Slime - Sich Fügen Heißt Lügen

Slime - Sich Fügen Heißt Lügen
Punk
erschienen am 15.06.2012 bei People Like You
dauert 46:07 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Sich Fügen Heißt Lügen
2. Rebellen
3. Freiheit In Ketten
4. Wir Geben Nicht Nach
5. Seenot
6. Bürgers Alptraum
7. Bett Aus Lehm Und Jauche
8. Revoluzzer
9. Trinklied
10. Zum Kampf
11. Bauchweh
12. Lumpen
13. Das Beil

Die Bloodchamber meint:

Wer braucht 2012 eine Band wie SLIME? Wer hat sie jemals gebraucht?

Wenn Punk irgendwann mal irgendeine für alle gültige Aussage hatte, dann war es Provokation. Provokation der Eltern, Provokation der Lehrer und der sogenannten Gesellschaft. Wenn heute noch irgendeine Punk-Band für Provokation sorgen kann, dann sind es SLIME. Das zeigte sich schon bei der Nominierung des Albums fürs Fadenkreuz, da wird auf alte Songtexte hingewiesen: gewaltverherrlichend, politisch links, …. Vielleicht sollte man sich da aber mal lieber die Texte der englischsprachigen Bands mal so durchlesen, die man grandios abfeiert. Da ist einiges derberes dabei, in politischer und gewalttätiger Richtung. Das entschuldigt die Einstellung der Band nicht, aber vielleicht erklärt einiges die Tatsache, dass die kritisierten Texte schon 30 Jahre alt sind, geschrieben von Schlagzeuger Stephan Mahler, der bei der Reunion nicht mehr dabei ist. Selbst das Bundesverfassungsgericht hat den Text von „Deutschland muss sterben“ in einer Beschwerde im Jahr 2000 in die Nähe von Heinrich Heines „Die schlesischen Weber“ rücken lassen, wo es auch heißt „Deutschland, wir weben dein Leichentuch.“

Slime setzen sich 2012 aus den Original-Mitgliedern Dirk „Dicken“ Jora am Mikro und den beiden Gitarristen Michael „Elf“ Mayer und Christian Mevs zusammen. An den Trommeln sitzt Alex Schwers, der auch bei HASS getrommelt hat und noch bei EISENPIMMEL aktiv dabei ist. Außerdem ist er an der Organisation des Ruhrpott Rodeos beteiligt, wo 2012 der erste SLIME Gig nach 15 Jahren stattfand. Am Bass war auch erst Eddi Räther, einer der Bandgründer dabei. Er hatte dann aber Probleme mit dem Handgelenk, so dass jetzt Niki Perkovic von DIE MIMMI'S dabei ist.
Man überlegte die letzten Jahre wohl intensiver ob man ein neues Album schreiben solle und wer jetzt das Texten übernehmen soll. Herausgekommen ist eine Vertonung der Texte von Erich Mühsam, anarchistischer Schriftsteller, Jahrgang 1878 und 1934 im KZ Oranienburg gestorben. An seinem „Revoluzzer“ haben sich übrigens auch schon TOTENOMND auf ihrem „Auf dem Mond ein Feuer“ gewagt. Herrlich, bitterböse und zynisch wie über 80 Jahre alte Texte über Gesellschaftskritik noch heute zutreffen.

Was hat sich aber in den letzten Jahren musikalisch bei SLIME getan? Nicht viel, die Songs gehen immer noch aggressiv nach vorne und ein Hit nach dem nächsten wird aus den Gitarren geschleudert. Aggressives Riffing statt fröhliche Drei-Akkord-Melodien dominiert schon immer den Sound der Hamburger und man möchte meinen, SLIME haben in den letzten zehn Jahren nichts anderes getan als an den Songs zu arbeiten. So ausgefeilt ist das Material, dass keine Sekunde als schwach einzustufen ist. Auch Dicken ist immer noch im Vollbesitz seiner Stimme, die nur etwas rauer geworden ist. Nie, wirklich nie, kommt einem die Idee, dass hier nur mal schnell ein Album eingespielt worden ist, um noch ein paar Euro zusätzlich aus der Reunion herauszupressen.

SLIME haben 2012 vielleicht nichts mehr neues zu sagen, aber um den Finger in die noch immer eiternde Wunde zu legen, sind sie immer noch gut und durch Erich Mühsams Texte sogar sehr gut. Wer irgendwas mit dem Punk Genre anfangen kann, kommt seit 1979 nicht an den Hamburgern vorbei und mit „Sich fügen heißt lügen“ bestätigen sie das aufs Neue eindrucksvoll.
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