Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass die vielerorts gehypeden WHILE SHE SLEEPS bisher völlig an mir vorbeigegangen sind. Wahrscheinlich ist es eben dieser Hype gewesen, der mich hat zögern lassen, die Briten mal unter die Lupe zu nehmen, denn gerade bei vollmundigen Lobeshymnen von der Insel muss man ja erfahrungsgemäß vorsichtig sein. Mit ihrem nunmehr erschienenen zweiten Album „Brainwashed“ stellt das Quintett jedoch unter Beweis, dass es aus der grauen Modern Metal-Masse deutlich heraussticht.

Denn während viele Kollegen aus Übersee oder Skandinavien sich mit übertrieben klebrig zuckrigen Höhepunkten an den Mainstream anzubiedern versuchen, verfolgen WHILE SHE SLEEPS einen etwas anderen Ansatz. Höhepunkte liefern sie auf „Brainwashed“ zweifellos zuhauf, die gesanglichen entstehen jedoch vor allem durch den häufigen Einsatz von Background-Unterstützung – Klargesangspassagen gibt es zwar einige wenige, mit der gerade angeprangerten Cheesyness haben diese aber nichts zu tun. Vielmehr achtet Shouter Lawrence Taylor darauf, dass er seine Bande stets im Griff hat und diese ihn mit Crew Vocals unterstützt, wann immer er das für nötig hält. Dadurch punkten WHILE SHE SLEEPS insbesondere auf der ersten Hälfte des Albums mit einer Hymnenhaftigkeit, die viele andere Bands noch so poppiger Refrains zum Trotz nie erreichen.

Dass „Brainwashed“ trotz zwei oder drei Gewöhnungsanläufen ein hohes Maß an Zugänglichkeit entwickelt, liegt neben den zum Mitgrölen einladenden, eingängigen Gesangslinien vor allem auch an den stampfenden Midtempo-Riffs, die sich nachhaltig in die Gehörgänge einbrennen. Dynamische Tempowechsel gibt es aber ausreichend, nichtsdestotrotz ist es vor allem das wuchtig hämmernde Midtempo, bei dem WHILE SHE SLEEPS am schillerndsten glänzen. Komplettiert wird diese Zutatenliste für Hits durch die erfrischend melodischen Gitarrenleads und –soli, mit denen sich die Band auf erfreuliche Weise von der Konkurrenz abzuheben weiß. Nicht zuletzt deshalb gelingt es den Briten, in der ersten Albumhälfte vom Opener bis zum fantastischen Doppelschlag „Our Legacy“ und „Four Walls“ eine Granate nach der anderen aus dem Ärmel zu schütteln, wiewohl die instrumentalen Zwischenspiele wie „We Are Alive At Night“ eher vernachlässigbar, weil unspektakulär, sind.

In der zweiten Hälfte des Albums droht dem Quintett jedoch zwischenzeitlich ein wenig die kreative Puste auszugehen, was WHILE SHE SLEEPS auch mit SLIPKNOT-Wut im Bauch wie in „Trophies Of Violence“ nicht ganz ausbügeln können. Hinten raus gelingt ihnen jedoch mit dem etwas wüsteren „Method In Madness“ sowie dem bockstarken Rausschmeißer „Modern Minds“ ein versöhnlicher Abschluss eines dennoch um ein paar Minuten zu lang geratenen Albums, das mit etwas mehr Kompaktheit zu einem absoluten Pflichtkauf für Modern Metal-Fans hätte werden können. Doch auch so sollten Freunde von modernem Metal in der Schnittmenge aus Metalcore, New Metal und Post-Hardcore mit einem Faible für Bands wie neueren BRING ME THE HORIZON, älteren THRICE, den ARCHITECTS oder auch den bereits genannten SLIPKNOT hier mal ein Ohr riskieren, denn diese Briten können tatsächlich mal den Hype bestätigen, der um sie gemacht wird.

Das vorschnelle Abstrafen gehypeder Bands mittels Ignorieren werde ich mir zukünftig jedenfalls abgewöhnen, und mit dem WHILE SHE SLEEPS-Debüt „This Is The Six“ werde ich mich ebenso auseinandersetzen müssen. „Brainwashed“ macht nämlich Lust auf mehr. Gerade live dürften die neuen Songs mit ihren vielen mitsingbaren Passagen ordentlich zünden, weshalb es sich durchaus lohnen könnte, WHILE SHE SLEEPS auf ihrer gerade angelaufenen Tour mit den CANCER BATS mal einen Besuch abzustatten.