Wer ist Robbie Williams?


Interview mit Cannibal Corpse
Death Metal aus USA - Buffalo (früher), Tampa (heute)
Am späten Nachmittag des 2. Oktobers treffe ich in der Oberhausener Turbinenhalle ein. Ich halte kurze Rücksprache mit dem Tourmanager von Cannibal Corpse. Der Grund: Ein Interview mit dem Headliner ist geplant. Mit welchem Bandmember weiß ich noch nicht. Ich werde also nach kurzem Hin und Her in den Backstagebereich geführt und dort von dem sehr sympathischen Tourmanager der Band in Empfang genommen. Er bittet mich noch ein paar Minuten zu warten. Dann trete ich in die Garderobe ein und finde die komplette Band mit Ausnahme von George „Corpsegrinder“ Fischer vor. „Such dir irgendwen aus“ sagt der Tourmanager und verschwindet auch gleich wieder. Ich schau mich um, und da Drummer Paul Mazurkiewicz grade an seinem Laptop zugange ist, schnapp ich mir den äußerst netten und gut aufgelegten Bassisten der Band, Alex Webster. Er kommt auf mich zu, reicht mir die Hand und bietet mir einen Sitzplatz an. Noch schnell das Aufnahmegerät auf den Tisch gelegt, eingeschalten und schon kann’s losgehen.

Wie geht’s dir?


Super. Ich kann mich grade nicht beklagen.

Das ist das erste Konzert eurer Europa-Tour, oder?

Ja, genau. Wir sind erst gestern hier angekommen und ich habe noch ein paar Probleme mit der Zeitumstellung. Aber du hast Recht, das hier ist die erste Show der Tour.

Wie glaubst du wird die Tour für dich/euch werden?

Ich glaube die Tour wird ziemlich geil, schau dir nur mal das Line-Up an. Ich meine, Bands wie DYING FETUS, OBSCURA oder EVOCATION sind schon ziemlich hochkarätig. Es ist zwar alles Death Metal, aber jede von diesen Bands hat ihren eigenen, unverwechselbaren Stil. Es ist jetzt nicht so, dass man sagen könnte, dass wir mit den drei genannten Bands nur einen Bereich im Death Metal abdecken; vielmehr steht jede dieser Bands für ihr eigenes, kleines Genre, und genau das macht das Line-Up ziemlich interessant.
Dazu kommt ja auch noch, dass die Death Metal Szene in Europa immer noch sehr stark ausgeprägt ist. Also ich zumindest freue mich sehr auf diese Tour.

Wie sieht so ein Tag auf der Tour für dich aus?

Wie du eben schon gesagt hast, ist das hier heute Abend ja das erste Konzert dieser Tour, deswegen kann ich dir das nur aus Erfahrung sagen.
Also meistens stehe ich so um 13 Uhr auf, manch anderer ein wenig früher, andere später. Dann gibt’s erstmal Frühstück, das ist ganz wichtig für mich. Nach dem Aufstehen habe ich Hunger, und wenn ich dann nichts zu essen kriege, bin ich den ganzen Tag angepisst (lacht). Danach machen wir den Soundcheck. Das war’s eigentlich auch schon, weil kurz danach auch schon die erste Band anfängt zu spielen. Da wir ganz zum Schluss dran kommen, kann ich noch ein wenig relaxen und Interviews geben. Nach dem Auftritt brauch ich erstmal ne Dusche und unterhalte mich anschließend mit den anderen Bands.
Dann geht’s ab in den Bus und auf zum nächsten Ort, so geht das eigentlich jeden Tag.

Habt ihr viel Kontakt zu den anderen Bands? Könnt ihr noch was voneinander lernen?

Mit den Bands von dieser Tour sind wir eigentlich alle befreundet, ausgenommen die paar, die ganz am Anfang spielen. Wir sind schon mit OBSCURA getourt, mit VOMITORY und DYING FETUS ebenfalls. Also kennen wir uns alle schon und das Verhältnis ist sehr positiv, wie bei einem Familientreff.

Ihr habt ja ein neues Album herausgebracht, dass den Titel „Evisceration Plague“ trägt. Ihr hattet ja am Anfang eurer Diskographie einige sehr starke Alben, wie z.B. „Tomb Of The Mutilated“. Das Feedback der folgenden Alben schien mir nicht ganz so gut zu sein. Aber mit „Kill“ und jetzt mit „Evisceration Plague“ scheint ihr wieder auf der richtigen Fährte zu sein. Wie siehst du das?

