Von unabhängiger Selbstverwirklichung und musikalischem Perfektionismus


Interview mit Atras Cineris
Black Metal aus Deutschland - Ettenheim
„Monolith“ – so lautet der Titel des Debütalbums, welches ATRAS CINERIS in diesen Tagen veröffentlichen. Einem interessanten Konzept folgend und vielschichtigen, interessanten Black Metal darbietend gab dieses Werk Anlass einmal näher auf die Hintergründe der süddeutschen Formation einzugehen.
So traf ich mich an einem Samstagabend mit Bassist Hysteriis und Sänger Lord Asgoroth zum abendlichen Plausch. Im nahen Waldkirch probten sie im gemeinsamen Probenraum an diesem Abend mit ihrem noch unbetitelten Projekt, bei welchem auch Frederic von TODTGELICHTER und unser Mitarbeiter Michael (Hahn), musikalisch unter anderem aktiv bei KARG, mitwirken und anwesend waren.

Dann wollen wir einmal beginnen:
Weshalb habt ihr den Titel „Monolith“ gewählt? Seht ihr euer Album ebenfalls als eine Art Monolithen an oder hat der Begriff eine tiefgreifendere Bedeutung?


Hysteriis: Ich glaube, die Idee zum Titel „Monolith“ war sogar Gotaurs [Schlagzeug – se] Idee.

Lord Asgoroth: Ich persönlich sehe es schon irgendwo als Meilenstein, eben als „Monolith“ – es ist etwas, das sich abhebt.

Also das Werk an sich, die Idee?

L.: Ja, genau.

H.: Ein Monolith ist ursprünglich ja auch etwas Unendliches – es hat einfach perfekt gepasst. Da war dieses Manifestierte, das wirklich extrem beeindruckend ist, es hat einfach eine extreme Wirkung. Es hat fast etwas Erfürchtiges. Es hat, wie ich finde, auch eine verdammt dunkle Aura. Der Titel war eigentlich sofort klar.

L.: Du musst dir vorstellen, wenn du vor einem richtigen Monolithen stehst, dann spürst du ja auch etwas. Irgendetwas ist da – und das fügt sich ineinander.

H.: Wir hatten einmal einen früheren Cover-Entwurf, wo wir ursprünglich vor hatten den Monolithen als nach unten wachsend, als Zeichen für den ewigen Abgrund darzustellen.

L.: Das würde ich so unterstreichen.

„Monolith“ ist ein okkultes Konzeptalbum, das sich nach eurer Aussage mit Schwarzer Magie und ihrer in Ritualen ausgedrückten Kunst beschäftigt. Es wäre schön, wenn das einmal etwas näher ausführen könnt.

L.: Im Endeffekt ist das ganze Album der Weg, die Durchführung und die Auswirkungen von einem Ritual.

Von einem einzigen?

L.: Ja, genau. Du siehst die Prozession, dann das Ritual an sich und am Schluss die Auswirkung davon.

H.: Die ganzen Lieder haben auch einen Untertitel und das sind größtenteils Textzeilen.
Bis auf „Manifest“, das erste Lied, das hat mit dem Konzept eigentlich überhaupt nichts zu tun. „Manifest“ war eigentlich unser Neustart. Wir haben uns zu dem Zeitpunkt, dadurch dass auch Gotaur gerade eingestiegen ist, musikalisch schon sehr deutlich neu orientiert, aber nicht bewusst. Deswegen hat „Manifest“ gerade auch textlich mit dem anderen nichts zu tun.

L.: Deshalb kann man „Manifest“ als Ankündigung sehen, dass etwas Großes bevorsteht.

H.: Das war auch der Grund, weshalb ich dir gesagt habe, dass es wichtig ist, dass du die ganzen Samples hörst, denn gerade durch das wiederkehrende Geräusch am Ende wird das Ganze eingeleitet. Du siehst ja auch, in den Samples sind immer wieder Parallelen zueinander und du merkst, dass es sich von Sample zu Sample steigert.

L.: Und am Schluss steht dann eben das perfekte Chaos.

