Mob Rules - Cannibal Nation

Mob Rules - Cannibal Nation
Melodic Power Metal
erschienen am 19.10.2012 bei AFM Records
dauert 48:49 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Close My Eyes
2. Lost
3. Tele Box Fool
4. Ice & Fire
5. Soldiers Of Fortune
6. The Sirens
7. Scream For The Sun (May 29th, 1953)
8. Cannibal Nation
9. Sunrise

Die Bloodchamber meint:

„Cannibal Nation“ ist das siebte Zeichen der Elder Statesmen des melodischen, mit auf eingängigen Strukturen basierendem Anspruch versehenen Power Metal, in dem gewohnt textlich keine Klischees abgearbeitet werden, sondern verschiedene Episoden und Entwicklungen der Weltgeschichte. Die Bandbreite reicht dieses Mal von der Erstbesteigung des Mount Everest („Scream For The Sun (May 29th, 1953)“) über die jahrelang entführte kolumbianische Politikerin Ingrid Betancourt („Ice & Fire“), den reichlich größenwahnsinnigen ehemaligen Herrscher der Zentralafrikanischen Republik Jean-Bédel Bokassa im Titeltrack bis zur Verschrottisierung des (deutschen) Fernsehens („Tele Box Fool“).

Mit einer dermaßen gewaltigen und kontrastreichen Themenliste kann man zwar ein gewisses, über den normalen Tellerrand hinausgehendes Interesse am Weltgeschehen bekunden, in ihr lauert aber auch die immanente Gefahr, der Musik eine erdrückende Last aufzubürden. Im Unterschied zum Vorgänger „Radical Peace“ gehen MOB RULES die Aufgabe etwas weniger hart an und legen mehr Gewicht auf die Melodien. So legitim das ist, erschwert es doch ein wenig den (emotionalen) Zugang zu dem Album, weil die musikalische nicht immer mit der textlichen Dramatik Schritt hält. Insbesondere die Wahl zweier sehr getragener Lieder zur Eröffnung erscheint in diesem Licht als, nun ja, eigenwillige Entscheidung, bevor „Tele Box Fool“ mit etwas mehr Dynamik das Eis ein wenig bricht.
In milderer Form zieht sich dieses Auf und Ab durch das ganze Album: Ein dramatischer Anfang wird vergleichsweise schlicht aufgelöst („Soldiers Of Fortune“), bevor kurz darauf mit klarem Blick und ergreifender Dynamik der inhaltsgetreue Gipfel angesteuert und erreicht wird - natürlich „Scream For The Sun (May 29th, 1953)“. Dank des positiven Ausrufezeichens, das der bei dem Inhalt überraschend flockig eröffnende Titeltrack setzt, und des gefälligen Schlusspunkts versöhnt die zweite Hälfte endgültig mit dem Gesamtwerk „Cannibal Nation“.

Obwohl es meiner Meinung nach besser gewesen wäre, den kleinen Härtekick des Vorgängers (zumindest) zu übernehmen, kann ich die Entscheidung, die MOB RULES getroffen haben, nachvollziehen und bei diesem Ergebnis problemlos billigen. Mehr Faust anstelle von Gefühl hätte fast unweigerlich in BRAINSTORM-Regionen geführt und ich würde nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, dass der geschätzte Klaus Dirks in diesen Gefilden ebenso überzeugen würde wie der mit einem etwas raueren Organ gesegnete Andy B. Franck.
Knapp hinter „Radical Peace“ läuft „Cannibal Nation“ dennoch ein und daneben ist es auch ein gutes Beispiel für die Konsequenzen, die mit der Positionierung der Titel einhergehen: Wie anders wirken die beiden ersten Lieder, wenn man die Abspielliste mit dem dritten Titel beginnen lässt und die eigentlichen Opener hinten anhängt!
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