Enigmatik - Slitherin

Enigmatik - Slitherin
Progressive Death Metal / Elektro
erschienen im März 2008 bei Manitou Music
dauert 74:18 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. The Hanged Man
2. Nautilus
3. Beasthunter
4. Let The Brother Receive The Light 04:50
5. Laudanum
6. Dark Age Of Reason
7. The Green Fairy
8. The Ghost Of William Blake
9. Fata Morgana
10. The Nucleus Of Spheres
11. Pallas Athena
12. Metropolis

Die Bloodchamber meint:

Ich werd` bekloppt. Der erste Durchlauf war an einem hektischen Abend vor ca. drei Wochen und das Ding lief zwar, aber ich realisierte es irgendwie nicht. „Slitherin“ von der Schweizer Combo ENIGMATIK ist ein ganz schön abgefahrenes Stück Death Metal/Grind. Es ist gar eine Art psychedelisch-progressive Auslebung dieser Stilrichtungen. ENIGMATIK zocken sich auf „Slitherin“ einen zurecht, es ist die wahre Pracht. Ich habe ein paar Durchläufe gebraucht um diese Scheibe zu verstehen, aber die Zeit hat sich gelohnt. Dieses Album begeistert mich auf eine ganz besondere Weise.
Der Mut bei ultratechnischem Grindcore und/oder Death Metal auch noch Jazz- oder Elektro-Einflüsse zu integrieren, da bekommt man einen Eindruck, dass man es hier mit einer Art Kunst zu tun hat. Nicht nur Musik. Es ist abgedreht, aber nachvollziehbar abgedreht. Vor allem die „jazzigen Nummern“ zeigen die musikalischen Talente jedes Einzelnen von ENIGMATIK. Als Beispiel sollte hier die Gitarre, die „gebrochenes“ Spanisch spricht, bei dem Übersong „Metropolis“ genannt werden. Die Herrschaften aus der Schweiz können nicht nur technischen Death Metal sondern auch ganz andere Sachen. Die Band hat eine Art Intensivität und besondere Interpretation von „weitem Sound“. „Metropolis“ erinnert vom Feeling her ein wenig an PINK FLOYD. Sicher weit hergeholt, aber dieser Song hat eine ähnliches "Feeling". Allein bei diesem Song nach acht Minuten ein Grammophon der Marke Old School-Jazz der 30er zu samplen und einzusetzen. Eine schräge und musikalische Unterhaltung des obersten Ranges.

Jedoch fängt "Slitherin" ganz woanders an. Und zwar mit tierisch technischem Gebolze. Der Opener „The hanged man“ bolzt sich durch die Gedärme. Lupenrein und sehr technisch. Auch hier schon der erste Wink mit dem Zaunpfahl. Der Mittelteil wird 2-3 Minuten lang mit Klangeskapaden a la Electro unterbrochen. Die Songs von ENIGMATIK sind verflucht schnell, ultrarabiat und mit einem Fetisch für Breaks. Es erinnert teilweise an MESHUGGAH, nur ENIGMATIK sind schneller. Es ist nahezu nicht nachvollziehbar, was Guido Wyss (Produzent und Drummer) mit seiner Schießbude veranstaltet. Die Songs „Nautilus“ und „Beasthunter“ stehen in nichts nach. Derbes Geschmetter, Gegrunze und die zwischenzeitigen klanglichen Überraschungen wie diese Free-Jazz-Manöver. ENIGMATIK ist einfach wie Kino, muss ich feststellen. Bei jedem Durchlauf fällt mir ein neues filigranes Detail auf. Eine super spannende Scheibe mit Thriller-Ambitionen. Hier kommen sowohl die Grinder und Death Metaller auf Ihre Kosten, als auch Freaks die experimentelle und psychedelische Interpretationen dieser Stile befürworten.
Wie z.B. diesen Psychedelic Jazz Deathgrind a la ENIGMATIK. Produktion ist hierbei auch noch erste Sahne. Nicht zu laut gedreht, schöner, vereinter, freakiger Sound. Absolute Klopper sind hier „The green fairy“ oder „Fata Morgana“. Auch „Pallas Athena“ lässt mich staunen.

Songs wie „The green fairy“ oder „Fata Morgana“ kann man nicht erklären. Es sind famose Erlebnisse diese Songs zu hören, dieser grandiosen Band einfach zuzulauschen. Viele Bands treiben es mit ihren Experimenten auf die Spitze und überschreiten Grenzen. ENIGMATIK tun das auch, aber nachvollziehbar und gesund freakig. Absolut gewagt, aber auch gekonnt.
Gerade läuft das ebenso derb schnelle „Let the brother receive the light“. Hier passiert das, was ich bei vielen Bands vermisse. Der Bass ist ganz klar rauszuhören. Perverses Gezupfe mit übelstem High Speed-Blast an den Drums. Der Gesang ist sehr abwechslungsreich, passt sich quasi wie ein Chamäleon an die einzelnen Songs an. Mal übel verzerrt, mal „Standard-Growls“.
Es ist kein (!) 08/15-Gebolze, sondern gut durchstrukturierte intelligente Musik der harten Sorte.
Auch Melodien, geile Metal-Solos finden auf diesem überlangen Album (über 70 Minuten) ihren Platz. Ich nehme an, hier gibt es bei den Hörern nur die „Hop oder Top“-Kategorisierung/-Beurteilung. Entweder man fährt darauf ab oder nicht. Mir gefällt`s !
Gewagt und mutig, aber stark und vollmundig im Gehör.

Man könnte bei dem Gesamteindruck und bei der Betitelung der Songs wie „Laudanum“ und „The green fairy“ etc. einen Drogenkonsum der Musiker vermuten. Egal, ob hier etwas im Spiel war. Es hat dem Sound definitiv mehr als gut getan. Abgefahrene Scheibe! Top!
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