Strapping Young Lad - City

Strapping Young Lad - City
Progressive Metal
erschienen am 27.01.1997
dauert 39:24 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Velvet kevorkian
2. All hail the new flesh
3. Oh my fucking god
4. Detox
5. Home nucleonics
6. Aaa
7. Underneath the waves
8. Room 429
9. Spirituality

Die Bloodchamber meint:

Als Devin Townsend noch jung war, eine Band namens STRAPPING YOUNG LAD führte und sein dünnes Haar noch weniger geschmackssicher trug als heute, barg er eine unbändige Energie in sich, die in einem gewaltigen Urknall explodierte und dabei neun schwerkraftbefreite Universen entstehen lies. Zusammengefasst bilden sie den Genre-Meilenstein „City“. Angesichts der geballten, sprachlos machenden Wucht dieses Industrial Metal-Wunders verkommen die Begriffe „Metal“ und „extrem“ zu leeren Worthülsen. Dieses Soundinferno tut nichts anderes, als alles in Frage zu stellen, mit Konventionen zu brechen und neue Definitionen einzufordern.

Was soll das? Was höre ich da? Wer bin ich eigentlich? Über das Extreme hinaus gehende Brachialität, Grenzen überschreitende musikalische Gewalt, rasende Geschwindigkeit, überdrehte Effekte und großflächiger Bombast können durchaus dazu beitragen, die eigene musikalische Identität zu hinterfragen. Wer sich an seine erste Begegnung mit dem musikalischen Werk Devin Townsends erinnert, kann das vielleicht nachvollziehen. Das Brutalepos „City“ ist nicht nur der gewalttätigste Ausbruch des irren Kanadiers, sondern auch der, sieht man mal vom noch nicht so ausgereiften Debüt „Heavy As A Really Heavy Thing“ ab, mit dem er einen ersten wirklich nachhaltigen Fußabtritt hinterließ.

Gleich nach dem Intro wird man von einem ICE überfahren. „All Hail The New Flesh“ schreit Townsend über die instrumentalen Exzesse, bremst aber rechtzeitig vor der Apokalypse, um mit feinen Melodien einen treffenden Konterpart zu setzen. Beim zweiten Song denkt man nur noch: „Oh My Fucking God“! Schneller und wahnwitziger war keine Band davor und danach. „Detox“ bricht seinen erbarmungslosen Rhythmus nur, um Platz für einen noch gemeineren zu machen. „Home Nucleonics“ richtet dann mit einem süffisanten Lächeln ein akustisches Massaker an. „AAA“ lädt nur scheinbar zur Atempause, bevor das gewaltige „Underneath The Waves“ alle Nervenzellen in höchste Alarmbereitschaft. „Room 429“ führt nur vorrübergehend aus dem SYL-Paralleluniversum zurück in die Realität, während „Spirituality“ in schleppender Manier noch einmal richtig ins Mark fährt.

Das wirklich Grandiose an diesem Album ist aber nicht ausschließlich seine Härte und Experimentierfreudigkeit, nicht nur seine instrumentale Präzision und die atemberaubende Atmosphäre, sondern die Leichtigkeit, mit der das alles passiert. „City“ ist trotz aller Extreme vor allem extrem hörbar und prächtig unterhaltsam. Großmeister Townsend platziert neben pure Raserei, die von Ausnahmedrummertier Gene Hoglan eindrucksvoll und präzise in Szene gesetzt wird, zwingendes Melodiegut, das dem Sog des infernalischen Gebretters nur noch größere Macht verleiht. Noch besser: Hier wird zu keiner Sekunde bierernst musiziert. Alles geschieht mit einem Augenzwinkern und einer guten Portion Humor.

Auch nach 15 Jahren hat „City“ nichts von seiner Durchschlagskraft und mitreißenden Energie eingebüßt. Es zeigt nur in beeindruckender Weise, wie selten ein derartiger Urknall in der extremen Musik geschieht.
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