Morbid Angel Necrophobic Benighted Nervecell

Morbid Angel, Necrophobic, Benighted, Nervecell

BenightedMorbid AngelNecrophobicNervecell
Saarbrücken, Garage
18.12.2011
Wie passend: da befindet man sich in der letzten Adventswoche in besinnlicher Stimmung und freut sich auf ein paar ruhige und noch besinnlichere Tage, und dann kommt Satans Legion und zerstört die heimelige Stimmung mit einem Schlag. Seltsame Gemüter könnten eine Tour von Bands, die in ihren Texten den Gehörnten preisen oder mit alten Dämonen im Bunde sind, schon fast als ketzerisch und provokant empfinden. Lässt man diese Christa Jenalschen Gedanken aber beiseite, freut man sich als Liebhaber des alten Death Metals ein zweites Loch in den Arsch und nimmt die Tour der Götter MORBID ANGEL liebend gern mit. Zumal das international gut durchgemischte Begleitbilling mehr als ordentlich ist!

Den Anfang machen an diesem Abend die Wüstensöhne aus Dubai, NERVECELL, die mit ihrem amerikanisch angehauchten Death Metal perfekt zum Headliner passen. Leider ist die Halle noch leer, als man die Bühne entert (das alte Problem, die erste Band bei Öffnung der Tore spielen zu lassen) und gleich mächtig Gas gibt. Und dabei gelingt auch etwas, was nicht allzu vielen (vielen unbekannten) Vorbands gelingt: Immer mehr Leute bewegen sich Richtung Bühne und bestaunen neugierig den Gig. Als dann auch noch abschließend BOLT THROWERS „Where Next To Conquer“ ausgepackt wird, kann man sich sicher sein, von dieser weit hergereisten Band in Zukunft noch einiges zu hören!

Nach kurzer Umbaupause grinden BENIGHTED ohne großen Firlefanz los und machen über die Laufzeit ihre Sache ordentlich. Allerdings passt die Mucke eher suboptimal zum Line-Up und man wäre auf einer TERRORIZER-Tour (hoffentlich bald mal!!!) nach meinen Begriffen besser aufgehoben. Aber egal, vielen gefällt das Dargebotene, ich selber fühle mich recht schnell gelangweilt und genervt (wer hat bloß diese Unsitte namens „Pig Squeals“ erfunden???), so dass ich nach 3 Songs meiner Sucht fröhne und die Anwesenden ihren Spaß haben lasse.

Pünktlich zur Eröffnung des wahrhaft satanischen Reigens stehe ich wieder an vorderster Front, schließlich bekommt man NECROPHOBIC wahrhaft nicht gerade oft in unseren Breitengraden zu sehen. Zumindest als Festivalverweigerer. Verstärkt mit dem UNLEASHED-Klampfer macht man sich ans Werk und haut dem Publikum einen Schwarztod-Brecher nach dem anderen um die Ohren. Dabei lässt man auch die Frühzeit nicht aus und platziert den Titeltrack des Debüts „Nocturnal Silence“ zwischen „Neuheiten“ der Marke „Revelation 666“ oder „For Those Who Stay Satanic“.

Geht man in den Texten düster und satanisch vor, verleiht man der Show doch öfter mal was (unfreiwillig) komisches. Fronter Tobias sieht mittlerweile aus wie Jack Sparrow für arme und unterhält mit einem etwa übertriebenen Stageacting. Fahnenschwenken darf einzig und allein Bruce Dickinson, und vor allem sollte man bei einer solchen Aktion auch darauf achten, dass nicht immer was im Weg hängt. So gut wie die Musik ist, aber auf der Bühne hätte ich etwas anderes erwartet als die MÖTLEY CRÜE des Death Metals. Das Fehlen eines Klassikers wie „Nailing The Holy One“ paßt dazu leider gut ins Bild. Nichtsdestotrotz aber dennoch ein spaßiger Auftritt, wenn auch eben nicht die erhoffte Urgewalt.

Und nun geistert die alles beherrschende Frage durch den Raum: Werden MORBID ANGEL zur Techno-Party bitten und das etwas spärlich vorhandene Publikum zum Zappeln bewegen? Oder gibt’s gleich gewaltig was auf die Glocke? Schließlich hat man sich mit dem neuen Album nicht unbedingt einen Gefallen getan und hätte einiges wieder gut zu machen. Was also darf's sein? Zappelalarm oder doch lieber „Immortal Rites“ als Opener, gefolgt von „Fall From Grace“, „Rapture“ , „Day Of Suffering“ und „Blasphemy“? Zum Glück letzteres, und soviel darf ich hier schon mal verraten: noch NIE habe ich MORBID ANGEL in den letzten 20 Jahren besser gesehen!!! Eine Setlist zum Niederknien, eine instrumentale Meisterleistung von allen Beteiligten, dieses unglaubliche Charisma von Vincent…könnte man sich in ein Konzert verlieben, würde es an diesem Abend wohl Heiratsanträge hageln! Besser kann man das 20jährige Jubiläum des Klassikers „Blessed Are The Sick“ nicht begehen. In euphorischer Raserei klappe ich meinen Block zu, steuere die erste Reihe an und zelebriere Song wie „Angel Of Disease“, „Where The Slime Lives“ oder „Maze Of Torment“, lasse mich aber auch von neuem Material wie den gänzlich Techno-freien Songs „Existo“ und „Nevermore“ mitreißen, die sich toll in die Setlist einfügen und zu neuen Live-Classics avancieren dürften. Großartiger geht’s kaum!!!

Dass der Spaß viel zu schnell vorbei ist, braucht wohl kaum erwähnt zu werden. Nach der Zugabe „Sworn To The Black“ und dem Alltime-Classic „Chapel Of Ghouls“ gehen die Hallenlichter an und das Publikum bleibt verschwitzt und glücklich, aber wahrscheinlich auch etwas ratlos zurück. Hat man doch gerade eines der besten Konzerte des Jahres erlebt, und das von einer Band, die es geschafft hat, die Enttäuschung des Jahres zu veröffentlichen. Bleibt somit zu hoffen, dass man in Tampa nun weiß, was der Fan haben will und sich auf seine alten Stärken besinnt. Und damit meine ich nicht, Treys Talent, die Whammy Bar zu malträtieren!
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