Naja, ich sag es mal so: Bei jedem Album, was wir gemacht haben, bekamen wir gute und auch schlechte Rückmeldungen von den Fans. Einige waren der Ansicht, dass es das geilste Album ist, was wir je gemacht haben, andere wiederum fanden es durchweg negativ. Es ist also auch immer schwierig für uns zu erkennen, wie gut das Album nun wirklich angekommen ist.
Aber generell würde ich schon sagen, dass du wahrscheinlich Recht hast. „Kill“ und „Evisceration Plague“ haben tatsächlich ein klein bisschen besser abgeschnitten bei den Kritikern und Fans als die vorherigen Alben.
Das fühlt sich ziemlich gut an, weißt du? Wir stecken so viel Aufwand und Mühe in jedes Album, das ist alles, was wir von unserer Seite aus tun können. Wie das Album nun genau ankommt, liegt unglücklicherweise nicht mehr in unserer Hand.

Wie waren die Aufnahmen zu dem neuen Album? Hattet ihr das Gefühl, dass ihr irgendwas ändern müsst im Vergleich zu „Kill“?

Wir versuchen einfach nur es immer besser als vorher zu machen. Ich weiß, dass ist jetzt eine sehr allgemeine Antwort, aber ich werde es dir ein wenig näher erklären:
Wir wollen alles „heavier“ machen, ein besseres Songwriting bieten. All solche Sachen, besonders was die bessere musikalische Performance unsererseits angeht, versuchen wir alle Techniken, die in unseren Möglichkeiten stehen, um das zu erreichen. Wie z.B. dieses Mal, da haben wir ja zum ersten Mal ein Metronom benutzt. Andere Bands machen das schon jahrelang, und es hilft tatsächlich den Sound ein wenig „tighter“ zu gestalten.
Wir haben in der Vergangenheit viel zusammen gesessen und geübt, um die beste, uns mögliche Death Metal Scheibe zu kreieren. Ich wage auch mal die Behauptung, dass ein Großteil anderer Bands sich nicht so intensiv mit ihrem Material beschäftigt haben, wie wir dieses Mal.

Der Song „Evisceration Plague“ ist sehr langsam ausgefallen. War das eine der Veränderungen, die ihr ausprobiert habt?

Ach, wir haben seit „Gallery Of Suicide“ versucht, mal hier und da einen langsamen Song einzubauen. Einfach nur aus dem Grund, dass wir schon relativ viele Alben draußen haben und ich persönliche finde die Mischung einfach angenehmer. Ich meine, es sind ja trotzdem noch massenweise schnelle Songs vorhanden, so ist das ja nicht.
Zum Beispiel heute Abend, da spielen wir für ca. anderthalb Stunden. Wenn wir ein paar langsame Tracks mit reinmixen, macht das unser Set viel interessanter. Wenn wir jetzt nur für eine halbe Stunde oder so spielen würden, dann könnte man auch nur schnelle Songs in die Setlist aufnehmen, ohne, dass jemandem langweilig werden würde.

Du persönlich bist ja seit der Gründung von CC dabei. Wie ist das für dich, wenn du auf Tour gehst oder ins Studio, um ein neues Album aufzunehmen? Geht dir das nicht langsam auf den Sack?

Nein, überhaupt nicht! Also so eine Tour ist immer wieder geil finde ich. Warum? Tja, ich weiß es selbst nicht so genau (lacht). Aber wir waren jetzt ja fast so oft in Deutschland wie wir in Amerika waren, und ich komme immer noch richtig gerne hierher. Und ich glaube, ich spreche da auch für den Rest der Band. Denn der Spaß ist ja der Grund, warum wir das nach so vielen Jahren noch machen. Andere Bands haben irgendwann die Schnauze voll, aber wir lieben es noch immer. Aber ich weiß wohl, dass es auch Leute gibt, die da schnell keine Lust mehr drauf haben.
Und was das Aufnehmen eines neuen Albums angeht: Ich mag es, sich hinzusetzen und einen Part 20-mal zu zocken, damit er irgendwann perfekt klingt. Ich bin in der Hinsicht ein absoluter Perfektionist. Ich finde es auch immer sehr geil, wenn man den ganzen Prozess durchgemacht und dann am Ende in seine CD reinhören kann und sagen kann „Wow, deine musikalische Idee ist Wirklichkeit geworden!“. Wenn du im Proberaum spielst ist das die eine Sache, aber sich dann die Lieder, wenn sie fertig sind, noch mal anzuhören, eine ganz andere. Und das ist der Moment, dem wir alle entgegenfiebern, und dieser Moment ist bei jedem Album immer wieder neu.

