Atlases - When The Ocean Met The Sky (EP)

Atlases - When The Ocean Met The Sky (EP)
Ambient / Progressive Rock
erschienen am 11.05.2009 bei Day by Day Recordings
dauert 29:30 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Portraits
2. This Light Crept by Me
3. At the Bottom of the Ocean she Dwells
4. 22.12

Die Bloodchamber meint:

Ein einsamer Strand. Die Palmblätter schwanken leicht unter dem zarten Flüstern des Windes, während es sich einzelne Wolkenfetzen vor der leuchtenden Sonnenkugel gemütlich machen. Der Ozean zeigt seine Macht nur in der Ferne, wo sich die Wellen höher auftürmen und die bedrohliche Weite des Meeres symbolisieren. Doch am Strand wird der Stille Ozean seinem Namen gerecht und plätschert in kleinen rhythmischen Tönen über den Sand. Ein leeres Beiboot treibt im Wasser, niemand ist zu sehen. Jedes Geräusch wirkt unheimlich intensiv und jede außergewöhnliche Bewegung mutet chaotisch an. Einsamkeit, Melancholie, Fernweh, Naturverbundenheit, Wärme, Hoffnung…das Szenario vermittelt die unterschiedlichsten Emotionen und ATLASES liefern den Soundtrack dazu.

Die junge Band aus dem Südwesten Englands zaubert mit ihrem instrumentalen Post Rock eine herrlich verträumte Klanglandschaft herbei und lässt jedem Hörer die Entscheidungsfreiheit, wie er damit umgehen möchte. Das ist das Schöne an der Musik, die passenderweise den Titel „When the Ocean Met the Sky“ trägt. Dabei handelt es sich hier „nur“ um eine EP. Vier Songs schaffen es auf eine Spielzeit von fast einer halben Stunde – und das reicht zum melancholischen Abgleiten allemal. Beachtlich ist das Alter der Band, denn erst 2008 hat sich das Quintett zusammengefunden. Dafür klingt das Material bereits unheimlich professionell. Es herrscht das Prinzip der Stille. ATLASES zelebrieren ein langes musikalisches Flüstern. Einzelne Töne verhallen über einen längeren Zeitraum hinweg, die Gitarren erzeugen meist eine klare, helle Atmosphäre, die nur selten von verzerrten Riffs durchbrochen wird. Das Schlagzeug verbleibt als stiller Taktgeber im Hintergrund, einige Effekte und Ambient-Beats sorgen für weiteres Ruhe-Feeling und fusionieren mit leidenschaftlichen Melodien zu dem einleitend beschriebenen Stimmungsbild.

Die Songs befinden sich dabei mehr oder weniger im gleichen Schema. „This Light Crept by Me“ erinnert phasenweise an Chill-Out Klänge solcher Bands wie CHICANE, während „22.12“ zum Ende hin sogar explosionsartig aus sich herausgeht – alles im Rahmen des ATLASES-Kosmos, versteht sich. Explosionsartig ist auch ein gutes Stichwort, denn Genregrößen wie EXPLOSIONS IN THE SKY und THIS WILL DESTROY YOU sind deutlich herauszuhören. Vor allem zu letzteren besteht eine frappierende Ähnlichkeit! Und das fördert nun auch leider den einzigen großen Kritikpunkt zu Tage, denn hier zeigt sich, dass bei ATLASES noch deutlich Luft nach oben ist. Wo THIS WILL DESTROY YOU auf einem kompletten Album eine emotionale Achterbahnfahrt sondergleichen veranstalten, gelingt es ATLASES noch nicht, mittels Variabilität und Kreativität ein ähnliches Spektrum an Bildern zu erzeugen. Dieses eine, einleitend beschriebene Szenario haben sie perfekt umgesetzt, aber dabei bleibt es auch. Das Beiboot plätschert 30 Minuten lang vor sich hin, die Wellen rauschen still und heimlich weiter – unverändert.

Das Gute daran: noch immer bleibt jedem selbst überlassen, ob er sich auf Dauer dieses Stimmungsbild vorstellen kann und möchte. Mir persönlich fehlt ein wenig Abwechslung, vielleicht in Form von Bewegung am Strand, einem hereinbrechenden Gewitter oder einem besonders auffälligen Sonnenstrahl. Andererseits ist „When the Ocean Met the Sky“ für eine derart junge Band schon außergewöhnlich. Und dass man mit der ersten EP nicht gleich auf einer Stufe mit THIS WILL DESTROY YOU und Co. stehen kann, sollte auch verziehen werden. Von ATLASES darf man in Zukunft noch viel erwarten. Ich ziehe jetzt die Hörer auf und lege mich noch etwas an den Strand…oder gleich ins Beiboot…
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