Positiv statt negativ


Interview mit Crowbar
Sludge Metal aus USA - New Orleans, Louisiana
Interview mit Kirk Windstein (v. + g.) von CROWBAR am 07.02.2011 per Telefon für die Radiosendung Mosh-Club auf Radio T in Chemnitz: www.mosh-club.de.vu und www.radiot.de
Auf der Seite der Sendung könnt ihr euch das Interview als mp3 runterladen.

Björn: Kirk, hast du dir gestern den Super Bowl angesehen?

Kirk:
Ja, habe ich sogar und es war ein gutes Spiel. Im Hinterkopf hatte ich allerdings noch das letzte Jahr wo die Saints (New Orleans Saints, Football Team aus Kirks Heimatstadt – bjg) im Finale waren und gewonnen haben, das hat natürlich alles überstrahlt. Gutes Spiel, aber nichts im Vergleich zum letzten Jahr.

Gibst du eigentlich gerne Interviews? Viele Musiker schwanken irgendwo zwischen den Extremen es als Teil des Jobs zu sehen oder Interviews zu geben, weil sie eine Art Statement verbreiten wollen.

Doch, ich mag es. Gegen Telefoninterviews hab ich nichts und persönliche Interviews genieße ich sogar, Email-Interviews hingegen mag ich nicht so, man kann oft nicht verstehen, was der Fragesteller jetzt genau will.

Bist du denn jemand, der Interviews mag, weil er was zu sagen hat, weil er seine Meinung verbreiten will?

Ich mag es ganz einfach, über CROWBAR, DOWN und KINGDOM OF SORROW zu sprechen und damit diese Bands zu promoten. Ich hör mir die Fragen an, beantworte sie und wenn es passt, gebe ich auch meine Sichtweise auf Dinge dazu.

Dann lass uns doch über die neue CD „Sever the wicked hand“ sprechen, steckt hinter dem Titel eine tiefere Bedeutung oder kam der dir einfach so in den Sinn?

Ich schreibe immer über Sachen des täglichen Lebens und der Titel „Sever the wicked hand“ (die böse Hand abtrennen – bjg) ist eine Metapher dafür, sich der negativen Sachen im Leben zu entledigen und positiv weiterzumachen. Ich selbst habe ja gerade so einen Wandel durchgemacht und mit dem Trinken und den Drogen komplett aufgehört, ich esse jetzt gesund und mache etwas Sport, ich bin schließlich nicht mehr der Jüngste. Das ist meine eigene Bedeutung des Titels, überwinde die negativen Teile des Lebens und schau positiv nach vorne.

Passen für dich die positiven Texte zu der dunklen Musik?

Bei den ersten zwei oder drei CDs war es nicht unbedingt so, aber jetzt sind die Texte schon seit ein paar Alben sehr positiv, auch wenn sie dark, heavy und harsh gesungen sind. Auch wenn man aggressiv singt, können die Texte durchaus positiv sein. Das passt.

In dem Videointerview für Century Media zum neuen Album erwähnst du den Fluss des Albums und dass dieser dir besonders wichtig ist. Allerdings sind die Songs über fast sechs Jahre entstanden, wie ist es zustande gekommen, dass die Songs so zusammenpassen?

Keine Ahnung, vielleicht einfach nur Glück. Aber in Wirklichkeit sind nur kleine Teile über die letzten Jahre entstanden. 80 Prozent haben wir vielleicht im August 2010 zusammengefügt und deswegen klingt es vielleicht auch so.

Ist das denn deine normale Arbeitsweise jeden Tag ein bisschen was zu schreiben oder gehst du manchmal an die Sache ran, indem du dir vornimmst eine ganze CD zu schreiben?

