Franzosen und mentale Chirurgie


Interview mit My Own Private Alaska
Avantgarde Metal aus Frankreich
“Was für geile, kranke Scheiße!”, dachte ich mir so, als ich das erste Mal das Album “Amen” aus den Boxen dröhnen hörte. Gänzlich ohne Gitarren, aber doch eine metallische Atmosphäre. Produziert wurde das Album von keinem geringeren, als Ross Robinson, der ja bekanntlich auch schon für Korn und Slipknot aktiv war. Wie MY OWN PRIVATE ALASKA zu ihm gekommen sind, wie man auf solche Art von Musik kommt, erklärt Sänger Matthieu den Bloodchamber-Lesern.

Hi und Gratulation zu “Amen”. Erstmal die Frage: Gab es überhaupt schlechte Kritiken für das Album?


Hallo! Oh ja, ich schätze davon gibt es ein paar. Ich lese nicht viel, was die Medien über M.O.P.A. schreiben, aber ich rede mit Leuten. Es scheint, als wären ihre Reaktionen extrem. Manchmal lieben Leute MOPA, aber manchmal hassen sie sie auch … das ist krass. Aber wenigstens gibt es Reaktionen. Einige von ihnen zeigten eine emotionale Reaktion, als sie unser letztes Album, das von Ross Robinson gemacht wurde, hörten: Sie akzeptieren nicht, dass unsere Musik sich weiterentwickeln könnte. Sie wollten das Selbe wie den Vorgänger. Nur etwas lauter oder mit einem fetteren Sound…, so waren einige enttäuscht. Aber am meisten gab es sehr sehr gute Kritiken.

Eure Musik ist für mich Kunst. Wie kommt man auf die Idee, Musik mit Piano und Schlagzeug zu machen? Es ist ja doch sehr ungewöhnlich.

Ich kannte die Klavierkompositionen von Tristan schon Jahre und mochte sie sehr. Tristan hingegen mochte meine Schreie und meinen Gesang. Zudem sind wir beide Fans von Helmet, Nirvana, Will Heaven … . Wir dachten, wir könnten eine Art von ungewöhnlichem Rock komponieren, natürlich mit Ausschluss der Gitarren. Wir mussten einen harten Drummer finden, der manchmal wild und leidenschaftlich, manchmal aber auch subtil sein kann. Wir fanden Yohan drei Jahre später und dann ging alles ziemlich schnell.

Eure Musik beschreibe ich als depressiv, traurig, ohne Hoffnung. Sehe ich das richtig? Die Texte liegen mir zwar nicht vor, aber ich vermute, sie haben was mit vergangener Liebe zu tun. Liege ich da richtig?

Die Texte sind auf der Sammler-Edition, die du über www.kertonestore.com kaufen kannst. ;)
Nein, sie handeln nicht unbedingt von vergangener Liebe. Aber sie könnten durchaus von Liebe, Sex, Schmerz, Tod, vermissten Menschen , perversen Stories handeln. Unsere Musik ist tatsächlich düster, aber das Ziel ist es, dass sie als Null-Hoffnung-Musik wahrgenommen wird. Und ich hoffe, sie ist noch tiefer als das.

Das Piano sorgt für Dramatik, der Gesang für Verzweiflung, das Schlagzeug ist stimmig eingesetzt. Ist es für Euch schwer die Ideen zur Musik umzusetzen? Wie lange habt ihr an dem Album gearbeitet?

Wir nahmen das Album in den Vereinigten Staaten im Juli/August 2008 auf. Also in zwei Monaten. Davor komponierten wir fünf Songs innerhalb von drei Monaten, die wir für das Studio in L.A. vorbereiteten. Die anderen fünf Songs schrieben wir schon früher. Die stammen ja von unserer EP.

Mit “Where Did You Sleep Last Night?” habt ihr einen Song von Nirvana gecovert. Wieso gerade diesen Track?

Das ist kein Song von Nirvana. Nirvana coverten ihn selbst. Es ist ein Lied, das Hardy Led Better geschrieben hat. Aber es ist eine Art Folk-Song ohne, dass ein Autor genannt werden kann.
Wir spielten diesen Song, weil wir schnell etwas Exaktes ‘ersten Grades’ haben wollten. Und was derb ist, in dieser Zeit war ich selbst verwundert über mein Privatleben: “Girl, don’t lie to me! Where did you sleep last night…?”.