H.: Was ganz wichtig ist: Es ist ein chaosgnostisches Ritual.

Das wollte ich ohnehin noch fragen, was für eine Art von Ritual das ist. Geht das etwas in die Richtung ARCKANUM, er beschäftigt sich ja auch damit?

L.: Ja, auch, kann man damit vergleichen. Zu nennen wäre da vielleicht noch der MLO [Misanthropic Luciferian Order – se], welcher mich persönlich inspiriert und auch die Thematik, welche ARCKANUM behandelt, verarbeitet.

H.: Ich kenne eine Menge Leute, die sich mit Gnosis beschäftigen, deshalb kann ich ihn da ganz gut verstehen. Es ist trotz allem eine sehr realitätsnahe Philosophie finde ich.

Welche Bedeutung messt ihr dieser Thematik bei? Ist sie für euch nur aufgrund ihrer Atmosphäre und damit verbundenen Emotionen interessant oder beschäftigt ihr euch weiter damit?

L.: Ich schon.

H.: Er auf jeden Fall, ich habe mich früher viel mit der Literatur befasst, mittlerweile auch wieder etwas mehr, aber bei mir ist das wirklich nur Interesse. Er hat da auf jeden Fall schon Erfahrungen gemacht, Nebular [Gitarre – se] denke ich nicht. Deshalb macht er auch die Texte, weil er selbst Erfahrungen hat, er kann letztendlich darüber sprechen. In welche Richtung das Konzept gehen sollte, war eigentlich auch erst klar nachdem wir „Requiem der Nacht“ geschrieben hatten.
Wir haben gewusst, dass es in eine Richtung gehen soll und haben dann anhand der Musik sofort gemerkt, welche Richtung genau das ist. Da waren wir alle auf einem Level, obwohl sich eben gerade Nebular oder Gotaur thematisch überhaupt nicht damit beschäftigen.

Wie ich andernorts erfahren habe, repräsentierten die bisherigen Texte Lord Asgoroth als Person. Ich kann nur wiedergeben, was ich da gelesen habe, ich weiß nicht genau, ob das stimmt.
Ihr habt es gerade ja schon ein Stück weit selbst beantwortet, dass es von dir kommt, weil du dich damit beschäftigst. Aber hat sich das jetzt in irgendeiner Form geändert, so dass es weniger persönlich ist, weil es ein Konzeptalbum ist?


H.: Das ist der Punkt. „Blut“ zum Beispiel war, obwohl es textlich nicht unbedingt auf uns zu beziehen war, vom Gesamtzusammenhang her extrem persönlich – persönlicher als es „Monolith“ ist.

L.: Für mich ist „Monolith“ schon ziemlich persönlich. Im Endeffekt sind es ja auch meine Texte, aber ich denke mal, was er sagen will, ist, dass „Blut“ für uns alle vom Gesamtbild her ziemlich persönlich war. Bei „Monolith“ ist das irgendwie anders.

H.: Was man vor allem auch nicht vergessen darf, wir haben früher nur englische Texte gemacht, auf „Blut“ haben wir auch nur einen deutschen Text gehabt.

L.: Das ist eben einfach die Sprache, die man kann. Man kann sich viel besser ausdrücken als im Englischen – das ist einfach nicht meine Sprache.

H.: Vor allem ist der kritische Punkt der, wenn du Texte in dilletantischem Englisch verfasst. Nicht, dass er jetzt dilletantische englische Texte gemacht hat, auf keinen Fall, aber ich finde, es fällt einem vermutlich ziemlich schwer.

L.: Es ist irgendwie einfach verfälscht.

H.: Ja, genau.

Die zu Beginn und Ende eurer Lieder eingespielten Samples korrelieren meiner Meinung nach durchaus mit den jeweiligen Titeln. Habt ihr diese selbst erzeugt, sind dies übernommene Ausschnitte oder habt ihr die Ausschnitte abgewandelt?

L.: Es sind wohl Ausschnitte dabei und vorrangig ist da „Der Name der Rose“ zu nennen, weil es einfach auch von der Atmosphäre her wie ich finde gepasst hat.

