorweg gesagt – der Sound nicht der allerbeste ist. Neben seltenen Ausflügen in die neuere Musikkultur der Band („Wheel of Time“ oder das überflüssige „Fly“) stehen vor allem die Klassiker im Mittelpunkt des Geschehens. Und mit „Time stands still at the Iron Hill“ oder „Imaginations from the other Side“ kann man auch nichts falsch machen. Hansi hält sich mit den Ansagen weitestgehend zurück. Überhaupt hat man das Gefühl, dass der Band es ein wenig an Zeit fehlt. „Walhalla“ wird natürlich nicht bis zum Erbrechen weitergeträllert und auch vor dem abschließenden „Mirror, Mirror“ bleiben die Dankesworte sparsam. Abgesehen davon zeigen sich BLIND GUARDIAN gewohnt souverän und spielerisch einwandfrei. Die Songauswahl ist Bestens und Hansi Kürsch singt wie eh und je. Einziger Negativpunkt – allerdings kann die Band dafür nichts – ist der massive Ansturm an Crowdsurfern, die einem den Besuch auch in den hinteren Reihen schwer machen, da man häufiger in den Himmel als auf die Bühne schauen muss.

OZZY OSBOURNE sieht man sicher nicht alle Tage. Muss man aber auch nicht, wenn man seine Musik und die Person selbst nicht gerade berauschend findet. Aus der Ferne betrachtet wirkt der Altstar im Rahmen seiner Möglichkeiten unheimlich aktiv. Die Berichte, dass er sich während seiner Auftritte nur an seinem Mikro festhält um nicht umzufallen, bestätigen sich jedenfalls nicht. Stattdessen macht er einige Meter und singt dabei auch noch richtig gut. Neben Titeln aus seinem Solo-Projekt liefert er auch Material aus der BLACK SABBATH Ära, wobei natürlich „Paranoid“ nicht fehlen darf. Insgesamt ein gelungener Auftritt, der wahrscheinlich vor allem unter meinem persönlichen Desinteresse zu leiden hat.


Freitag

Faster, harder, louder! Das urtypische Wacken-Motto steht stellvertretend für meine Hoffnung für den Freitag. Widmete sich der Vortag eher der traditionell-melodischen Schiene, dürfte es heute auch gerne etwas härter zugehen. Den Anfang machen für mich daher MORBID ANGEL, die aus der Ferne durchaus Laune machen. Stoisch-dumpfer brachial Death Metal, der mit ordentlich viel Wucht über den Bühnenplatz wabert. Die Stimmung ist dabei durchaus ausgelassen, was dafür spricht, dass eher wenig Material des neuen Arschbomben-Albums gespielt wird. Ein wirklicher Experte bin ich dafür allerdings nicht, also geht es weiter zu...

...SODOM auf der True Stage. Tom Angelripper und Co. präsentieren in gewohnter Manier gradlinigen Thrash Metal der alten Schule und wissen dabei durchaus eine Menge an Publikum vor der Bühne zu versammeln. Einige Songs lang geht das Dargebotene prima ins Zentralmassiv. Irgendwann wird es aber doch zu eintönig und ich bin froh, dass ich mich zum Interview mit Maik Weichert (HEAVEN SHALL BURN) in den Pressebereich verdrücken kann.

Nach der Interviewpause geht es wieder zur inzwischen gut gefüllten Black Stage, auf der seit ein paar Minuten Tim Lambesis sein modern melodisches Metalcore-Gemisch auf den Hörer loslässt. AS I LAY DYING wissen dabei absolut zu überzeugen. Lambesis ist außerordentlich gut aufgelegt und selbst die cleanen Vocals von Nebenmann Josh Gilbert wirken heute nicht ganz so nervig wie gewohnt. Der druckvolle Sound tut sein übriges dazu, dass Songs wie „Anodyne Sea“, „Forever“ oder „Through Struggle“ heute besonders viel Spaß machen.

