The Darkness & Ginger Wildheart

The Darkness & Ginger Wildheart

Ginger WildheartThe Darkness
Köln, Kantine
19.03.2013
Weit in den Kölner Norden hat es THE DARKNESS auf ihrer Tournee zum Comebackalbum „Hot Cakes“ verschlagen, aber es lohnt sich, denn die Kantine ist noch genauso schön, urig und speziell, wie sie vor fünf Jahren war – und immer noch so mittelmäßig an den ÖPNV angebunden. Und der Glamrock verbindet Generationen, denn vom jüngsten bis zum ältesten Besucher schätzt das Augenmaß locker 40 Jahre Altersunterschied, wobei die im Allgemeinen finanzschwächere Jugend bei den auch für Köln stattlichen Bierpreisen nicht unbedingt aus Freude leicht feuchte Augen bekommen kann.

Gut gelaunte, spannungsfrohe Stimmung herrscht im zeitig gefüllten Auditorium, als GINGER WILDHEART um kurz nach 20 Uhr den Abend eröffnen und Augen wie Ohren von Beginn an herausfordern. Rund um den singenden und Gitarre spielenden Bandkopf Ginger Wildheart (bürgerlich David Walls), der wie ein schwer tätowierter Rock’n’Roll Bruder von Bruce Springsteen aussieht, teilen sich nämlich zwei weitere Gitarristen, ein Bassist, eine Sängerin und der Schlagzeuger den überschaubaren Platz vor dem THE DARKNESS Bühnenaufbau. Der Drummer fällt dabei in vielerlei Hinsicht noch mehr aus dem Rahmen als durch seine Rolle vorgegeben, ist er doch der einzige, der nicht durch engagiertes Showmantum auffällt, und hat als einziger (!) kein Mikrofon. Die Vielzahl der Mikrofone und ständigen gemeinsamen Gesangseinlagen ist die kleine Crux der Band, denn viele der originellen und stimmungsvollen Ideen gehen etwas unter, wenn fünf Leute mit einer stimmlichen Abstimmung, die fernab jedes Chors liegt, gleichzeitig singen. Es ist allerdings nur der überwiegenden Unvertrautheit mit den Liedern geschuldet, dass das Publikum wenig mitmacht und sich größtenteils auf den redlich verdienten Applaus in den Songpausen konzentriert, denn die Band ist nicht nur furchtbar sympathisch, sondern heizt mit Humor, Geschick und der liebreizenden Victoria Liedtke, die im luftigen kleinen Schwarzen die Auslage recht freiherzig präsentiert und ein spielerisch-laszives Tänzchen nach dem anderen aufführt, die Menge richtig schön an. Als Anhaltspunkt für den Witz von GINGER WILDHEART müssen vorerst die Liedtitel „How I Survived The Punk Wars“, „It Appears That The Party Is Over“ und “The Queen Of Leaving” dienen, nach diesem wunderbaren Auftritt haben sie es sich aber verdient, dass man sich ausgiebiger mit ihrem Schaffen befasst, was zumindest in zehn Fällen einfach ist.

Frisch zurück vom Auftritt bei TV Total – Justin Hawkins trägt weiterhin (den gleichen?) Zebraeinteiler – treten THE DARKNESS zu den passend gewählten Klängen von THIN LIZZYs „The Boys Are Back In Town“ ins Rampenlicht und nach dem einträchtig Händchen haltend an der Bühnenfront verbrachten „We Are The Hawkins Brothers“ explodieren Saal wie Band bei „Every Inch Of You“ nahezu. Es macht eben einen bedeutenden Unterschied, wenn das komplette Publikum quasi jedes Lied im Schlaf kennt und sich dementsprechend von einem engagierten Auftritt im Handstreich mitreißen lässt. Vollblut-Action Jackson Justin Hawkins ist so mit rennen, springen und rocken beschäftigt, dass nicht nur ein paar Ansagen leicht wirr ausfallen, sondern auch die Gitarrenlast heute überwiegend auf seinem Bruder liegt, was diesen ein wenig wie den heimlichen musikalischen Kopf der Band erscheinen lässt. Dagegen stinkt Bassist Frankie Poullain nicht unbedingt ab, doch das Auffälligste an ihm ist und bleibt der absolut herausragende Look als Wiedergänger von Jimi Hendrix, der sich in ein Phil Lynott Kostüm geworfen hat.
Obwohl sich die vielen „Hot Cakes“ Lieder heute Abend großer Beliebtheit erfreuen, bringen erst die alten Hits den vollen, echten Roar der Zuschauer zu Tage. „One Way Ticket“ bringt das Stimmungsbarometer nahe an den Siedepunkt, das von einem Spielchen eingeleitete „Love Is Only A Feeling“ wird von hunderten Herzen mitgeschwoft und „I Believe In A Thing Called Love“ übersteht temporären Gitarrenärger, ohne mit der Wimper zu zucken. Nach gut 60 Minuten ist bereits vorerst Schluss, doch zum Glück ist das nur ein Luftholen, bevor zu den letzten Tänzchen aufgespielt wird. Ein offenbar schmerzfreier, doch sicher glücklicher Fan ergattert ein Handtuch, das frisch vom Besuch in Justins Achselhöhlen und Schritt kommt, dann geht es in die ruhige letzte Runde mit „Love On The Rocks With No Ice“. Nach diesem herausragend unterhaltsamen Abend nehme ich es niemandem der Anwesenden ab, dass er das Verb im ebenfalls im Zugabenteil gespielten „Everybody Have A Good Time“ in der Bewertung nicht ansatzlos in ein „had“ ändern würde.
1A Rock’n’Roll Entertainment!
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