Gibt es bei euch eigentlich so eine Art „Ritual“, wie ein typischer CC-Song entsteht? Kommt dann einer an und sagt „Hey Leute, ich hab hier `n richtig geiles Riff, daraus machen wir was!“?

Ja, ziemlich genau so geht das bei uns ab (lacht). Pat [O`Brien, g. – Anm. d. Red.] kommt dann an und sagt „Hey, ich hab hier was!“ und wir hören uns das dann an und sagen „Hey, du hast da was!“ (lacht). Und dann schreibt jeder sein Part um das Riff herum. Und so packt dann jeder seinen Part drauf, das ist wie beim Restekochen (lacht). So lief das am Anfang bei uns, und es war schon sehr cool, weil sich halt nicht nur ein Kopf Gedanken um einen Song gemacht hat, sondern gleich drei oder vier. Ab „Tomb Of The Mutilated“ haben wir dann mehr jeder für sich einen Song geschrieben. „Hammer Smashed Face“ zum Beispiel stammt größtenteils von Paul [Mazurkiewicz, dr. – Anm. d. Red.] und mir.

Wo du grade „Tomb Of The Mutilated erwähnst: Da hat ja Chris [Barnes, jetzt SIX FEET UNDER – Anm. d. Red.] noch bei euch gesungen. Gibt es heutzutage eigentlich noch Leute, die Chris mit dem Corpsegrinder vergleichen?

Definitiv. Das hört glaube ich nie auf. Aber ich gewinne so langsam den Eindruck, dass das unseren Fans wichtiger ist als uns selbst. Ich für meinen Teil höre eine Band, wenn sie instrumental geil drauf sind und nicht nur, wenn ihr Sänger gut ist. Chris und George sind zwei sehr unterschiedliche Sänger und jeder für sich ist gut in dem, was er macht. Ich persönlich finde, dass George besser singt und das sieht auch der Rest der Band so, deswegen haben wir ihn genommen.
Der Resonanz aus der Fanbase nach zu urteilen, hören die aber sehr wohl auf den Sänger, das ist bestimmt ein wichtiger Faktor. Also ich finde, es ist ganz natürlich, dass wenn du einen Sänger wechselst, dass dann Kontroverse entfacht werden. Das war ja bei IRON MAIDEN mit Bruce Dickinson auch nichts anderes: Entweder magst du den neuen Sänger oder den alten. Das spalten Leute immer ein wenig.

Heutzutage gibt es ja massenhaft Bands, die deutlich schneller spielen als ihr. Früher, zum Anfang der 90er, konnte man guten Gewissens behaupten, dass CC eine der brutalsten und schnellsten Bands waren. Heute ist das anders. Was sind Qualitäten von CC 20 Jahre später?“

Oh, das ist eine gute Frage. Es ist immer einfach, Bands miteinander zu vergleichen anhand von Dingen, die man messen kann. Wie zum Beispiel Geschwindigkeit oder die Brutalität der Texte. Für uns aber ist klar, dass wenn wir in irgendeiner Kategorie gegen eine andere Black-Metal oder Technical Death Metal Band antreten würden, würden sie gewinnen. Für uns geht es aber auch gar nicht darum, zu gewinnen. Für uns geht es ums Songwriting. Es wäre oberflächlich, eine Band nur gemäß ihrer Geschwindigkeit oder ähnlichem zu beurteilen. Wenn sich Leute intensiver mit unserer Musik beschäftigen, werden sie feststellen, dass wir großen wert auf die Strukturierung unserer Songs legen. Und da liegen auch unsere Qualitäten, die uns aus der Masse hervorhebt.

Wo nimmt deine Band ihre Inspiration her? Gibt es Vorbilder für dich/euch?

Ich schaue immer auf da Karriere einer Band oder eines Musikers und messe sie daran wie konstant sie sind. Bands wie IRON MAIDEN oder SLAYER sind in der Hinsicht einfach unglaublich. Natürlich haben beide Bands unzählige Platten veröffentlicht und manche davon mag ich mehr als andere, aber als Gesamtpaket gesehen, hat jede Band für sich einfach Unglaubliches geleistet und davor habe ich Respekt.
SLAYER haben nicht nur mich, sondern auch den Rest der Band stark beeinflusst. Wer die Einflüsse von „Reign In Blood“ in unserer Musik nicht raushört, dem kann ich auch nicht weiterhelfen. Besonders die Songstrukturen sind sehr wertvoll für unsere Lieder gewesen.