Eure Musik ist kein wirklicher Metal und doch wurde “Amen” in vielen Metal-Mags besprochen. Wie erklärt ihr Euch die Begeisterung aus der Metal-Szene für Eure Musik? Vielleicht wegen der gemeinsamen Vorliebe für Klassik?

Vielleicht. Aber ich denke einfach, dass Metalfans diejenigen sind, die kreischende Vocals in der Musik verstehen; mehr als Pop/Rock-Fans. In kleinen Clubs der DIY-Szene spielen wir öfter mit einigen Hardcore/Screamo-Bands, oder Post-Metal/Post-Hardcore-Bands zusammen.

Ross Robinson war Euer Produzent. Wie seid ihr zu ihm gekommen? Er ist ja bekannt für Bands wie KORN oder SLIPKNOT. Da sind MOPA ja doch ganz anders.

Er hat auch At-The-Drive-In, The Cure, Bloodbrothers, Glassjaw etc. produziert. Und das sind Bands, die M.O.P.A. schon ähnlicher sind. Ich liebe Korn und was soll ich sagen … Ross kontaktierte uns via MySpace und es war ein unglaubliches Glück nun diese großartigen Produktion-Referenzen vorweisen zu können. Aber wir haben ihn nicht nur aus Soundgründen ausgewählt, sondern auch, wie er mit künstlerischer Führung den Bands ein Ziel setzt. Wenn du die Kraft siehst, die er in Bands wie Sepultura, At-The-Drive-In, Norma:Jean oder Korn gesteckt hat … das ist unglaublich. Dieser Mensch ist der Typ, der bei dir einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Er ist nicht der Produzent mit Zigarre, der sagt: “… hier ein zweiter Vers, hier eine Violine, hier ein Chorus …”. Es ist mentale Arbeit. Er nennt es ‘mentale Chirurgie’. Es ist ein bisschen mystisch und hört sich seltsam an, aber es ist die pure Wahrheit. Dieser Typ verbindet Musik mit unsichtbaren Kräften. Kräfte, die jeder kennt, ohne dass man über sie jeden Tag spricht.

Wie kann man sich einen Live-Gig von Euch vorstellen?

Ich schätze, es ist eine Art sonderbares Konzert. Die Leute sagen: “eine Erfahrung”. Cool, so was darüber zu hören. Damit ist gemeint, dass M.O.P.A.-Shows nicht flach und gewöhnlich sind. Wir geben 200% unserer Herzen und meistens auch unserer Körper, in unseren Konzerten. Wir planen nicht, sondern versuchen so natürlich und extrem zu sein, wie wir können; auf gefühlvolle Art und Weise.

Frankreich ist bekannt für avantgardistische Musik. Gibt es befreundete Bands?

Ich denke doch … also ich persönlich habe gute Freunde in einigen unglaublichen französischen Bands, Gojira, Hypno5e, Dona Confuse, Manimal, Sleeppers …

Was hören MOPA privat?

Folk, Indie-Pop, Grindcore, Noise und Mainstream-Musik mit großartigem Beat von Kings Of Convenience zu den Black Eyed Peas, Gaza, Monotonix, Clues, Architect, Deftones …. Viele Sachen halt. Aber niemals Reggae oder Jazz.

Wie sieht die Zukunft von MOPA aus? Wann können wir ein neues Album erwarten?

Oh, zur Zeit ist noch nichts geplant. Das Album kam ja grad erst vor drei Monaten heraus. Aber wir sind immer am Schreiben neuer Songs. Und wir sind sehr stolz auf diese neuen.

Danke für das Interview. Möchtet Ihr den Lesern von Bloodchamber.de noch was sagen?

Wir danken den Leuten, die immer noch Platten oder Bandshirts kaufen. Oder wirklich Konzerttickets erwerben. Alle Bands brauchen finanzielle Unterstützung. Und derzeit ist es überall kritisch und die Kultur wird sonst als erstes sterben. Wir benötigen Unterstützung zur Fortsetzung unserer Tour, unsere Platten zu zahlen, unsere Poster, Konzerte etc.. Wir danken Euch!
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