Wenn der Postmann zweimal knüppelt


Interview mit Darkthrone
Black Heavy Metal / Punk aus Norwegen - Kolbotn
Manchmal ist es schon ein Kreuz, das Internet als Plattform für ein Interview zu nutzen. Ganz besonders ärgerlich kann dieses Unterfangen sein, wenn der Interview-Partner auf den Namen Fenriz hört. Sehr viel war dem guten Mann per Mail nicht zu entlocken, weshalb ein Face-To-Face-Interview wahrscheinlich aufschlussreicher gewesen wäre, schon aufgrund der Tatsache, dass man auch das eine oder andere Mal nachhaken kann. Da eine Reise nach Oslo aber das Portemonnaie des BC-Mitarbeiters sprengen würde, müssen wir uns leider mit den paar wenigen Worten des Darkthrone-Drummers (und einigen wenigen verwirrenden Statements) zufrieden geben.

Hallo Fenriz, wie geht´s dir? Wie ist das Wetter bei euch in Norwegen?


Hier schneit´s wie Hölle. Ich brauche nun schon seit Monaten Sicherheitsski für meine Langlauftouren um die Wälder Oslos. Bisher habe ich bereits 28 Trips hinter mir.

Ihr seit gerade mit einem neuen Album beschäftigt. Was kannst du darüber erzählen? Und wieso habt ihr vorher eine Single veröffentlicht?

Mit der Single hat es eigentlich nichts Besonderes auf sich. Singles werden immer auf den Markt geworfen und es war auch nicht meine Idee, eine solche zu veröffentlichen. Vielleicht wollten Peaceville einfach unsere Heimkehr zu ihrem Label feiern. Das neue Album wird einen eigenen Stil aufweisen, es wird true, hart, roh und crusty.

Die Single trägt den schönen Namen “Too Old Too Cold”. Provokant gefragt: Wollt ihr mit diesem Titel ausdrücken, dass ihr bereits zu alt seid, um „true norwegian Black Metal“ zu spielen?

Wir sind zu alt, um uns mit dem ganzen schwachen „Black Metal mit Plastiksound“ herumzuschlagen, wie er seit etwa 94 modern ist. Wir haben unser erstes Album zwar in den Neunzigern veröffentlicht, würden uns aber nicht als 90er-Band bezeichnen. Uns hat immer das Zeug aus den Achzigern und sogar aus den Siebzigern inspiriert.

Wie bereits erwähnt, wird eure nächste Studioscheibe “The Cult Is Alive” direkt im Anschluß an die Single auf den Markt kommen. Wann habt ihr angefangen, an neuen Songs zu arbeiten. Wo habt ihr das Album aufgenommen und wer saß hinter den Reglern?

Ted (Skjellum aka Nocturno Culto, d. Verf.) hat Anfang 2005 das Studio gebucht und zu der Zeit haben wir auch mit dem Schreiben des neuen Materials begonnen. Aufgenommen wurde das Zeug übers Jahr verteilt in unserem geheimen Proberaum/Studio in den weiten Wäldern am Rand von Trysil. Also auf die gleiche Art, wie wir das immer machen: fleißig spielen und die großartigen Vibes einfangen. Produziert haben das Album Ted und zum Teil ich.

Der Kult lebt: Ist Norwegen eigentlich noch immer die erste Adresse in Sachen Black Metal? Hat sich – verglichen mit den alten Tagen – etwas geändert oder besteht noch immer der gleiche Zusammenhalt wie in den frühen Neunzigern (Inner Circle etc.)?

Ich denke, dass sich bereits 1993 alles geändert hat. Was mich betrifft, ich fühle mich eh in den 80ern zuhause.

Wo wir gerade von den alten Tagen sprechen: Als ihr mit Darkthrone angefangen habt, kam es gerade zur Blütezeit der Death Metal-Szene. Wie kam es dazu, die Band zu gründen und welche Einflüsse waren maßgeblich verantwortlich?