H.: „Der Name der Rose“ ist ein Film, den kannst du dir viertausendmal anschauen… Den Großteil hat aber er zu Hause selbst erstellt. Wir haben im Studio hinterher noch ein bisschen daran rumgebastelt, aber nur ganz minimal.

Wie sind eure Gefühle zum neuen Album nicht nur als Band sondern auch als Einzelpersonen?

H.: Erst einmal ist da natürlich der Stolz, dass es endlich funktioniert hat nach den ganzen Querelen und Zeitverschiebungen, ich weiß nicht, inwieweit du das mitbekommen hast. Wir haben ursprünglich von Anfang an gesagt, wir wollen ein Album machen und dann gar nichts mehr.
Gerade nach dem Studio war es auch geplant, im Vorfeld des Studiobesuches, dass wir zumindest eine relativ lange Pause machen.

Das wäre also theoretisch jetzt gewesen?

H.: Ja (beide lachen). Du merkst es einfach, du bist erst einmal für eine ganze Woche ins Studio gegangen, unter professionellen Bedingungen wohlgemerkt, du hast dich im Vorfeld darauf trimmen müssen in nur fünf Tagen genau das einzuspielen was du in deinem Kopf hast.

L.: Ich erinnere mich da gerne an das eine Ancient Blood-Fest [Ein hier ansässiger Metalclub, in dem die beiden ebenfalls Mitglied sind – se], auf dem wir das Album durchlaufen ließen. Für mich öffnet das Album einfach ein Tor. Da geht irgendetwas vor. Ich meine, für mich ist es klar, ich kenne die Textzeilen, verbinde dann ein Bild damit und dann geht für mich einfach ein Tor auf, wo ich sage: Hier geht etwas Großes vor.

H.: Das ist auch wirklich so, du kommst in eine bestimmte Stimmung, wenn du das Album hörst, obwohl du selber dran beteiligt bist. Du kommst in eine ganz bestimmte Stimmung. Das ist eine Sache, die ich auch nicht mehr missen wollte.

Meint ihr das Fest im Biereck? Da war ich ja auch da und habe das Album zum ersten Mal gehört.

H.: Genau. Wir sind ja normalerweise wirklich nicht die Leute, die auf ihre eigene Musik groß abgehen. Aber im kleinen Rahmen wie es auf der Feier war, packt dich das einfach, das haut dich voll um. Ich habe ein Interview gegeben, ich glaube für Metal.de, da habe ich auch zu Philipp gemeint, dass es so ist, dass ich die Musik wirklich tausende Male gehört habe und ich habe bei manchen Passagen immer noch eine Gänsehaut. Obwohl du wirklich extrem übersättigt bist, gerade wenn du das anhörst. Das hat zwar auch mit Stolz zu tun, aber auch viel mit Verbundenheit.

Ihr habt euch neulich abends erst darüber unterhalten, dass ATRAS CINERIS eigentlich gar nicht so viel bedeutet. Ich möchte jetzt auch nicht wieder auf Interpretationen vom Namen eingehen, denn dies wurde ja sowieso schon überall gemacht. Aber du hast einmal in einem anderen Interview gemeint, dass es ein Sinnbild für den ewigen Verfall jeglicher Existenz wäre. Ist das immer noch der Fall und hat das dann nihilistische Hintergründe oder wie kann man das dann verstehen?

H.: Mittlerweile steht es einfach für überhaupt nichts mehr. ATRAS CINERIS steht in diesem Punkt für uns.

L.: Ja, ATRAS CINERIS steht für ATRAS CINERIS.

