Wandar - Landlose Ufer

Wandar - Landlose Ufer
Epic Black Metal
erschienen am 03.03.2012 als Eigenproduktion
dauert 41:46 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Gen Norden brandet die See
2. Raunen
3. Waldgänger
4. Die Bürde des Morgens
5. Trollgebunden
6. Wintersang

Die Bloodchamber meint:

Dass in WANDAR riesiges Potenzial schlummert, hat sich in vergangenen Jahren vor allem bei den Liveauftritten der Hallenser angedeutet. Die erste EP "Vergessenes Wandern" wusste das Ganze streckenweise zu untermauern, konnte jedoch gerade in den betont heidnischen Momenten nicht überzeugen - zu aufgesetzt wirkte die folkige Beschaulichkeit, die sich hier bisweilen etwas ungelenk Bahn brach. Nun sind die Wanderer mit ihrem ersten vollständigen Album zurück und diese erneut in Eigenregie entstandene Perle katapultiert das Quintett aus dem Stand in die vorderste Riege der heimischen Schwarzmetallurgie.

Ursache hierfür ist vor allem die Konsequenz, mit welcher WANDAR alles Überflüssige aus ihrem Sound verbannt haben: Hier gibt es keine Flöten, keine pseudo-paganesken Plastikornamente, die den weit und harmonisch sich windenden Kompositionen eher Schaden zufügen und bestenfalls für eine oberflächliche Vielfalt sorgen würden.
Stattdessen verlegt man sich vor Breitwandpanoramen auf ebenso subtile wie entscheidende Impulse, um den einzelnen Stücken Charakter zu verleihen: Die wunderbar ausgearbeiteten Leadharmonien im Opener "Gen Norden brandet die See" beispielsweise, das traumhaft melancholische Break und die kaum wahrnehmbaren Backings in "Raunen", die unverzerrten Lichtungen im ansonsten treibenden "Waldgänger", oder die ebenso unvermittelten wie überwältigenden Orgelklänge in "Die Bürde des Morgens" - WANDAR haben in jedem einzelnen Songdickicht wunderbare Momente versteckt, die sich wie selbstverständlich aus der ohnehin atemberaubenden Kulisse schälen und diese in der Folge auf ein neues Niveau empor zu heben vermögen. Selbst die noch vorhandenen folkloristischen Momente - "Trollgebunden" ist hier wohl das beste Beispiel - ersticken nicht mehr unter meterdickem Pathos, sondern wirken 2012 schlichtweg ergreifend. Dass dies auch dem superben Sound geschuldet ist, sei hier nur am Rande erwähnt.
Einen wichtigen Beitrag zum hervorragenden Gesamteindruck leisten zudem die Texte, die sich in metaphorischer und durchweg geschmackvoller Weise zwischen Weltschmerz, der Sehnsucht nach Vergangenem und (natur-) philosophischen Fragestellungen bewegen. Die so transportierten Stimmungen reichen von nachdenklicher Betrachtung und wehmütigem Blick zurück bis hin zu sich aufbäumender Tatenkraft, was (zumindest mich) ein wenig an ORLOG und - in Verbindung mit der Phrasierung und den musikalischen Grundfesten - an eine gewisse Galeere von GEIST erinnert. Es ist eine ähnlich unvernutzte, ähnlich kraftvolle und zugleich nuancierte Lyrik, die WANDAR hier zeigen, und die den Griff zum unprätentiös-schönen Booklet immer wieder herausfordert.

Die Aufmerksamen unter euch haben es bereits gemerkt: Ich drücke mich ein wenig um musikalische Vergleichspunkte. Mit den genannten GEIST verbindet WANDAR vor allem die Atmosphäre in den ruhigeren, mittelschnellen Momenten, während für den überaus flächigen Sound samt Leads und gern genutzter Doublebass vielleicht HELRUNAR als Vergleichspunkt herhalten könnten. Wirklich nahe kommt man der Sache damit jedoch nur bedingt, was im Umkehrschluss dann vielleicht auch den großen Reiz von "Landlose Ufer" ausmacht: WANDAR gelingt hier nicht weniger als ein musikalisch, thematisch und ästhetisch ungemein schlüssiges Debütalbum, dass ich jedem (!) Freund urwüchsig-majestätisch dahinfließenden Black Metals nur wärmstens ans Herz legen kann. Viel besser wird es dieses Jahr nicht werden.

Einen ersten Eindruck und Bezugsadresse findet ihr hier in der Beschrei-bung: http://youtu.be/uEM6ZEaTwOc
-