Agalloch - The Serpent & The Sphere

Agalloch - The Serpent & The Sphere
Progressive Black Folk Metal
erschienen am 16.05.2014 bei Eisenwald Tonschmiede
dauert 59:44 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Birth And Death Of The Pillars Of Creation
2. (Serpents Caput)
3. The Astral Dialogue
4. Dark Matter Gods
5. Celestial Effigy
6. Cor Serpentis (The Sphere)
7. Vales Beyond Dimensions
8. Plateau Of The Ages
9. (Serpens Cauda)

Die Bloodchamber meint:

Wahrscheinlich hat jeder Leser dieser Zeilen schon einmal eine einsame Wanderung durch verschlungene Waldpfade an einem kalten Wintertag unternommen. Sonst würde man ja nicht auf ein AGALLOCH-Review klicken... Die Band aus Portland steht seit ihrer Gründung für einen nahezu unnachahmlichen Stil, der eben vor allem durch dieses eindringliche Gefühl der Naturverbundenheit einzigartig erscheint. Wer noch nicht zu den Klängen von „The Mantle“ oder „Ashes Against the Grain“ einen Sonnenaufgang erlebt hat, durch unheimliche Nebelschwaden spaziert ist oder einfach einen Nachmittag im Einklang mit der Natur verbracht hat, der hat durchaus etwas verpasst. Dazu kommt eine herrliche Melancholie, die den Hörer immer wieder in emotionale Achterbahnfahrten versetzt. Schubladisierungen sind hier fehl am Platz. AGALLOCH haben ihre Nische gefunden, irgendwo zwischen Black/Doom/Dark Metal und Folk/Post Rock. Und dennoch scheinen die Jungs zuletzt ein wenig von ihrer Faszination eingebüßt zu haben.

Auf der Suche nach individueller Entfaltung und musikalischer – nuancenhaft eingeleiteter – Andersorientierung, haben AGALLOCH zuletzt ein wenig an ihrem Sound gefeilt. „Marrow of the Spirit“ wirkte bereits verschachtelter, vielleicht sogar etwas düsterer und unzugänglicher als seine Vorgänger. Das Album brauchte Zeit, um sich erobern zu lassen. Bei mir wehrt es sich bis heute. Die nachfolgende EP „Faustian Echoes“ erscheint schon fast wie ein bandeigener Wunschtraum, der John Haughm und Co. vielleicht sogar mehr anspricht als den Hörer selbst. „The Serpent & The Sphere“ versucht nun ein wenig den Spagat zu schaffen: Den Versuch ein wenig „anders“ zu klingen, aber dennoch AGALLOCH zu bleiben; diese unvergleichliche Naturverbundenheit zu erzeugen, aber sich nicht darin zu verlieren oder gar zu wiederholen und schließlich Vielfalt zu schaffen und dennoch Geduld zu wahren. Ein schwieriges Projekt bei dem vor allem eins auf „The Serpent & The Sphere“ zu kurz gekommen ist: die Hits.

Der aufgezeigte Zwiespalt zeigt sich bereits im Opener „Birth and Death of the Pillars of Creation“. Das zehnminütige Stück kann sich nicht vollends entfalten. Für ein nettes Intro ist es gute sechs Minuten zu lange geraten. Eine geduldig inszenierte Hinführung an den Rest des Albums ist es allerdings auch nicht, da man zu oft zwischen unterschiedlichen Songelementen hin- und herspringt, gute Passagen nicht auskostet und die Höhepunkte nicht aufregend genug gestaltet. Dass darauf gleich das erste (von drei) Akkustikstück eingestreut wird, strahlt nicht unbedingt Innovation aus, wenngleich das von Gastmusiker Nathanaël Larochette eingespielte Gezupfe durchaus nett daherkommt. Zum Glück reißen AGALLOCH im Anschluss das Ruder kräftig herum. Da bieten sich natürlich ein tiefes Gitarrenriff und eine thrashige Double-Bass-Salve an. „The Astral Dialogue“ leitet den starken Mittelpart des Albums ein, der vor allem deswegen überzeugen kann, weil er ein Stück weit gradliniger und nachvollziehbarer aufgebaut ist und weil er vor allem die besseren Melodien bereit hält. „The Astral Dialogue“ kann nicht nur brettern, sondern verbindet die Wucht auch mit viel nachdenklicher Atmosphäre. Hier kann sich John Haughm mit seinem rauen Keifgesang auch endlich austoben. Insgesamt wird das Mikro allerdings auf dem Album recht selten bedient. Instrumentalstücke und viele Flüstereinlagen prägen das Bild. Cleane Passagen, wie man sie z.B. aus „Not unlike the Waves“ kennt, sucht man vergebens. „Dark Matter Gods“ hält die stärksten Momente des gesamten Albums bereit, spielt diese aber nie konsequent zu Ende. Ein toller Song, bei dem aber noch mehr möglich gewesen wäre. Danach verliert das Album leider wieder etwas an Spannung, bevor mit dem epischen „Plateau of the Ages“ ein beeindruckender Schlussakkord gesetzt wird. Das von Elegie und Bombast geprägte Finale erinnert in Phasen sogar an das überwältigende „Our Fortress is Burning“-Trio.

AGALLOCH können es also noch. Ob diese bezaubernden Lichtblicke den verwöhnten Hörern jedoch reichen, muss bezweifelt werden. Die Band hat die Messlatte selbst enorm hochgelegt und droht nun ein wenig daran zu verzweifeln. Negativ ausgedrückt: mit dem undurchsichtigen Opener, den drei Akkustikstücken, sowie einem etwas gesichtslosen „Celestial Effigy“ und dem durchschnittlichen „Vales Beyond Dimension“ sind einfach zu viele Füller an Bord. Positiv formuliert: AGALLOCH zeigen (in Phasen) in den anderen Songs ihre große Stärke. Sie sind unverkennbar, mitreißend, atemberaubend schön, stimmen nachdenklich, versetzten in atmosphärisch-melancholische Traumwelten und müssen einfach von Fans des Genres gehört werden. So bleibt „The Serpent & the Sphere“ womöglich genau der angesprochene Zwiespalt. Über ein Gesamturteil „gut“ kommt es bei mir jedenfalls nicht hinaus.
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