H.: Wenn wir uns zum Beispiel mit Nebular über unsere Musik unterhalten wissen wir etwas ganz genau, das sagt Nebular ja auch immer: Wir können uns einfach alles erlauben. Es kann auch sein, dass das nächste Album zum Beispiel wieder Drei-Akkord-Kram wird. Aber das ist mittlerweile einfach ATRAS CINERIS für uns geworden. Wir legen uns auch einfach auf kein thematisches Konzept mehr fest. Ich denke, dass wir zukünftig schon auch nach wie vor auf Konzepte eingehen, aber das nächste Album wird eben nichts mehr mit Ritualen zu tun haben.
Ich meine das so, ATRAS CINERIS ist im Endeffekt für uns das, was wir alle unter Black Metal verstehen und wir haben alle, größtenteils zumindest, sehr unterschiedliche Auffassungen vom Black Metal. Wir haben immer gesagt, ATRAS CINERIS muss so laufen, dass wir versuchen, was Black Metal für uns ausmacht in Ton zu fassen. Das war der Ursprungsgedanke, der sich mittlerweile etwas gewandelt hat.

Die Musik drückt sicherlich selbst schon genug aus – ihr habt ja schon gesagt, dass das Konzeptalbum ein Tor zu etwas öffnet, doch möchtet ihr damit etwas Spezielles ausdrücken? Oder möchtet ihr das allein dem Hörer überlassen, seine Gefühle und Gedanken zu entwickelen?

L.: Mich interessiert das überhaupt nicht. Du wirst auch nie irgendjemanden etwas vermitteln können, was du selber empfindest.

H.: Warum sollte man es auch versuchen?

L.: Das ist ein Fass ohne Boden meiner Ansicht nach. Von daher ist das nicht relevant.

H.: Ich meine, er ist da noch einmal ein bisschen anders, natürlich, dich interessiert schon, was andere Leute in der Musik sehen. Du freust dich auch darüber, wenn sie sich damit beschäftigen, klar. Aber im Prinzip kann ich nicht in die Leute hineinsehen, wenn sie das hören, sie können dir das erzählen, aber Worte sind Worte. Primär interessiert es mich nicht, weil es mich nicht zu interessieren hat. Das geht mich auch nichts an. Ich habe auch keinen Bock, dass die Leute mich das fragen. Wenn jetzt jemand kommt und mich fragt, was ich bei seinem neuen Album für Gefühle habe, denke ich mir, du willst doch letztendlich nur wissen, was du für krasse Musik erschaffen hast.

Das verstehe ich auf jeden Fall, aber es gibt ja auch Bands, die sagen, sie möchten Angst, Wut, Emotion oder etwas anderes erzeugen.

H.: Ich denke, so etwas kann gut funktionieren, bei einem Konzept wie es DARKSPACE zum Beispiel haben, die, denke ich, wirklich schon relativ gezielt darauf bauen. Da ist das gut, aber wir bewegen uns einfach nicht in diesem Bereich.

L.: Angst erzeugen oder Ähnliches passiert dann automatisch. Es kommt halt darauf an, was du machst. Wenn du SODOM hörst, denkst du ans Saufen und wenn du eben DARKSPACE oder irgendetwas anderes hörst, dann denkst du an den Weltraum, denkst, du bist wirklich dort. Da stellst du dir schwarze Löcher oder sonst etwas vor. Du kannst das nicht so verallgemeinern.

H.: Aber auch wenn wir so als Band nicht unbedingt funktionieren, habe ich wahnsinnigen Respekt davor. Wie eben bei DARKSPACE – ist echt ein gutes Beispiel – die es dann wirklich schaffen. Du merkst wirklich, die wollen es so machen, tun es auch einfach und es funktioniert. Das ist bei anderen projekten von uns, zum Beispiel NEBELMEER oder das Projekt mit Frederic, so.

Euer Cover hat die Gestalt eines alten Buches. Weshalb habt ihr diese Gestaltung gewählt?

L.: Das ist ein Grimoire.

Das sagt mir leider nichts.

L.: Ein Grimoire ist ein altes Zauberbuch und daran ist es angelehnt. Im Endeffekt sind das die Rituale noch mal in Schriftform.

Sind die Seiten im Booklet selbst geschrieben und eingescannt?

L.: Ja, das ist eine Handschrift aus dem 15. Jahrhundert.

Also nicht selbst entworfen, sondern etwas nachempfunden?

L.: Ja, nur noch ein bisschen verfeinert.

H.: Es ist alles handgeschrieben.

