"Die Vollkommenheit ist die ewige Schwärze"


Interview mit Secrets Of The Moon
Black Metal aus Deutschland - Osnabrück
Das neue Werk „Antithesis“ wartet nicht nur mit einem prägnanten Titel und ebensolcher Gestaltung auf, sondern verhält sich auch musikalisch ambivalent dazu. Wo SECRETS OF THE MOON selbst ihr Album sehen und welche Hintergründe die neue Scheibe hat, erläutert Kompositor, Texter, Gitarrist und Sänger „sG“.

Hallo, euer bald erscheinendes neues Werk „Antithesis“, das es mir im Übrigen sehr angetan hat, fällt zuallerst durch die charakteristische Gestaltung auf. Das prägnante Logo, welches zentral und fokussierend auf dem Cover prangt, erweckt den Eindruck eines dunklen Zentrums. Lässt sich dies auch auf eure Musik und den Titel übertragen?


Das dunkle Zentrum von dem Du sprichst steht für Vollendung. Das Nonagramm als das vorherrschende Symbol der Vollkommenheit, das Mandala im Hintergrund als ein für sich geschlossener Zyklus. Wir sehen den Tod wie er auf dem Album dargestellt wird, als Vollendung. Der lyrische Teil des Albums beschäftigt sich ausschließlich mit dem Ab- und Nachleben.

Wofür steht der Titel für euch? Zu was bildet das Album eine Antithese?

Der Titel des Albums hat für uns zwei Bedeutungen. Zum Einen ist das Album eine musikalische Antithese, weil es in keinen musikalischen Rahmen passt und aus dagewesenem ausbricht. Zum Anderen ist die lyrische Seite eine Antithese zum religiösen Tode und stellt ein Nachleben in Frage.

Was bedeutet die Musik für euch? Man kann hören, dass ihr sehr viele Emotionen und Energien in „Antithesis“ gesteckt habt.

Das Album besitzt derzeit einen sehr hohen Stellenwert in unserem Leben. Alles dreht sich momentan ausschließlich um "Antithesis". Wir haben noch nie so hart und intensiv gearbeitet, darum sind wir zum jetzigen Zeitpunkt sehr stolz auf das Vollbrachte. Was "Antithesis" wirklich ist kann ich zum jetzigen Augenblick nicht einschätzen. Jedes unserer Alben hat uns zu Höherem inspiriert. Ich hoffe, dass es dieses Mal wieder so sein wird.

Welche Intentionen verfolgt ihr, wenn ihr Musik macht. Wollt ihr teilweise auch eine Botschaft übermitteln, oder geht es euch allein um den dunklen und magischen Charakter dieser Klänge?

Wir werden oft gefragt ob wir eine Botschaft vermitteln wollen. Das kann ich verneinen, denn es geht uns einzig und allein darum, musikalisch zu überzeugen. Das ist für uns nach außen hin der wichtigste Aspekt. Die lyrische Seite ist eine persönliche. Ich möchte mit ihnen keine Botschaft vermitteln und freue mich über jegliche Form von Eigeninterpretation, die an mich herangetragen wird. Das hat für mich sehr viel Wert.

Ich finde, „Antithesis“ weist teils einen rebellischen, teils aber auch einen verzweifelten Charakter und Chaos auf – so beschreibt „Confessions“ zum Beispiel ein recht düsteres, beinah apokalyptsich anmutendes, Szenario. Kannst du diesem Eindruck zustimmen? Des Weiteren hat das Stück auch einen dezenten – nicht platten - antichristlichen Anklang.

Gut erkannt. Ich würde sogar soweit gehen und das komplette Album als antireligiös zu bezeichnen. Oftmals bestimmen Bilder und Visionen Teile der Lyrics. Sie beschreiben Szenarien, die vor dem geistigen Auge irgendwann auftauchten. Diese Szenarien sind durch und durch antireligiös, gar blasphemisch weil sie sich gegen einen hilflosen Gott richten.

Wie kamt ihr darauf, Metamorphosis lyrisch komplett auf Latein zu verfassen?

A.D. hatte die Idee, weil er die lateinische Sprache studiert. Der Song beruht auf seiner Bewunderung Ovids und beschreibt die Schlechtigkeit des Menschen auf eine nahezu perfekten Weise. Die Lyrics fügen sich sehr gut in das Gesamtbild ein.

