Zungenbrecher, Meinungsverschiedenheiten und schlechtes Englisch


Interview mit Thyrfing
Folk Viking Metal aus Schweden
Viele Plattenfirmen werfen in ihren Bandbeschreibungen nur so mit Superlativen um sich, aber im Falle von THYRFING muss man der Promotion einfach zustimmen, dass es sich dabei um eine „very unique band“ handelt, die im Laufe der Jahre einen ziemlich eigenständigen Stil entwickelt hat. Nach 4 Jahren Pause gibt es nun in Form von „Farsotstider“ ein langerwartetes Wiedersehen mit den gern im Dreck spielenden Schweden. Eine gute Gelegenheit, dem Mann mit drei Ä, Thomas Väänänen, seines Zeichens Sänger von Thyrfing, mit ein paar Fragen zu belästigen:

Hallo Thomas! “Vansinnesvisor” könnte man wohl als das bis dato erfolgreichste Album eurer Band ansehen. Sei es, weil ihr entweder doch recht auffällige Veränderungen an eurem Sound vorgenommen habt oder weil eure Zeit einfach gekommen war. Warum mussten wir so lange auf einen Nachfolger warten? Hattet ihr nicht ein wenig Druck vom Label, weil man ja das Eisen schmieden soll, solange es noch heiß ist?


Zunächst muss ich dich enttäuschen, „Vansinnesvisor“ ist nicht unser erfolgreichstes Album. Das am meisten verkaufte Album ist entweder „Vadr Galga“ oder „Urkraft“. Und ich würde auch nicht sagen, dass wir unseren Stil mit „Vansinnesvisor“ drastisch verändert haben. Es gibt zwar von Album zu Album sehr große Unterschiede, aber ich sehe das als natürliche Entwicklung und nicht als Stilwechsel. Wir werden niemals Iron Maiden oder Running Wild sein. Aber wir werden auch niemals eine Band werden, die den neuesten Trends nacheifert, falls du verstehst, was ich meine.
Was das Label betrifft, da habe ich keine Ahnung, ob sie etwas von uns wollten, aber im Grunde kümmert das doch auch niemanden, oder?

Die Texte auf “Farsotstider” sind dieses Mal komplett in schwedisch gehalten. Zufall oder Absicht?

Definitiv Absicht. Während vergangener Aufnahme-Sessions haben wir festgestellt, dass ich im Studio mit schwedischen Songs viel besser klar komme. Auch wenn meine schwedischen Lyrics nicht wirklich Meisterwerke sind, so sind sie immer noch weitaus besser als meine englischen.

Höchstwahrscheinlich dürfte kaum einer unserer Leser auch nur ein einziges Wort eurer Songs verstehen. Könntest du uns sagen, worum es in ihnen geht?

Wenn jemand eine konkrete Frage über einen speziellen Song hat, dann werde ich mich um eine zufriedenstellende Antwort bemühen, aber ich werde jetzt nicht jedes einzelne Lied auseinander pflücken. Zusammenfassend könnte man es so ausdrücken, dass sich eine dichte Atmosphäre aus Verzweiflung, Hass, Bösartigkeit und Tod über das ganze Album erstreckt. Gleichzeitig durchzieht unsere Songs aber auch stets ein Gefühl von Stärke und Unsterblichkeit.

Um bei den Vocals zu bleiben: Sie scheinen ja in einem typischen Thyrfing-Song eine wichtige Rolle zu spielen. Die schwedische Sprache und vor allem deine raue Aussprache schaffen eine sehr intensive Atmosphäre, zumindest für alle Nicht-Skandinavier. Wie sieht das aber bei deinen Landsleuten aus? Hat es auf sie den selben Effekt, auch wenn dieser „exotische“ Touch für sie nicht existiert?

Eigentlich kann ich nicht wirklich beurteilen, was andere Schweden davon halten, dass ich auf schwedisch singe. Ich zumindest mag es sehr, wenn Bands in ihrer Landessprache singen, aber andererseits möchte man die Texte auch gerne verstehen und mitsingen können.

