Oliva - Raise The Curtain

Oliva - Raise The Curtain
Progressive Rock
erschienen am 21.06.2013 bei AFM Records
dauert 56:44 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Raise The Curtain
2. Soul Chaser
3. Ten Years
4. Father Time
5. I Know
6. Big Brother
7. Armageddon
8. Soldier
9. Stalker
10. The Witch
11. Can't Get Away
12. The Truth (Bonustrack)

Die Bloodchamber meint:

Ähnlich oft und zurecht wie der tödliche Angriff auf Dimebag Darrell ist der von einem betrunkenen Autofahrer verursachte Tod Criss Olivas beklagt worden. In diesem Oktober jährt sich dieser tragische Verlust nicht nur zum zwanzigsten Mal, die erste Soloscheibe des Mountain King enthält auch ein letztes Mal von Criss geschriebene, bisher unveröffentlichte Musik. Dabei war der eigentliche, mittelbare Auslöser für OLIVA der plötzliche Tod des JON OLIVA’S PAIN Gitarristen Matt LaPorte im April 2011, der Jon im Bezug auf seine musikalische Zukunft vorerst ratlos werden ließ. Das Angebot seines Freundes Dan Fasciano, zwanglos in dessen Studio vorbeizuschauen und nach Lust und Laune aufzunehmen, ließ schließlich „Raise The Curtain“ wachsen, wobei Dan auch kompositorisch nicht unbeteiligt war und JON OLIVA’S PAIN (und Ex-CIRCLE II CIRCLE) Drummer Chris Kinder ebenfalls ein, zwei helfende Hände zur Verfügung stellte.

„Raise The Curtain“ ist also nicht ganz so „Solo“, wie proklamiert wird, und hat zusätzlich eine dominante (70s) Prog Rock Note, die es deutlich vom bisherigen Schaffen des großen Meisters absetzt. Am augenscheinlichsten wird das anhand des unglaublich fluffigen Keyboards, das sich das Album vorknöpft und nach allen Regeln der Kunst durchorgelt („Soul Chaser“, „Ten Years“, „Big Brother“,…). Ähnlich auffallend sind die verschiedenen Gitarrenklänge, die in weiten Teilen weich, offen und geradezu zärtlich ausfallen, während einige Male zumindest pures Rockfeeling aufkommt. Man sollte sich also von den üblichen Erwartungen, die man an ein Metalalbum stellt, verabschieden, um dem angeproggten Rock von „Raise The Curtain“ unvoreingenommener begegnen zu können.

Nach dieser endlosen Einleitung fehlt natürlich noch die Einschätzung und die fällt leider weniger wohlwollend aus, als ich es vor dem Hören erwartet hatte. Die (vermeintliche) Leichtfüßigkeit der erwähnten Klänge geht nämlich oft keine überzeugende Verbindung mit der (immer noch) beeindruckenden, sonoren und gehaltvollen Dramatik von Jon Olivas Stimme ein. Während „Big Brother“ genug musikalische und klangliche Substanz hat, um das Gewicht des Gesangs zu stützen, brechen einige, zum Teil sogar recht beschaulich besungene Stücke aufgrund ihrer bunten Federhaftigkeit darunter mehr oder weniger zusammen, anders als es bei SAVATAGE oder JON OLIVA’S PAIN war. Hinzu kommt einiges an Brimborium, das wohl dem 70er Geist geschuldet ist, bei „Raise The Curtain“ jedoch schlicht und ergreifend überflüssig wirkt, wie zum Beispiel das Filmsoundspektakel in „Armageddon“ oder das theatralische Intro, das einem Musical besser zu Gesicht gestanden hätte. Wohltuende Ausnahmen sind die sanfte Ballade „Soldier“, in der die Balance inklusive der Flöte stimmig ist und nur das Keyboard einen kurzen unnötigen Auftritt hat, das überraschend funkige „Stalker“ und selbst das äußerst verträumte „Can’t Get Away“ geht wohl noch als gelungen durch.

Bei aller Liebe zu Jon Oliva, dem verdienten Respekt vor seiner Lebensleistung und aller Anerkennung der immer noch vorhandenen Magie seiner Stimme ist OLIVA am Ende zu oft ein Gebräu, bei dem sich die Zutaten ungenügend vermischen und damit das Resultat kleiner als die Summe seiner Teile wird. Der Gesang flockt wie Baileys im Sekt aus. Das kann zwar interessant anzuschauen sein, für den vollen Genuss werden die nicht reichlich Schmerzfreien aber doch lieber separat zugreifen.

Wer einen kleinen Einblick gewinnen möchte, kann sich den gut siebenminütigen Trailer mit Ausschnitten aller Lieder anhören.
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