Normalerweise bin ich nicht in der Stimmung, soviel auf einmal zu schreiben, das war schon etwas außergewöhnlich, weil ich sonst immer unterbrochen werde, wenn ich z.B. gerade etwas für CROWBAR schreibe und dann zwei Monate mit DOWN auf Tour gehen muss. Wenn ich dann aber mal in Stimmung bin und Zeit habe, dann schreibe ich auch gerne mal zwölf Songs am Stück und nehme sie dann auch gleich auf. Dieses Mal war es etwas anders, es hat aber auch großartig funktioniert.

Inwieweit sind denn auch die anderen beim Schreiben der Songs involviert oder kommen sie erst beim Arrangieren der Lieder dazu?

Die anderen der Band? Normalerweise komme ich mit 90 Prozent der Riffs an, es fühlt sich einfach so am natürlichsten an, wenn sie erst beim Arrangieren dazugekommen. CROWBAR ist halt meine Kreatur und so ist es halt. Die anderen kommen dann mit Ideen an, wie die Riffs gestaltet werden sollen, vielleicht etwas schneller oder sollten wir eine Heavy Metal Section einbinden, eine Off-Beat Metal Section oder was auch immer. Sie helfen dabei den Sound der Band zu dem werden zu lassen, wie er ist.

Was ist das für ein Gefühl, jetzt wieder alleine am CROWBAR Material zu arbeiten im Gegensatz zum Schreiben der Songs für DOWN und KINGDOM OF SORROW.

Bei CROWBAR war es halt schon immer so, bei DOWN kommen dann fünf Leute zusammen, die allesamt großartige Komponisten sind, und bei KINGDOM OF SORROW kommen Jamey (Jasta von HATEBREED – bjg) und ich zusammen, die beide für ihre Hauptbands alles alleine schreiben und so arbeiten wir eigentlich auch bei KINGDOM und fügen das dann nur noch zusammen.
Bei CROWBAR bin ich ja auch noch Sänger und habe so beim Schreiben der Riffs auch schon immer die Gesangslinien im Kopf und dann fügt sich alles zusammen, wohingegen ich bei den anderen Bands nur für Riffs zuständig bin und sie dann den anderen vorstelle und sie um ihre Meinung frage.

Beeinflusst dich eigentlich noch dein Leben, deine Umgebung beim Schreiben von Songs oder kannst du einfach den Schalter umlegen und loslegen? In dem Videointerview hattest du erwähnt, dass du in den sechs Jahren seit der letzten CD in über 30 Ländern warst und geschieden worden bist.

Ja, ich hab schon so viele CROWBAR CDs geschrieben und weiß worauf es ankommt und was ich ausblenden muss. Außerdem schreibe ich immer hier zu Hause in New Orleans und das ist sehr angenehm für mich. Wenn ich jetzt für drei Monate irgendwo hingehen würde um ein Album zu schreiben und aufzunehmen, würde es schon etwas anders klingen. In dieser Art und Weise hilft mir meine Umgebung.

Deine Alkoholsucht und das Überwinden dieser hast du auch angesprochen. Kannst du dich an den Moment erinnern als du festgestellt hast, dass du süchtig bist und hat dir irgendwer dabei geholfen?

Eigentlich begann es damit, dass es mit DOWN immer hektischer wurde und wir nur noch am Touren und auf Reisen waren. Ich habe kein Problem damit jeden Tag ohne Pause zu spielen, denn so ist es mit CROWBAR seit 1991, da wir uns einfach nicht mehrere freie Tage zwischen den Konzerten leisten können. In Europa spielen wir z.B. 25 Konzerte an 26 Tage, das empfinde ich als normal und an freien Tagen verliert man auch Geld.

Bei DOWN ist es mit Phil (Anselmo – bjg) so, dass er nicht mehr als drei Konzerte am Stück singen kann, und dann hatten wir Touren wie z.B. in Australien wo wir einen Tag gespielt haben und dann am nächsten Tag zum nächsten Ort geflogen sind. Da verbringst du einen Tag zwischen den Konzerten nur am Flughafen, im Flugzeug und im Hotel und langweilst dich. Heimweh und Erschöpfung kam dazu und so wurden diese Ruhetage zu Trinktagen.

