Blut Aus Nord - Odinist: The Destruction Of Reason By Illumination

Blut Aus Nord - Odinist: The Destruction Of Reason By Illumination
Black Metal / Ambient
erschienen am 19.10.2007 bei Candlelight Records
dauert 37:09 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Intro
2. An Element of Flesh
3. The Sounds of the Universe
4. Odinist
5. A Few Shreds of Thoughts
6. Mystic Absolu
7. Ellipsis
8. The Cycle of the Cycles
9. Outro

Die Bloodchamber meint:

Franzosen haben ein mir ambivalent schmeckendes Kunstverständnis.

Warum die französischen Pornos auf Arte mit der grotesken Sinnfreiheit des Tuns, der verstörenden Rahmenhandlung mit noch verstörenderen Dialogen und Akteuren, welche entgegen konventionellen Moralitäten handeln, revolutionäre Kunstfilme sein sollen, mag mir nur teilweise einleuchten. Ähnlich geht es mir mit dem Album "Odinist", welches mir schon vor und nach dem Release als besonders individuell und intellektuell empfohlen wurde, von Leuten, die letztere Ausdrücke mit gnadenloser Leidenschaft mit mehr Rechtschreibfehlern als Buchstaben, in ihr optisch grausiges, satanisches Myspace-log, zu schreiben belieben. Die fahrlässige Selbstverletzung diesen K.O.-Schlag mit dem Zaunpfahl zu ignorieren, wird im Normalfall nur von den Schmerzen übertroffen, die man erleidet wenn man den Musikempfehlungen dieser Leute tatsächlich nachgeht.

Ohne mir selbst ein Urteil von "MoRT", dem Vorgänger des vorliegenden Albums gebildet zu haben, entnehme ich nur der Rezension meines Kollegen, dass diese Scheibe wohl als Rache für den Stellungskrieg in Verdun interpretiert werden kann. Dieser scheinbar üble Senfgasgeschmack bleibt auch hier konsequent erhalten, sodass einem manche Tracks wie ein fieser Klumpen alten Baguettes im Hals stecken bleiben.

Kurzum, das gesamte Album basiert auf ewig gegeneinander laufenden, omnipräsenten Dissonanzen, die das Gehör, den Geist und besonders meine Geduld erschöpfen. Am deutlichsten könnte man es mit einem Gegenbeispiel beschreiben: BORKNAGAR oder ENSLAVED - In der vielfältigen Musik dieser beiden Bands sind oft Dissonanzen Mittel der Kontrastierung zu den darauffolgenden harmonischen Synthesen, bis man sogar nach einigem Hören in der Lage ist, Harmonie in eben diesen Dissonanzen wahrzunehmen. Doch diese erholsamen, neutralisierenden und einweisenden Harmonien fehlen hier gänzlich.

So strebt die Musik gleich einer auf Krawall gebürsteten Potenzfunktion gegen ohrenbetäubende, übersteuerte, verzerrte Überladenheit und Disharmonie. Lustigerweise ist das einzige, was so eine dissonante Musik noch unerträglicher machen kann, diese andauernd an und abschwellen zu lassen - und genau das zelebrieren Tracks wie "An Element of Flesh","The Sounds of the Universe", "The Cycle of Cycles" so perfekt, dass ich am liebsten in Absinth ertrinken würde und mir zehn Ohren abschneiden könnte. Abwechslung sieht so aus, dass wenn man keinen besonderen Hörsturz erlebt, alles andere gleich langweilig anfängt und aufhört.

Nun gibt es bei dem ganzen einen Haken: Das was fast die schlimmste Depression und Frustration auslöst, ist, dass zwischen all diesem Gedöns, teilweise die abgefahrensten, abgrundtief hypnotischen Melodien, Riffs der ganz großen Klasse, eine funktionierende Drummachine und wahnsinnig stimmige Vocals zu finden sind. Ich würde mit Überzeugung unterschreiben, dass sich in der Band BLUT AUS NORD, sehr talentierte, bis exzeptionelle Musiker gefunden haben - für meinen Geschmack sind diese aber zu sehr damit beschäftigt ihr selbstgefundenes und -tituliertes "Supreme Abstract" auszuleben.

"Odinist" ist wie ein Brei, zwar gekocht aus hervorragenden und hochwertigen Zutaten, aber durch zuviele Köche, zuviele Ideen, zuviel Abstraktheit, zuviel "Uh, das klingt abgefahren und klasse - Nein moment, es muss noch seltsamer und abstrakter klingen -Yep, jetzt klingts scheiße" so mies und grauenhaft angerichtet, dass ich beizeiten fast schon geneigt bin, den im Winter kursierenden Brech-Durchfall-Virus mit diversen Songs dieser Scheibe in Verbindung zu bringen.

Ich kann mir vorstellen, dass dieser durchaus vorhandene, virtuose, abstrakte Touch und die offen ausgesprochene Ankündigung, Kreativität und Individualismus zu feiern, Menschen dazu bringt in diesem Album mehr zu sehen als es in Wirklichkeit gibt. Ja - es gibt Hammersongs, die ich sogar uneingeschränkt hören könnte, wie z.B den Titelsong "Odinist" - man kann dem Album also etwas abgewinnen. Aber das macht den oft grauenhaften Rest nicht besser.

Ziel verfehlt, au revoir.
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