Ihr habt eure Synonyme meines Wissens nach jeder unabhängig und individuell gewählt. Verhält es sich mit den Abbildungen im Booklet ähnlich oder haben diese eine weitergehende, zusammenhängende Bedeutung, was das Konzept anbelangt?

L.: Ja, genau richtig (beide lachen).

H.: Das war genau so, wir haben einfach gesagt, jeder überlegt sich etwas zu dem Thema. Das war auch relativ schnell klar. Wir haben uns danach nochmal getroffen und haben unsere Ideen aufeinande4r abgestimmt.

Seit ihr auf „klassischem“ Wege (Einschicken eines Demos) zu eurem neuen Label ARTicaz gekommen? Wenn ihr wählen musstet, weshalb habt ihr euch so entschieden?

H.: Wir haben selbst Promos gemacht, gebrannte CDs, Pappschuber gebastelt, haben sie an sechs Labels geschickt. Zu ARTicaz kam es so: Irgendwann hatte ich einfach eine E-Mail von Kai von ARTicaz erhalten.
Florian, Alboin von Geist, hat schon immer von ARTicaz erzählt und hat ihm einfach unsere CD gezeigt oder hat ihm etwas davon geschickt. Kai hat es gefallen, dann haben wir ihm die CD geschickt, nur auf elektronischem Wege, er hat nie eine Promo bekommen. Dann haben wir ihm Zeit gelassen und nach anderthalb Monaten hat er zugesagt.

Schätzt ihr irgendetwas besonders an ARTicaz? Jedes Label zieht ja seine Arbeit im Hintergrund etwas anders auf.

H.: ARTicaz veröffentlicht nur gute Sachen. Kai legt wirklich Wert darauf – du merkst es ja bei MEMBARIS. Das passt zusammen. Kai hat einen gewissen Anspruch an Qualität, er weiß genau, was er veröffentlichen will. Ich denke, du wirst keine Band bei ARTicaz finden, die sich ganz krass abhebt. Ich glaube eine Band wie Graupel würden da keinen Platz haben. Da wird schon drauf geachtet, dass alles ein bisschen in der Familie bleibt.
Ich habe Kai bis heute nie getroffen, nur telefonisch und per E-Mail mit ihm Kontakt gehabt. Er legt aber auch riesengroßen Wert drauf, dass man persönlich richtig gut miteinander kann und bevor wir den Deal fix gemacht haben, haben wir auch vier-/fünfmal telefoniert, um uns einfach kennen zu lernen.
Wir haben gewusst, dass er mit MEMBARIS richtig gute Arbeit geleistet hat. Ich meine, wenn eine Band wie MEMBARIS, die schon lange Musik macht und scheiß Erfahrungen mit Labels gemacht hat, nachdem sie so einen Terror mit Black Attakk inklusive Anwalt etc., sich für den Gang zu einem jungen Label entscheidet, dann wird da schon was dran sein. Ich denke, Kai hat schon die richtige Mischung zwischen Professionalität und persönlicher Nähe.

Welchen Eindruck haben die Aufnahmen im Aurora Musiklabor mit Martin Wiese bei euch hinterlassen? Das war doch euer erster Studiobesuch mit ATRAS CINERIS, oder?

H.: Es war echt anstrengend.

L.: Studioarbeit allgemein ist immer anstrengend, da braucht man nichts sagen. Was zählt ist, ob die Aufnahme nachher gut ist, egal ob du jetzt 100 Euro zahlst oder 10000 Euro. Klar bei 10000 Euro ist es dann nicht ganz so egal wie bei 100 Euro, da muss man die Relationen sehen, aber im Endeffekt kommt es darauf an, dass du etwas Gutes einspielst.

H.: Wir haben das aber auch so gemacht, damit wir uns nicht auf die Nüsse gehen, waren wir einfach zwei Tage bei einem Kumpel in Paderborn, das in der Nähe liegt. In der Zeit haben die anderen ihren Teil gemacht, dann sind wir gekommen und haben unseren gemacht. Wir haben uns auch mit Martin super verstanden. Für den ersten Studiobesuch hätte es besser fast nicht laufen können.