1986 war ein solch starkes Jahr in Sachen Metal, dass ich einfach anfangen musste, Metal zu spielen., was anfangs mehr schlecht als recht geklappt hatte, da wir uns alles selber beibringen mussten. Unsere Einflüsse waren wohl Sachen wie Cryptic Slaughter, Celtic Frost, Metallica, Slayer und Dark Angel, und dann entdeckten wir unsere Vorliebe für u.a. Death, Autopsy, Carcass, Napalm Death, Nocturnus und Nihilist. So um 89 rum wurde die ganze Death Metal-Szene jedoch irgendwie seelenlos und man konzentrierte sich zwischen 89 und 91 lieber wieder auf älteren Black/Thrash Metal. Also haben wir einfach unseren technischen Death Metal über Bord geworfen und und das gemacht, an dem unser Herz hing: Old School Black Metal.

Nach eurem Killer-Debüt “Soulside Journey” habt ihr das Meisterwerk “A Blaze In The Northern Sky” erschaffen, das in der Metal-Szene wie eine Bombe einschlug. Was war (und ist) an Black Metal so besonders deiner Meinung nach?

Das Album ist eigentlich eine Mischung aus Black, Thrash, Death und Doom, aber manche Leute sind einfach dumm. Sie hören die schlechte Produktion, schauen sich das Cover an und sagen: „Oh, das ist reiner Black Metal!“ (Anm. d. Verf.: Entweder erinnert sich Meister Fenriz nicht mehr so ganz an diese Zeit oder ich habe den Sinn einfach nicht ganz richtig verstanden!)

Neben Darkthrone machst du auch bei einigen anderen Bands mit, wie beispielsweise Storm. Soll das „Nordavind“-Album das einzige Album darstellen, oder können wir in der Hinsicht noch etwas erwarten?

Nein, ein Album reicht!

Du bist dafür bekannt, keine Bühne zu betreten, im Gegensatz zu Nocturno Culto. Was ist Was ist der Grund für deine Bühnen-Phobie? Es gibt gewiß eine Menge Leute, die sich über eine Darkthrone-Show freuen würden.

Ich habe nicht angefangen, Metal zu spielen, um den Leuten das zu geben, das sie von mir haben wollen. Ich kann dir bestimmt 25 Gründe aufzählen, weshalb ich nicht live auftrete. Beispielsweise hasse ich es, herum zu reisen und die ganze Zeit wartend herumzusitzen. Ich mag es lieber, eine Platte zu hören, als wie ein Schaf einem Prediger zuzuschauen.

Vor 2 Jahren hat Nocturno zusammen mit Satyricon die Wacken-Bühne in Schutt und Asche gelegt (wo auch Darkthrone-Songs zum besten gegeben wurden).. Hast du dir die Show angesehen?

Nein, ich war nicht dort.

Kommen wir zurück zum neuen Album. Ein Titel wie „Atomic Coming“ ist in heutiger Zeit gar nicht so abwegig, wenn man sich die atomare Krise im Iran und in Nordkorea zu Gemüte führt. Um was geht es in dem Song genau und wie siehst du die nukleare Gefahr?

Ich bin für Atomkraft. Öl ist scheiße! (Anm. d. Verf.: Hä???)

Denkst du, daß sich diese Probleme ohne militärische Sanktionen lösen lassen? Oder denkst du auch, dass Bush mal wieder Krieg spielen will?

Ich denke, Bush wird Badminton spielen. Aber nicht in den Slums, in denen ich wohne.

Da Politik wohl nicht gerade Fenriz´s Lieblingsthema zu sein scheint, kommen wir zu anderen Themen: Du spielst mit Darkthrone, dein Name erscheint auf Veröffentlichungen anderer Bands, du gehst einem regulären Job nach (der berühmteste Briefträger der Metal-Szene) und bist DJ im Elm Street. Nebenbei sollst du Gerüchten zufolge auch in einem Club House-Music auflegen. Bist du ein Workaholic, der immer was zu tun haben muß, oder hast du auch noch so etwas wie Freizeit? Welchen Hobbies gehst du neben der Musik nach?