War die „The Exhibitions EP“ nur eine Art kurzes Aufgebaren und ein Zwischenspiel vor der letztendlichen Veröffentlichung? Ich finde, die EP klingt bodenständiger und nicht schlechter, aber weniger psychotisch und magisch, als die neue Scheibe.

Genau deshalb ist aus den beiden Stücken nur eine EP geworden. Die Songs entstanden in einer Phase in der uns nicht wichtig war, ein Album zu komponieren. Wir hatten kein genaues Ziel vor Augen und wussten, dass diese Songs keine Relevanz für das kommende Album haben werden. "The Exhibitions EP" war außerdem unsere erste Zusammenarbeit mit Markus Stock. Sie war wichtig um seine Arbeitsweise kennenzulernen. Anschließend entschieden wir uns, "Antithesis" mit ihm aufzunehmen. Die Zusammenarbeit war sehr fruchtbar.

Achtet man einmal auf die rein spielerische Herangehensweise, fällt auf, dass ihr euch noch vielseitiger als früher zeigt. Ich möchte hier nun nicht mit drögen Genre-Aufteilungen anfangen, aber auch wenn die Atmosphäre nach wie vor die dunklen Energien des Black Metals in sich trägt, zeigt ihr euch vielschichtiger. Findest du, dass das Attribut „Black Metal“ allein viel zu wenig Platz für Entfaltungen bietet? Oder ist es in manchen Fällen – ich denke da beispielsweise an Lunar Aurora, die ihr ja auch näher kennt – durchaus berechtigt, wenn man darauf achtet, möglichst „schwarz“ zu klingen?

Jede Band hat eine andere Vorstellung von schwarzer Musik, von ihrer Intention, von den Gedanken dahinter. "Antithesis" ist ein sehr schwarzes extremes Metal Album. Der Schwerpunkt liegt hier aber beim extremen Metal. Eine Band wie Lunar Aurora empfinde ich nicht als extrem, weil die Intention bei ihnen sicherlich eine Andere als bei uns ist. Es ist schwer darüber zu urteilen, weil ich mich mit anderen Bands unseres Genres weitestgehend nicht beschäftige. Ich kann lediglich befürworten, wenn Bands ihre eigene Identität erschaffen, anstatt sich an die großen Vorreiter zu klammern.

In euren Liner Notes beschreibt ihr die Ausleitung „Exit“ als Umschreibung für den Tod und die letzten Worte des Albums bei „Lucifer Speaks“ sprechen mit „the darkness at the end of the tunnel“ auch eine deutliche Sprache. Das klingt beinahe schon etwas nihilistisch, findest du nicht? Und ist die Dunkelheit am Ende des Tunnels vielleicht schon eine (eventuell hypothetische) Aussicht auf etwas?

Auf "Antithesis" ist sie eine Aussicht auf Vollkommenheit, wie ich Anfangs schon sagte. Das Album hat eine sehr nihilistische Aussage. Die Vollkommenheit ist die ewige Schwärze. Licht ist dort nicht erwünscht.

Im Oktober werdet ihr ja mit den französischen Antaeus auf Tour gehen. Was haltet ihr von deren Musik? Hast du das Stück „Words As Weapons“ von deren kommendem Album „Blood Libels bereits gehört – wenn ja, welchen Eindruck hast du davon?

Ich bewundere Antaeus für ihre Kompromisslosigkeit. Sie haben ein sehr durchdachtes Konzept von dem andere Bands nur träumen können. Wir sind seit vielen Jahren mit der Band im Kontakt. MkM hat eine Single von uns veröffentlicht. Sein Arm ist auf dem Carved in stigmata Wounds Cover zu sehen. Deshalb waren wir sofort bereit mit ihnen zu touren. Den Song habe ich bisher nicht gehört.

Wo wir gerade bei anderen Bands sind – wer sind denn zur Zeit deine Favoriten in Sachen Musik?

Ich liebe das neue Slayer Album. Es ist ein sehr direktes, modernes Album geworden, was meine derzeitige Stimmung gut beflügelt. Celtic Frost und Tool haben grandiose Alben in diesem Jahr veröffentlicht. Zur Zeit höre ich außerdem Kate Bushs "Aerial" Album sehr gerne. Ich werde alt.

Ich bedanke mich, dass du dir Zeit genommen hast, die Fragen zu beantworten und wünsche euch weiterhin viel Erfolg und Inspiration. Die abschließenden Worte gehören dir.

Vielen Dank für das interessante Interview!
www.secretsofthemoon.org
antithesis.sotm.de
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