Fitzcarraldo - Lass Sein Was Ist

Fitzcarraldo - Lass Sein Was Ist
Ambient / Rock
erschienen am 19.03.2010 bei Baxxbeatmusic
dauert 47:23 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Treibjagd
2. Prima 5S
3. Q
4. Momentaufnahme
5. Dämonen In Uns
6. Feuerwerk
7. Lass Sein Was Ist
8. Nichts
9. Du Bist Die Hoffnung, Ich Bin der Abgrund

Die Bloodchamber meint:

Sie schreien nicht so viel herum und es gibt garantiert auch weniger Leute, die FITZCARRALDO für ähnlich beknackt halten wie den Großmeister der Darstellung wahnsinniger Psychopathen Klaus Kinski, zu dessen bekanntesten Rollen die Figur des Brian Sweeney „Fitzcarraldo“ Fitzgerald gehört. Dennoch kann man eine Verbindung zwischen dem größenwahnsinnigen Opernfreund und den vier Aschaffenburgern finden, ohne sie komplett zu konstruieren. „Lass sein was ist“ ist exzentrisch, eigenwillig und in gewissem Sinne grundlegend widersprüchlich angelegt, weil es das Reduzieren der Musik auf Wesentliches predigt, um dann jede Sekunde mit Geräusch zu füllen.

Waberndes, sich in einer eher von Klangcollagen denn Liedern im klassischen Sinn erzeugten Atmosphäre treiben lassen, oft ruhig, seltener beschleunigt und (fast) nie von Wortfetzen gestört. Was für die einen den verstörenden Effekt der durch den Spiegel der Musik erzwungenen Selbstbetrachtung samt folgender –erkenntnis haben kann, werden eine Menge andere im negativen Sinn als verkopften Studentenkram verdammen, den man mit Wohlfühltee (keine Gerstenkaltschale!) Duftkerzen und Gedichtbänden verbindet, selbst aber maximal als Einschlafhilfe in Betracht zieht. Die fließenden Liedgrenzen, der nackte alte Mann mit den Schwimmflossenfüßen auf dem Cover und die kryptischen Liedtitel liefern beiden Seiten gleichermaßen zusätzliche Munition für die Argumentation.

Mir persönlich verlassen FITZCARRALDO sich zu sehr auf die Macht der Suggestion. Zweifellos spielt diese auch und gerade in der Musik eine Rolle, aber würde man zum Beispiel die Titel der ersten fünf Lieder ohne System vertauschen, hätte das für den alle Aspekte berücksichtigenden Hörer womöglich eine größere Wirkung als an musikalischem Unterschied dort auszumachen ist. Das federleichte „Feuerwerk“ und das wuchtigere „Lass sein was ist“, zwei weitere Widersprüche, stechen noch am ehesten heraus, weil sie sich am weitesten aus dem Sumpf der Monotonie erheben. Ein wenig mehr kinskieske Getriebenheit würde der Musik auf jeden Fall gut zu Gesicht stehen.

Übrigens, weil die Krachintensität meistens weniger Gewitterlevel und mehr die Vehemenz des Knackens alter Holzbalken hat, sind wir im Ambient / Post-Rock und nicht Noisecore.
Muss man nicht mögen, kann man aber - wenn auch sicher nicht jeden Tag.
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