Für eine gute Position muss man bei TRIVIUM schon etwas kämpfen. So häufig spielt die Band um Multitalent Matt Heafy schließlich nicht auf deutschen Festivals. Der Auftritt ist dabei vor allem auf das neue Album „In Waves“ zugeschnitten, das an diesem Tage veröffentlicht wird. Knapp die Hälfte der Songs ist neu und den meisten der Besucher noch unbekannt, was aber an der guten Stimmung nichts ändert. Matt strahlt während des gesamten Gigs über das ganze Gesicht, wirft einige sympathische Ansagen ins weite Rund und präsentiert sich gesanglich in Bestform. Gesellen sich zu dem neuen Material auch noch Titel wie „A Gunshot to the Head of Trepidation“ und „Throes of Perdition“ kann man nur andächtig den Hut vor dieser Leistung ziehen. Definitiv einer der geilsten Auftritte des gesamten Festivals!

Da ich mich nicht teilen kann, greife ich für MORGOTH auf Augenzeugenberichte meiner Mitstreiter zurück. Die Old School Death Metaller aus Meschede feiern in diesem Jahr nach 17 Jahren ihr Comeback. Und das merkt man ihnen durchaus an. Die Band strahlt eine unheimliche Spielfreude aus und freut sich darüber, wieder dabei zu sein. Zwar erscheint die Party Stage währenddessen eher etwas gelichtet, die verbliebenen Anwesenden freuen sich dennoch über einen gelungenen Gig und Titel wie „Under the Surface“ oder „White Gallery“.

Jetzt wird es chaotisch! Das Thüringer Krawall-Geschoss HEAVEN SHALL BURN entert die Black Stage und legt in den nächsten 60 Minuten ein halbes Festivalgelände in Schutt und Asche. Man wird das Gefühl nicht los, dass einige der jüngeren Besucher nur auf diesen Gig gewartet haben, um endlich ihr aggressives Potential raus lassen zu können. Nach einem kurzen von PARADISE LOST geklauten Intro geht es mit „Profane Believers“ gleich in die Vollen. Binnen weniger Sekunden verwandelt sich das Areal in einen gewaltigen Moshpit. Alle paar Meter werden Circle Pits eröffnet, Fanatiker wollen eine Wall of Death starten oder trotz aller Massenbewegung zum Crowdsurfen nach oben getragen werden. Tatsächlich ist man während des Gigs so sehr mit Selbstschutz beschäftigt, dass einem die Songs überhaupt nicht so bewusst werden.
Dabei kann sich die Songauswahl mal wieder sehen lassen: „Counterweight“, „Combat“ oder „Black Tears“ zum Abschluss, um nur einige zu nennen. Dabei gelingt es HSB dieses Mal sogar, einen Circle Pit um den Mischpultturm der Black Stage bei „Behind a Wall of Silence“ zu starten. Bei „The Disease“ war der Versuch noch kläglich gescheitert. Außerdem werden die Frauen honoriert, indem sie sich im Graben vor der Bühne ein gratis Shirt abholen dürfen. Die Animation zum weiblichen Massen-Crowdsurfen ist gewagt und bringt die Securities ganz schön ins Schwitzen. Insgesamt ist mir persönlich fast schon zu viel Action im Pit. Selbst am Rand ist ständige Bewegung. Am Ende sieht man noch zahlreiche Besucher über den Platz irren, die ihre materiellen und körperlichen Besitztümer einsammeln. „Scheißegal!“, ruft mir einer der Beteiligten zu: „ich hab mein Portemonnaie verloren...alles drin...scheiß drauf, geiler Auftritt! High Five!!!“. Das sagt wohl alles aus...

Ein passendes Kontrastprogramm bietet der folgende Headliner JUDAS PRIEST, der sich mit einer über zwei Stunden langen Show seinen Fans präsentiert. Auffällig ist hierbei vor allem der ständige Klamottenwechsel bei Sänger Rob Halford, der damit fast Lady Gaga Ausmaße annimmt. Die Devise: Hauptsache es glitzert! Der eunuchenartige Singsang ist dagegen allererste Sahne. Zwar muss der Gute bei Songs wie „Painkiller“ ganz schön in die Knie gehen, dennoch hallt seine Stimmgewalt in brachialer Lautstärke über den Platz. Eine Pause gönnt er sich dagegen bei „Breaking the Law“, das er einfach mal komplett das Publikum singen lässt. Wirklich viel hört man davon nicht – zumindest nicht im Vergleich zu BLIND GUARDIAN am Vortag, wo „The Bard´s Song“ deutlich voluminöser intoniert wurde. Überhaupt ist hier vor allem Show angesagt. So kommt Rob auch mal mit Motorrad auf die Bühne. Das Publikum wird unterhalten und so sollte es auch sein. Nach 20 Songs geht schließlich eine beachtliche Show mit „Living after Midnight“ zu Ende.

