Blood Of The Black Owl - A Banishing Ritual

Blood Of The Black Owl - A Banishing Ritual
Doom Metal / Ambient
erschienen am 27.02.2010 bei Bindrune Recordings
dauert 41:21 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Movement I - Intent
2. Movement II - The Statement of Will
3. Movement III - Chant of the Captured Spirit
4. Movement IV - The Final Banishing

Die Bloodchamber meint:

Heute morgen wurde ich wie immer von meinem Radio geweckt. Es lief der Beitrag einer kulturbeflissenen Moderatorin anlässlich des Todes von Opernsänger Peter Hofmann, in dem sie erläuterte, er habe nicht nur im Bereich der "populären Musik" Erfolge gefeiert, sondern auch auf dem Feld der "seriösen Musik". Schlaftrunken nahm ich diese Formulierung zur Kenntnis und der Morgen war gelaufen... Man lasse diese Worte einmal richtig wirken und erinnere sich an die unglaubliche Unterscheidung zwischen E- und U-Musik, die ja suggeriert, dass alles, was nicht die Absolution einer hochkulturellen Mafia erhalten hat, lediglich der Unterhaltung diene und somit offensichtlich "unseriös" sei. Sobald ich mit solchen Ansichten konfrontiert werde, schwillt mir die Schlagader und ich bekomme nahezu talibaneske Gelüste, zumindest was die zentraleuropäische Hochkultur angeht.

Und was hat das nun mit dem aktuellen Album von BLOOD OF THE BLACK OWL zu tun? Eine ganze Menge, denn es lässt sich schon nach einmaligem, oberflächlichem Hören sagen, dass dies hier bestimmt nicht bloßer Unterhaltung dient, sondern dass wir es hier mit einem überaus ambitionierten Projekt zu tun haben, das eine sehr faszinierende künstlerische Klangwelt erschafft. BLOOD OF THE BLACK OWL sind stilistisch nur schwer zuzuordnen: Einerseits finden sich Doom-Elemente, die aber vollkommen fragmentiert sind. Es finden sich ebenso Anteile ritueller Folkore, reichlich Ambient und an einigen Stellen musste ich sogar an die ganz ruhigen Momente alter FIELDS OF THE NEPHILIM denken. Der rote Faden ist ein stark reduziertes Tempo und eine durchgehende Stimmung von dunkler Innerlichkeit, sodass diese Musik über Kopfhörer und mit voller Aufmerksamkeit erst richtig wirkt.

"A Banishing Ritual" ist ein einziges Stück, das allerdings in vier Abschnitte geteilt ist. Der Name ist Programm, denn es geht hier nicht um einen klassischen Song, sondern um eine in sich schlüssige Dramaturgie, die dem Verlauf des im Titel erwähnten Rituals folgt. Auch über die Vocals wird dies nachvollzogen, einzelne Textpassagen sind eindeutig als Verbalisierung ritueller Handlungen zu erkennen, was auch mit ihrem zum Teil rezitativen Charakter zusammenpasst. Es werden neben der klassischen Besetzung einer Metalband auch akustische und elektronische Instrumente herangezogen, die die Ausdrucksvielfalt auf ein Maximum erhöhen.

Alles entwickelt sich langsam und organisch, was direkt in der ersten Minuten deutlich wird. Das Ritual beginnt mit dem Klang eines Gongs, der an- und abschwillt, zu dem sich langsam die hohen Töne eines Saiteninstruments gesellen, das mit den Minuten immer ekstatischer gespielt wird. Erst nach geraumer Zeit kommt eine Unterstützung des Rhythmus durch ein Schlagzeug hinzu und es dauert gute zehn Minuten, bis das erste Break dieses Anschwellen zum gitarrenlastigen Höhepunkt führt.

Die weitere Dramaturgie bringt eine Reihe von Kontrasten hervor, schwere Passagen wechseln sich mit leisen und fragilen Momenten ab und es wurde geschafft, dass das ganze Stück wirklich als eines wirkt. Was, zum Henker, soll daran bitte "unseriös" sein? Virtuosistät spielt hier zwar ganz offensichtlich keine Rolle, doch kann dies auch kaum ausschlaggebendes Kriterium für eine Beurteilung sein. "A Banishing Ritual" transportiert einen unverkennbaren künstlerischen Anspruch und es stinkt mir gewaltig, wenn Menschen behaupten, nur ihre beschränkte Weltsicht erlaube es Kunst als solche zu identifizieren.

Aber jede Kunst muss sich auch einer kritischen Auseinandersetzung stellen können. Und ganz ohne kritische Anmerkungen bleibt auch dieses Review nicht. Wenn wir nach dem Gebrauchswert des Albums fragen, sollte aus den Beschreibungen ein paar Absätze weiter oben deutlich geworden sein, dass das Album Zeit benötigt und sich nur langsam entfaltet. Wie bei einem Film, der beim ersten Mal noch unglaublich spannend ist, aber beim zehnten Mal den Effekt des "Kenn ich in- und auswendig..." auslöst, so verhält es sich mit der überlangen Einleitung, die ja einen nicht ganz unwesentlichen Teil des Albums ausmacht. Sofern man weiß, was passiert und wie es sich entwickelt, ist die Spannung bald weg und man wartet darauf, dass es weitergeht.

Ein Fazit ist letztlich außerordentlich schwierig: Einerseits beinhaltet dieses Album wirklich hervorragende und unheimlich originelle Musik, andererseits könnte es streckenweise etwas "spannender", bzw. etwas mehr auf nachhaltigen Hörgenuss angelegt sein. Wer experimentelle ruhige und dunkle Töne mag, kann das hier ruhig mal antesten, obwohl ein bloßes Reinhören nahezu sinnlos ist. Wer es kurzweilig haben will und beabsichtigt, kräftig den Kopf zu schütteln, meidet BLOOD OF THE BLACK OWL lieber wie der Teufel das Weihwasser.
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