Hat sich Martins Gastauftritt bei „Requiem der Nacht“ spontan ergeben?

L.: Das wollte eigentlich ich vorher machen, aber das hat dann nicht ganz so funktioniert. Dann hat er sich kurzerhand einfach in die Gesangskabine gestellt und innerhalb von einer Viertelstunde war das erledigt.

H.: Ihm hat die Harmonie an der Stelle sowieso gut gefallen, das weiß ich noch und Lord Asgoroth hat da, weil wir normalerweise nicht mit cleanen Vocals arbeiten, überhaupt keine Erfahrung. Wir dachten uns scheiß drauf, lassen wir es halt weg, aber Martin hat sich kurz ans Klavier gehockt und in einer Viertelstunde hat er echt einen vierstimmigen Choral eingesungen.

L.: Spontaner geht es gar nicht.

H.: Er hat auch sofort ein Feeling dafür gehabt, wie es klingen muss und wir sind alle mit der Kinnlade am Boden dagestanden. Das ist auch nach wie vor eine meiner Lieblingsstellen. Ich bin gespannt, ob die Leute wirklich kapieren, dass das gesungen und kein Keyboard ist.

Ist Schlagzeuger „Gotaur“ nun wieder fest bei euch dabei? Was waren die Gründe für seinen zwischenzeitlichen Ausstieg?

H.: Ja. Lord Asgoroth, Nebular und ich machen einfach seit fünf Jahren zusammen Musik, wir sind ein sich blind verstehendes Team. Wir haben alle Mitglieder, die bislang gekommen sind, nach kurzer Zeit wieder rausgeschmissen, weil sie sich einfach nicht integrieren konnten. Bei Gotaur war es aber so, dass er sich irgendwann schon integriert hatte. Dann lässt du die Person auch näher an dich heran. Gotaur ist einfach ein sehr extremer Mensch und es ist manchmal schwer mit ihm klarzukommen.
Es waren auch richtig persönliche Gründe. Irgendwann hat er gesagt, passt auf, wir hören auf, es bringt einfach nichts mehr. Er hat dann aber gesagt, er macht live weiter und dann haben wir überlegt – wir haben dann den Schlagzeuger von FINSTERFORST zum Test bei uns gehabt. Er ist echt gut, aber wir sind alle 23 plus und mit einem fünfzehnjährigen Schlagzeuger, da ist der Unterschied einfach zu krass. Irgendwie haben wir dann David auf einer Party angehauen, auch von Ancient Blood, ob er noch mal Bock hat – was er auch hatte. Wie es im Moment ausschaut, machen wir auf jeden Fall mit Gotaur weiter.

Sucht ihr im Moment nicht nach einem zweitem Gitarristen?

H.: Wir haben halt Pech. Nebular ist einfach zu gut – für alle. Wir haben jetzt schon einige Gitarristen gehabt. Nebular hat einen sehr eigenen Stil Gitarre zu spielen und das hört man auch. Wir sind in der Hinsicht absolute Perfektionisten. Wir hatten zwischenzeitlich kurz Nidhögger [der frühere zweite Gitarrist – se], wieder an Bord, aber das war nichts. Die Frage ist, ob wir wirklich noch suchen, da muss spontan etwas klappen.

L.: Wenn, dann suchen wir sowieso nur einen Sessiongitarrist.

Also nicht fest?

H.: Da muss schon einiges passieren, das ist eigentlich ausgeschlossen. Nebular ist musikalisch gesehen ATRAS CINERIS. Und, das ist der Punkt, wenn da jetzt jemand hinkommt und dann noch probiert, seinen Teil dazu beizusteuern, das kann nicht so klingen, wie es soll.

L.: Das führt dann gleich wieder auf die Dreierkonstellation zurück. Das geht einfach nicht.

H.: Egal was andere Gitarristen für ATRAS CINERIS anbringen, es ist immer scheiße (lacht).

L.: Deswegen ist es so schwer, jemanden zu finden, der dann auch vernünftig mitmacht.

H.: Wie gesagt, der einzige der sich da wirklich einbringen konnte, war Gotaur.