Weitaus weniger Show, dafür viel Wüstensand gibt es dann auf der Party Stage bei KYUSS LIVES!, die ebenfalls auf den Reunion-Trend aufgesprungen sind und sich nun in alter Stärke zeigen. Zu später Stunde sammeln sich kaum noch Zuschauer auf dem Highway zur Bühne. Dennoch macht der riffgewaltige Sound ziemlich viel Laune. Sänger John Garcia zeigt dabei variable Gesangsformen von zart bis hart und bringt damit Songs wie „Green Machine“ besonders gekonnt zur Geltung. Eine Band, die man ruhig öfter mal live besuchen sollte.

Nachdem die letzten Riffwände von TRYPTIKON noch von der Black Stage herüber hallen, wird es nun wild und (im positiven Sinne) affig bei AIRBOURNE. Der oft als simpler AC/DC Abklatsch verschiene Glam Rocker aus Down Under gibt sich gewohnt spielfreudig. Nach „Raise the Flag“ und „Born to Kill“ habe ich aber bereits genug gehört. Nach all der Power des Freitages kann ich mir den Sound der Band nun einfach nicht mehr geben. Gute Nacht!


Samstag

Der Samstag beginnt eher schleppend. Nachdem ich KATAKLYSM zugunsten eines ordentlichen Mittagessens sausen lasse, ist – man höre und staune – tatsächlich KNORKATOR die erste Band des Tages für mich. Der Chaoten-Was-auch-immer-Rock/Metal sorgt für beste Unterhaltung und für eine Party Stage, die aus allen Nähten platzt. Dennoch fordern Alf Ator und Stumpen ungeniert zum Handstand und zum Huckepack-Pogo auf, tanzen frivol über die Bühne und hauen dazu Titel wie „Der ultimative Mann“, Böse“ oder „Alter Mann“ raus. Das sorgt für ausgelassene Stimmung. Ebenfalls gut angenommen wird der neue Song „Refrain“, der sich um selbigen Dreht und selbigen auch zum Refrain hat. So weit, so unklar.

Die Vorfreude ist danach groß, denn auf der True Stage spielen ICED EARTH ihren letzten Gig gemeinsam mit Frontsänger Matthew Barlow. Der Gute bildet so etwas wie meine Einstiegsdroge in den Power Metal Sektor und ist deswegen immer wieder eine besondere Erfahrung für mich. Gleicht dann noch die Setlist mit Titeln wie „Burning Times“, „Violate“, I Died for You“, „The Hunter“, „Prophecy“ und dem abschließenden „Iced Earth“ einer Art Best Of Ansammlung, ist der Auftritt eigentlich perfekt. Wäre da nicht der unsagbar beschissene Sound, der leider den kompletten Gig deutlich herabstuft. Bereits wenige Meter abseits der Bühne herrscht Zimmerlautstärke. Da kommen einem fast die Tränen! Ciao Matt, du wirst immer der einzig wahre ICED EARTH-Sänger bleiben!

Nach derart viel Tristesse und Wehmut ist Wut angesagt! Oder um es auf Norwegisch zu sagen: VREID ist an der Reihe. Die Black Metaller um Sänger Sture Dingsoyr lassen dabei ihrem recht wuchtigen Sound durchaus Raum für die auf dem aktuellen Album ersichtlichen Rock´n´Roll Einflüsse. Das lässt den Auftritt zu einer angenehmen Abwechslung zum ansonsten eher melodischen Samstag werden. Und wieder einmal mache ich die Erfahrung, dass Black Metal gar nicht so ätzend ist, wie ich immer dachte...

...schlimm nur, dass im Anschluss der direkte Übergang zu AVANTASIA erfolgt. Der mit Gastsängern vollgespickte Melodic Metal um Frontsofti Tobias Sammet verbindet so ziemlich alles, was mir musikalisch auf die Nerven geht. Bei allen Vorurteilen muss man der Band Respekt für all die Leidenschaft und Spielfreude zollen, die sie während des Gigs an den Tag legt. Sammet hüpft wie ein Irrwisch über die Bühne und freut sich wie ein Kleinkind über die Besuche von Lande, Kiske und Hansen, die mit ihm Songs wie „Promised Land“, „Dying for an Angel“ oder „Death is just a Feeling“ einträllern. Das Beste ist es wohl, einen derartigen Auftritt einfach mit einer Menge Humor über sich ergehen zu lassen und die Musik in den Hintergrund rücken zu lassen. Hat man das geschafft (Bier soll helfen...), kann man durchaus mit dem Happy Metal klar kommen. Übrigens war dies der wohl vorerst letzte AVANTASIA Auftritt überhaupt.

