Pharao - Anthology 1986-2006

Pharao - Anthology 1986-2006
Heavy Metal
erschienen am 23.03.2007 bei Armageddon Music
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Liar
2. Seven seas
3. Every night & day
4. Lovers for a night
5. Touch of time
6. Winds of fate
7. When it's over
8. Over and over
9. Face to face
10. Forever
11. Pain & pleasure
12. Fahrenheit 451
13. Demon gambler
14. Face to face
15. Guardian angel
16. Night skies
17. Touch of time
18. Winds of fate
19. Bad boys of Rock 'n' Roll
20. Cry of crusader
21. Fire of the night
22. Say "Hi" to metal maniac
23. When the night begins
24. Pain and pleasure
25. Bastard
26. Soldier of fortune
27. Tyrant of the airbase
28. The book of Ibon
29. Metal baby
30. Geboren im Fever
31. Das Fever der Liebe
32. Reich der Finsternis

Die Bloodchamber meint:

Alte DDR-Metal-Helden haben schon was Lustiges. Man denke nur mal an die - im Westen zumindest - bekanntesten Vertreter FORMEL 1. Ich bepiß mich noch heute vor Lachen, wenn ich an die Liveaufnahme des MAIDEN COVERS „Rön Dü De Hülls“ denke. Einfach wunderbar!!!

Mit einer Anthology beehrt uns jetzt also eine weitere wichtige Band des Ost-Rocks. PHARAO? Nie gehört. Und nach dem Hören der 2. Disc des Doppeldeckers hab ich eigentlich auch keine Lust darauf, diese Tatsache zu ändern. Aber der Reihe nach und mit dem ersten Teller angefangen…

…der den besten Beweis erbringt, daß früher doch nicht alles besser war. Natürlich ist jetzt mein Weltbild zusammengekracht, aber hier stimmt es wirklich. Das neue Zeug (also das von 99 – 2006) ist über weite Strecken recht gefällig und bietet eine Schnittmenge aus hardrockigem Material und reinstem Power Metal. Aber je weiter man in die Vergangenheit zurückgeht, desto „komischer“ wird das Material stellenweise. Wobei hier beim Jahr 1993 die Grenze zu ziehen ist. Hauptmerkmal dieses Umstandes ist alleine schon der Gesang, der heute um einiges mehr Druck und Volumen hat als zu Zeiten der mittleren Phase, in denen Sänger Jacky Lee Man (lustiges Pseudonym) scheinbar immer seinem Idol Michael Kiske hinterher gelaufen ist. Doch leider war das große Idol wohl immer schneller! Mit verbessertem Gesang hätte man beispielsweise aus dem ansonsten wirklich tollen „Fahrenheit 451“ wirklich einen Hit zaubern können. Nimmt man aber die 2006er Songs „Liar“, „Seven Seas“ und „Every Night And Day“ als Maßstab, kann man erwarten, daß etwaige folgende Veröffentlichungen gut rein hauen werden. Man ist gespannt.

Und jetzt kommen wir zur Frühphase, die die Jahre 1985 bis 89 abdeckt. Und die nervt schon gleich bei den ersten beiden Tracks „Bad Boys Of Rock´n Roll“ und vor allem „Cry Of The Crusader“. Besonders die Refrains lassen einen schaudern. Beim folgenden „Fire Of The Night“ hat man wohl sein Faible für KING DIAMOND entdeckt. Zumindest lässt der Gesang diese Vermutung zu. Natürlich klingt das hier eher wie das Krähen eines Babies, dem man sein Quietscheentchen aus der Badewanne geklaut hat. Kurz gesagt: die ersten 4 Songs sind wirklich derart grauenhaft, daß ich mich frage, wieso dieser Mist wiederveröffentlicht werden musste. Zumindest legen sich meine Zehennägel beim balladesken Instrumental „When The Night Begins“ wieder ein wenig ins zugehörige Bett. Zeit zum erneuten Aufstehen wird bestimmt noch genug sein. Aber – ein Glück – „Pain And Pleasure entpuppt sich zumindest als recht gefälliges Liedchen, mit dem jeder Fan von HELLOWEEN und EDGUY halbwegs glücklich werden könnte. Leider steht der Song sehr allein auf weiter Flur, denn der Rest zeigt ohne Gnade, wozu die Stop-Taste erfunden wurde. Und ich rate jedem, diese zu drücken, bevor der Laser seinen Strahl auf die Balade „Das Feuer Der Liebe“ senkt. Schrecklicher geht’s einfach nicht!

Die Bloodchamber meint außerdem:

Ach, was waren das doch Zeiten. Jugendradio DT64 „Tendenz Hard Bis Heavy“. Den Finger stets am Aufnahmeknopf und ja nichts verpassen. Neben den internationalen Szenegrößen, hatte man dort aber auch geachtet, dass die Zonenbands nicht zu kurz kamen. Und da gab es wahrhaftig gute Bands. Ich erinnere mich da gerne an die Jungs von MCB, BIEST, HARDHOLZ, COBRA, FORMEL 1, ROCHUS oder auch PHARAO, deren Doppel-CD mir hier gerade vorliegt.

„Anthology 2006-1986“ gibt einen umfassenden Überblick über das gesamte Schaffen der Berliner Metalband. Während auf dem einen Silberling Songs enthalten sind, die hinter dem antifaschistischen Schutzwall entstanden, sind auf der anderen Scheibe die Songs, die nach der Wende geschrieben wurden. Darunter auch drei neue Stücke. Achtzehn Titel mit einer Laufzeit von über 73 Minuten bieten PHARAO dem Hörer an. Und das Angebot sollte man ruhig annehmen. Melodien, die sich im Kopf festsetzen („Seven Seas“, „Liar“), tolle Balladen („Every Night & Day“, „Wind Of Fate“) und vor allem die Vocals von Jacky Lee, die sich sehr zum Vorteil entwickelt haben. Vom puren Heavy Metal haben sich PHARAO weitestgehend verabschiedet. Eher klingen sie manchmal wie MR. BIG und Co., und das meine ich nicht abwertend. Im Gegenteil; PHARAO’s Musik ist facettenreich, klug arrangiert und mitreißend. Und das kommt von mir, wo ich doch eher auf Gegrunze und Blastbeats stehe. Ja, PHARAO können auch heute noch überzeugen und stellen mit den neueren Songs klar, dass sie nicht umsonst zur DDR-Metal-Elite gehörten. Die zweite CD ist dann auch ein Stück (N)Ostalgie. „Bad Boys Of Rock’n Roll“ macht den Anfang und das in bester Heavy Metal Manier. Ein Uptempo-Stück mit coolem Refrain. Genau, wie das folgende „Cry Of Crusader“. Überhaupt ist diese Scheibe ein feiner Querschnitt und weckt so manche Erinnerungen. Besonders bei den Live-Mitschnitten von „Metal Baby“ und „Geboren im Feuer“. Und überhaupt…, wenn man die früheren Songs, mit den neueren vergleicht, dann wird man feststellen, wie nervig doch früher die Stimme von Jacky Lee war und wie er sich gemausert hat. Schiefe Töne aus seinem Munde en masse (zumindest bei den Livesongs). Aber mal davon abgesehen; man kann die Klasse PHARAO’s in allen 32 (!!) Liedern erkennen. Diese Doppel-CD ist nicht nur was für Ex-DDR-Metaller und Heavy Metal-Puristen, sondern vor allem für Fans, die auf melodiöse Gitarren und geile Arrangements stehen. So, und ich warte jetzt auf die Scheiben von MCB, BIEST, ROCHUS, HARDHOLZ, DEFCON und ROSA ROCK!
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