Fozzy - Chasing The Grail

Fozzy - Chasing The Grail
Modern Metal / Hard Rock
erschienen am 16.04.2010 bei Riot Entertainment
dauert 64:55 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Under Blackened Skies
2. Martyr No More
3. Grail
4. Broken Soul
5. Let The Madness Begin
6. Pray For Blood
7. New Day's Dawn
8. God Pounds His Nails
9. Watch Me Shine
10. Paraskavedekatriaphobia (Friday The 13th)
11. Revival
12. Wormwood

Die Bloodchamber meint:

Das Aushängeschild der amerikanischen FOZZY ist Frontmann Chris „Jericho“ Irvine, der jedem halbwegs Wrestling-Interessierten ein Begriff sein dürfte. Aber wie auch seine Kollegen an den Instrumenten, die allesamt sonst bei STUCK MOJO aktiv sind, tönt der Ruf der beteiligten Namen nur in den USA wie Donnerhall, während in Europa bloß ein Bruchteil davon nachklingt. Mit „Chasing The Grail“ wird jetzt das vierte Album der Band veröffentlicht, das zweite, das überwiegend auf eigene Lieder und weniger auf Cover setzt.

Wer erwartet, dass Band und Album vor allem mit der Leistung am Mikrofon stehen und fallen, was keine ungewöhnliche Annahme ist, wenn man zum Beispiel einen Großteil der singenden Schauspielbrigade von Kevin Costner bis Bruce Willis in Betracht zieht, liegt auf jeden Fall daneben, denn Mr. Jericho kann singen. In den fragileren Momenten der Musik lässt die Ausdruckskraft seiner Stimme zwar etwas nach, und sie klingt leicht brüchig oder unsicher, aber das ist mindestens zur Hälfte den verwendeten Effekten („Grail“, „Broken Soul“) zuzuschreiben. Davon abgesehen kann sich die Gesangsleistung aber zweifellos hören lassen.
Deutlich kritischer sind die Songwritingtaten von Rich Ward zu beurteilen, die bereits das letzte STUCK MOJO Album arg nah an die Radiotauglichkeit führen wollten, ohne sie mit der notwendigen Substanz für regelmäßiges Airplay auszustatten. Denn nach dem erfrischend schwungvollen Opener „Under Blackened Skies“, der nur gen Ende mächtig Fahrt rausnimmt, folgt eine Menge rockiges Mainstreamfutter mit hier und da ein wenig Groovegitarren nach Art von u.a. SEVENDUST. Die Melodien sind einfach und nett, doch das verströmt auf die Dauer unverhohlen den Geruch von Biederkeit. Ein paar Mal von Gast Jeff Waters (ANNIHILATOR) den Riffturbo anwerfen lassen („Martyr No More“ & „God Pounds His Nails“) reicht keinesfalls, um sich von dem Vorwurf befreien zu können, es sowohl dem Radio-/Stadionrock Publikum von Gruppen wie NICKELBACK als auch denen der etwas zackigeren Bands mit kleinerer Fanbasis Recht machen zu wollen. Und wenn man sich zwischen mehrere Stühle setzen will, findet man sich nicht allzu selten mit dem Hintern auf dem Boden der Tatsachen wieder...

So könnte „Broken Soul“ eine richtig schöne Ballade sein, wenn der Gesang durch die angesprochenen Effekte nicht den Großteil seiner Wärme verlieren würde. Falls keine Stimmeffekte verwendet wurden, sollte Chris Jericho sich in Zukunft auf die etwas härtere, schnellere und dramatischer aufgeladene Gangart konzentrieren, die er zum Beispiel in dem abwechslungsreichen „Pray For Blood“ prima in Szene setzt. „Paraskavedekatriaphobia (Friday The 13th)“ ist nicht halb so interessant wie der Titel, zumal das Kunstwort für die Angst vor Freitag, dem 13., im Liedtext selbst leider nicht vorkommt. Dem Unauffälligkeitsreigen, der in und von vielen Liedern zelebriert wird, setzt „New Day's Dawn“ mit Rich Ward als Zweitstimme in bester Falsetto (lies: Eunuchen-) Tonlage die Krone auf. Der epische Abschluss „Wormwood“ dagegen ist die große Überraschung des Albums. Der einzige sonst nicht am Album beteiligte STUCK MOJO Instrumentalist Mike Martin zaubert dort nämlich den mit Abstand besten Titel aus dem Hut, der trotz gewagter Überlänge als einziges Stück von „Chasing The Grail“ nachhaltig und vollständig überzeugt, gar ein wenig beeindruckt, und mehr Facetten aufweist als der ganze Rest zusammen.
Nimmt man dieses Lied als Maßstab, wäre ein Album mit mehr Mike Martin und weniger Rich Ward Songwriting deutlich interessanter und spannender geworden. So geben FOZZY ein bemühtes und (von der Intention garantiert auch) engagiertes Bild ab, dem aber abgesehen von einem guten Sänger meistens die Ausstrahlung und am Ende auch die eigene Identität fehlen, um sich positiv im Gedächtnis verankern zu können. Vielleicht gelingt es auch so, auf dem amerikanischen Markt zu punkten, aber im alten Europa dürfte es schwer fallen.

Ich muss zugeben, dass ich etwas enttäuscht bin, weil ich ein mutigeres Album erwartet hatte, zumal die Mitglieder der Band eigentlich von Zwängen frei sein sollten, irgendwem etwas beweisen zu müssen. Es hört sich aber nicht so an, und die Note kratzt nur dank eines Bonuspunkts für "Wormwood" fast noch ein 'gut'.
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