Die samstägliche Achterbahn geht weiter mit Mille und KREATOR. Nachdem mich die Band im letzten Jahr auf dem Rock Hard Festival in die nächste Hemisphäre geprügelt hat, war die Vorfreude entsprechend groß. Und KREATOR machen genau dort weiter, wo sie aufgehört haben. „Hordes of Chaos“ wird heraufbeschworen und die Wacken-Crowd versammelt sich schnell in selbige. Warum sollte man an einem Liveauftritt, der sich über eine derart lange Karriere bewährt hat auch groß umwerfen. „Pleasure to Kill“ oder „Phobia“ zünden wie eh und je. Die Menge honoriert es mit wehenden Matten und viel Bewegung vor der Bühne. Wieder einmal haben Mille und Co. Spaß gemacht. Wackeeeeen....Mosh...Piiiiiitttt!!!!!

Den persönlichen Abschluss des diesjährigen Wacken Open Airs bilden MOTÖRHEAD, die ohne großartige Ansagen einfach ihr Ding durchziehen und dabei eine Menge freudige Gesichter ernten. „We are MOTÖRHEAD. We play Rock´n´Roll“ -> und schon geht’s los! Wirkliche Neuerungen sucht man bei der Band vergeblich. Vielleicht kann man sagen, dass Lemmy das Mikro nicht ganz so übertrieben hoch hängen hatte, wie sonst. Wie schon bei KREATOR gilt auch hier: never change a winning system. Knapp anderthalb Stunden – die Spielzeit wurde kurzfristig verlängert – rauscht der vertonte Whiskey in Form solcher Songs wie „The Chase is better than the Catch“, „Killed by Death“ und natürlich „Ace of Spades“ über die Hörer hinweg und sorgt für einen räudig-rauen Abschluss eines gelungenen Wacken Open Airs.

Fazit:

Vieles ist bereits in der Einleitung vorweg genommen worden. Wer das Wacken und vor allem seine Entwicklung der letzten vier, fünf Jahre nicht mag, wird auch mit dem diesjährigen Festival nichts anfangen können. All diejenigen, die dort waren, haben wieder einmal ein nahezu perfekt organisiertes Festival präsentiert bekommen, das in diesem Jahr vor allem durch eine ausgewogenen Bandauswahl, gut aufgelegte Musiker und eine gemeinschaftliche Partyatmosphäre punkten konnte. Natürlich waren es zu viele Leute – vor allem das Chaos bei HEAVEN SHALL BURN war grenzwertig und bei KNORKATOR war der Platz zu klein. Aber auch hier heißt es: wer nicht Crowdsurfen will, lässt es sein, wer nicht in den Pit möchte, geht eben raus und wer das Wacken scheiße findet, geht eben auf ein kleineres Festival. Die wirklichen Kritikpunkte bleiben somit überschaubar: der Sound bei ICED EARTH war grausig und bei HELLOWEEN stromausfallfördernd, die Preise für Essen auf dem Festivalgelände sind vollkommen überteuert, die Anzahl an Dixies zu knapp kalkuliert und – allerdings kann die Organisation dafür wohl wenig – die Zahl an taschendiebischen Vollidioten scheint langsam ins Unermessliche zu steigen. Allein nach HEAVEN SHALL BURN kamen mir ein Dutzend Geldbeutel suchende Besucher entgegen. Da waren wohl Banden am Werk. Ebenfalls ausbaufähig ist die Ausgabe der Bändchen. Hier sollte man über mehrere auseinander liegende Ausgabestationen nachdenken um Andrang zu vermeiden. Insgesamt ist das Wacken 2011 aber als absolut gelungenes Festival zu betrachten. Ein Festival, das einem das Wiederkommen schmackhaft gemacht hat, aber auch so langsam seine größentechnischen Grenzen erreicht hat.

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