Ich liebe es, im Wald unterwegs zu sein, was den größten Teil meiner Freizeit ausmacht. Ich plane auch gerne Ausflüge etc. Was das Auflegen angeht: ich spiele alle Arten von Musik, an jedem Ort eine andere Musik, was halt gerade passt. Ich mag viele unterschiedliche Stilrichtungen.

Magst du eigentlich die heutige Black Metal Szene? Welche neue Band wäre es wert, empfohlen zu werden? Und welche Art von Musik hörst du sonst?

Ich mag eigentlich überhaupt keine „Szene“. Ich habe mir meine eigene Szene erschaffen, mit einem Netzwerk von Leuten, die Metal verstehen, ebenso wie andere Musik. Was neue BM-Bands angeht, gibt es einige coole wie Vomitor, Orcustus, Whip und Lobotomized, die ich empfehlen würde. Die beiden letztgenannten sind recht wilde Bands, die eigentlich nicht in ein bestimmtes Genre passen.

In Deutschland wächst eine immer größere Nazi-Black Metal-Szene heran. Existiert ein solches Problem auch in Norwegen? In den Frühzeiten habt ja auch ihr mit einem Spruch wie „Norsk Arisk Black Metal“ provoziert. Seit dem sind jedoch 13 Jahre vergangen. Wie denkst du heute über eure Jugendsünde und die oben beschriebenen Auswüchse? Könnte Black Metal in Zukunft ein Instrumentarium neo-nationalsozialistischer Organsitationen werden?

Darüber weiß ich eigenlich recht wenig. Wie gesagt, ich kümmere mich um meine eigenen Dinge und finde, dass das auch alle anderen so machen sollten.

Wo wir gerade von Nazi-Individuen reden: Burzum´s Varg Vikernes wird wohl irgendwann in der nächsten Zeit aus der Haft entlassen. In den Neunzigern hätten ihn einige Leute gerne tot gesehen für das, was er mit Euronymus von Mayhem gemacht hat. Bist du auch der Meinung, es wäre besser für ihn, nach der Entlassung das Land zu verlassen, oder hat sich der Hass auf ihn in den letzten Jahren gelegt?

Die, die ihn tot sehen wollen, waren zum Zeitpunkt der Tat gar nicht hier. Für uns war das alles real. Von mir aus sollen die Kids darüber diskutieren, die haben eh keine Ahnung, was zu der Zeit hier los war.

Knapp 11 Jahre nach dem Tod von Euronymus starb ein weiterer Gottvater – bzw. der Gottvater schlechthin – des Black Metals. Wie war deine erste Reaktion, als du von Quorthon´s Tod gehört hast?

Ich hab mich irgendwie alleine gefühlt, denn er verstand als einer der einzigen die Philosophie der Bühnenabstinenz. R.I.P. and hail the mighty one!!!

Bevor wir zum Ende kommen, laß uns kurz über ein fröhlicheres Thema reden: Celtic Frost sind wieder da! Was erwartest du von ihrem kommenden Album, und wirst du dir im Sommer eine Live-Show der Schweizer ansehen?

Da ich gesehen habe, was andere Bands, die sich reformiert haben, auf die Reihe bekommen haben, erwarte ich erstmal absolut überhaupt nichts. Da bevorzuge ich eher Bands, die immer hier waren wie Morbid Angel, Bolt Thrower, Immolation oder Sadistic Intent etc.

Nun gut, ich danke dir für das Interview und wünsche dir weiterhin alles Gute. Wenn du magst, kannst du noch einige letzte Worte an unsere Leser richten!

Support Orcustus!!!
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