Wo war das beste Konzert, das du jemals gespielt hast?

Das beste? Oha. Das Mayhem-Festival letzten Sommer war großartig! Mit geilen Bands wie SLAYER und so hat das schon richtig gebockt. Das Graspop-Festival zum Beispiel war auch großartig. Es ist sehr schwierig, ein konkretes Konzert zu nennen.
Ein gutes Konzert bedeutet für uns nicht nur unsere eigene Show, sondern auch das wir uns vor und nach unserem Auftritt unters Publikum mischen und den anderen Bands zuschauen. Beim letzten Graspop, um mal ein Beispiel zu nennen, waren die Fans richtig gut aufgelegt und unser Auftritt „kicked ass“. Aber HEAVEN AND HELL haben direkt nach uns auf einer Bühne etwas weiter weg gespielt. Wir gingen also von der Bühne runter, schmissen unser ganzes Zeug beiseite und rannten wie die Wilden, nur um so wenig wie möglich von dem Auftritt zu verpassen (lacht). Man war das cool.
Ja, und meistens sind gute Erinnerungen an eine Tour immer mit dem Auftreten der anderen Bands verbunden. Als wir mal mit SLAYER getourt sind, hab ich mir jeden verdammten Auftritt von denen angeschaut! Und das waren immerhin 26 Stück! Ich bin immer noch ein richtig großer Fan dieser Band.

Wer macht die besten Gitarren-Soli?

Ich mag Dave Mustain’s Solo auf dem ersten MEGADEATH Album sehr gerne. Kirk Hammett’s Solo in „Damage Inc.“ ist ihm auch sehr, sehr gut gelungen. Und die Soli von King/ Hannemann muss ich ja nicht erst erwähnen, oder? Für mich sind die unübertroffen. Trey Azagthoth von MORBID ANGEL ist ebenfalls super.

Hörst du irgendwas außer Metal privat?

Ja. Klassische Musik und son Zeug. Und Jazz. Jeder in unserer Band hört unter Anderem auch Dinge, die nichts mit Metal zu tun haben. Es ist ja auch langweilig, immer nur Metal zu hören. Als 20-jähriger hab ich mich gefragt, ob Metal überhaupt das richtige für mich ist. Aber heutzutage liebe ich es immer noch und bin mir sicher.

Ich werde dir jetzt immer zwei Sachen zur Auswahl stellen, und du entscheidest dich für eine und kommentierst das bitte kurz.

Alles klar, schieß los!

Metallica oder Machine Head?

Metallica. Ganz einfach. Ich höre sehr viel Metallica, besonders die alten Sachen. Zu der Zeit, als Machine Head groß rauskam, war ich schon über 20. Metallica hingegen hat meine Teenager Zeit sehr geprägt, deswegen fällt mir die Entscheidung hier sehr einfach. Ich glaube, dass man die Wurzeln für seinen Musikgeschmack besonders in der Jugend legt. Bands wie Keator, Metallica oder Slayer mochte ich damals und ich mag sie heute immer noch.

Ha, dann wirst du das hier mögen: Kreator oder Slayer?

Oh, das ist um einiges härter. Verdammt. Das ist echt schwierig. Aber ich glaube ich nehme Slayer. Ich meine, ich liebe beide Bands, aber Slayer ist vielleicht im Vergleich doch ein klein bisschen besser.

Dying Fetus oder Kataklysm?

Dying Fetus. Beide sind allerdings ziemlich cool. Dying Fetus ist technischer, das gefällt mir besser.

Nile oder Suffocation?

Wieder so eine schwierige Entscheidung. Scheiße, was nehm ich bloß? Hm…Ich glaube ich entscheide mich für Suffocation, von deren Songs bleibt ein bisschen mehr bei mir hängen.

Robbie Williams oder Britney Spears?

Wer ist Robbie Williams? Kenn ich nicht.

Er kommt aus England und weltweit bekannt, würde ich sagen.

Ich kenn ihn wie gesagt nicht. Also nehme ich Britney Spears. Aber die hätte ich wahrscheinlich so oder so genommen (lacht).

Das wär’s von meiner Seite aus, vielen Dank für das tolle Interview. Du warst sehr gesprächig.

Ich habe dir zu danken. Man merkt, dass du dich mit der Bandgeschichte und der Discographie auseinander gesetzt hast, und deine Fragen waren auch sehr cool. Du glaubst gar nicht, wie viele schlechte Interviews ich schon hatte.

Das freut mich. Danke noch mal und viel Spaß gleich beim Auftritt!
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