Die meisten eurer Songs sind in einem bangfähigen Midtempo gehalten. Als ihr neue Stücke geschrieben habt, hattet ihr da nie das Gefühl, all eure gesammelten Aggressionen in einen schnellen und bösen Song zu packen?

Ja, das hatten wir, und das Ergebnis heißt “Far åt Helvete”. Zusammen mit „Vansinnesvisan“ ist das der bis dato aggressivste Thyrfing-Song, auch wenn keiner von beiden als wirklich schnell zu bezeichnen ist.

Das neue Album scheint sich stilistisch nicht sehr von seinem Vorgänger zu unterscheiden, aber ich könnte schon eine etwas folkigere Ausrichtung feststellen. War dies eine Art Rückbesinnung auf die älteren Scheiben? Habt ihr je daran gedacht, wieder mehr den klaren Gesang von Toni Kocmut einzusetzen?

Nein, das hat definitiv nichts mit „Back To The Roots“ oder so zu tun. Und ehrlich gesagt verstehe ich es auch nicht, was die Leute damit immer meinen. Für mich ist „Vansinnesvisor“ das bisher folkigste Album. Es hat eine weitaus authentischere Ausstrahlung als all die direkten und einprägsamen Melodien auf „Vadr Galga“ und „Urkraft“. Und der Anteil von Toni’s cleane Vocals ist auf den letzten drei Alben auch gleich geblieben.

Eure ersten Releases kamen alle über Hammerheart. Nun habt ihr aber erstmals einen Deal mit Regain an Land gezogen. Was erwartet ihr von dem neuen Label?

Wir erwarten, dass sie ihren Job gut machen, was sonst?

Auf Fotos oder auf der Bühne gebt ihr euch ja gern als sehr naturverbundene Menschen aus. Hat diese Verbundenheit auch Einfluss auf eurer Privatleben? Lebt ihr immer noch in Wohnungen oder schon in einer Höhle im Wald?

Ich weiß jetzt nicht, ob wir bei unseren Live-Shows jemals sehr naturverbunden aussahen, hehe. Aber du hast schon Recht, die Natur hat schon einen starken Einfluss auf Thyrfing. Wir leben aber alle in Wohnungen. Ich denke, jedes Zeitalter hat für dieses Problem seine eigene Lösung. Und wild in den Wäldern zu hausen, ist für 2005 nicht wirklich die optimalste.

Nachdem eure neue Scheibe nun in den Läden steht, was sind da eure nächsten Ziele? Werdet ihr nächstes Jahr eine Promotion-Tour unternehmen? DVDs sind ja momentan auch sehr im Trend. Oder müssen wir gar wieder 4 Jahre auf ein nächstes Lebenszeichen warten?

Wir lassen die Dinge einfach auf uns zukommen. Eine Show mit unseren Brüdern von Primordial und Moonsorrow in den USA ist momentan als einziges in Planung. Der Rest wird sich irgendwie ergeben.

Zuletzt noch ein paar nicht ganz so ernstgemeinte Fragen:
Wenn du einen aussuchen müsstest, welchen aktuellen Pop-Song würdest du gern covern?


Keinen, obwohl ich auch kein Problem mit Pop-Musik im Allgemeinen haben. Jeder in der Band hat einen sehr breitgefächerten Musikgeschmack.

Was würdest du machen, wenn du (eventuell durch einen Unfall) plötzlich taub werden würdest?

Ich denke mal, dass ich lernen müsste, damit umzugehen, da Selbstmord für mich keine Option wäre. Aber ich kann mir nur wenige schlimmere Dinge vorstellen.

In der Öffentlichkeit sieht man uns Metal-Fans ja gern als eine Horde böser, unrasierter und alkoholkonsumierender Asozialer. Könntest du uns vielleicht ein Ereignis nennen, welches das Gegenteil beweist?

Hmm, tja...ich habe diese Woche noch nichts getrunken.

Dann lassen wir das mal so als Schlusswort stehen. Vielen Dank für das Interview!
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