Die Arrangements auf „Monolith“ sind ja teilweise für mehrere Gitarren ausgelegt. Wie setzt ihr das auf Konzerten um – spielt „Nebular“ dort Variationen oder ist die Musik so konzipiert, dass er einfach eine Spur weglässt?

H.: Fünf Gitarrenspuren. Genau da sind wir im Moment am Arbeiten (lacht). Chris wird vermutlich zwei Verstärker koppeln, er kann leider keine zwei Gitarren nebeneinander spielen, das wird nicht möglich sein. Eine Kacke wie EQUILIBRIUM zu machen und dann einfach Gitarren aus der Konserve laufen lassen – tut mir Leid, nein.
Wir haben in letzter Zeit viel am Sound gebastelt. Wir achten einfach darauf, dass es live trotzdem dick genug rüberkommt, obwohl er nur eine Spur spielt. Ich meine, wir haben die Musik ja auch nur mit Gitarre und Bass geschrieben und ich habe mit meinen Bassläufen immer darauf geachtet, dass ich es nicht nur ausfülle, sondern auch gegenläufig arbeite.
Ich übernehme bei „Monolith“ teilweise schon eher die Rhythmusgitarrenfunktion.

Hat Nebular eigentlich wieder größtenteils die Musik allein geschrieben?

L.: Er bringt sozusagen das Rohgerüst und dann sagen wir ja oder nein - daraufhin wird die ganze Sache verfeinert.

Machst du dann die Texte direkt da dazu?

H.: Bei „Monolith“ hat er viel parallel gemacht, wenn ich mich richtig erinnere.

L.: Ich sitze da, höre mir die Musik an, mir fällt etwas ein, dann fange ich einfach an zu schreiben.

H.: Die Texte entstehen dann wirklich meistens in einem Guss.

Ist es dann, so dass ihr eher nichts für daheim aufnehmt?

L.: Doch, auch.

Den Inhalt schreibst du also eher direkt?

L.: Den Inhalt schreibe ich meistens schon im Proberaum und dann daheim eben noch die Feinarbeit.

H.: Ich finde auch, dass man die Stimmung von dem Lied in diesem Moment dann auch wirklich direkt reproduzieren kann.

Kommendes Wochenende steht euer Auftritt in Aschaffenburg an. Welche Gedanken habt ihr zu dem Konzert?

L.: Ich hab keinen Bock drauf (lachen beide).

H.: Er hat nie Bock auf Konzerte.

Spielst du lieber nicht live – nimmst du lieber nur auf?

L.: Wenn’s nach mir ging, überhaupt nicht. Das ist nicht so mein Ding.

H.: Das ist es eben: Wir sind eine demokratische Band. Gotaur und ich könnten häufig Konzerte geben, Nebular brauch einen gewissen Anreiz dafür, und Asgoroth will gar keine Konzerte spielen. Also einigten wir uns auf ansprechende Konzerte.
Beim Welt in Trümmern lief das so ab: Wir waren ursprünglich nur als Ersatz für AS STORMCLOUDS GATHER gedacht und jetzt ist es eben unser Releasekonzert. Von daher freuen wir uns drauf, bei den Bands kann es eigentlich nur gut werden.

Welche Erwartungen habt ihr für ATRAS CINERIS?

L.: Wir machen unser Ding.

H.: Wir machen, was kommt. Vor allem: Kein Stress.

L.: Ja, das ist das Wichtigste – und endlich ein vernünftiger Proberaum.

H.: Ja, endlich einen gescheiten Proberaum finden [bei unserer Unterhaltung davor oder danach habe ich erfahren, dass dieser nebenan sein wird, aber gerade im Umbau begriffen ist – se].

L.:…und mein Studio.

Machst du ein eigenes?

L.: Ja, bin grad dran.

H.: Somit machen wir in Zukunft vielleicht mehr Homerecording.

Vielen Dank für das Interview. Die abschließenden Worte gehören euch. Du hast ja auch gemeint, dass dir vielleicht noch etwas einfällt Hysteriis.

H.: Nein. Alles ok. Danke für das Interview.
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