Irgendwann bin ich dann mal im Bett aufgewacht, mein Herz raste, ich zitterte und fühlte mich beschissen solange bis wieder etwas zu trinken hatte. Das war einfach zu viel und ich musste damit aufhören … jetzt bin ich auch schon sechs Monate trocken, es funktioniert gut. Ich habe allerdings auch nie behauptet, dass ich nie wieder trinken werde. Ich habe jetzt einfach gelernt ohne Alkohol zu leben und das war eine ganze Menge, die ich neu lernen musste. Ich war früher beim Schreiben und Aufnehmen von Songs nie nüchtern und bin auch nie ohne Alkohol gereist, aber es funktioniert genauso gut ohne Alkohol.

Du bist gerade von der kleinen England Tour zurückgekommen, wie lief es denn ohne Alkohol ab, wenn alle um dich herum trinken?

Das macht mir gar nichts aus, wenn die trinken. Ich trinke dann alkoholfreies Bier, ich liebe z.B. Beck's alkoholfrei mit den blauen Etiketten. Ich hab dann ein kühles Getränk, das sogar wie richtiges Bier schmeckt. Das reicht mir.

Ich versuche mich aber auch zu beschäftigen mit meinem Computer, ich gebe Interviews und tue positive Sachen, so dass die Zeit bis zum Auftritt wie im Fluge vergeht. Danach treffe ich noch Fans und lasse mich mit ihnen fotografieren, und so kriegt man den Tag schon irgendwie rum.

Viele Bands und Musiker sind irgendwie von CROWBAR beeinflusst, auf der anderen Seite bist du aber auch ständig in Kontakte mit jüngeren Bands und Musikern wie KILLSWITCH ENGAGE, deren Gitarrist das Cover gestaltet hat, mit Jamey Jasta spielst du bei KINGDOM OF SORROW und auch sonst triffst du viele jüngere Leute. Beeinflussen diese dich denn auch irgendwie?

Vielleicht verpassen sei einem einen Tritt in den Arsch, wenn man schon so lange auf Tour ist und alles als normal hin nimmt. Es war ja bei mir nicht nur so, dass ich mit dem Trinken aufgehört habe und mich jetzt gesünder ernähre, es war wie eine Wiedergeburt und ich fühle mich wieder jung und bin hungrig nach Erfolgen mit der Band. Wir können jetzt mit CROWBAR auf ein Level vorstoßen, wo wir in den letzten 20 Jahren noch nie waren, und dafür sollte ich doch lieber fit sein. Wir haben jetzt die besten Songs unserer Karriere geschrieben, wir klingen gut und wir geben jeden Abend 200 Prozent. Und gerade mit diesen jungen Leute abzuhängen, gibt dir nochmal einen Tritt in den Hintern und verschafft dir wieder den Hunger auf Erfolg und die Lust darauf, selbst ein paar Ärsche zu treten.

Was können wir in 2011 denn von CROWBAR ganz speziell in Deutschland erwarten? Vielleicht eine Tour und ein paar Festivals, für das Summer Breeze seid ihr ja jetzt schon bestätigt.

Eine Tour wird wohl kommen, aber beim Summer Breeze seh ich uns noch nicht spielen. Die sechs Wochen vorher spiele ich hier in den Staaten mit KINGDOM OF SORROW auf der Mayhem Festival Tour und die endet nur ein paar Tage vor dem Summer Breeze. Mein Ziel ist es eigentlich, für eine komplette Tour mit 30 Konzerten in allen Ländern im Herbst herüberzukommen, direkt nach den Festivals und bevor es richtig kalt wird.

Aber nochmal zurück zum Summer Breeze Festival, HATEBREED spielen dort ja auch, wäre das nicht auch eine Chance dort mit KINGDOM OF SORROW aufzutreten?

Ich denke nicht. Jamey Jasta ist momentan unser Manager und er und der Booker haben da wohl etwas durcheinander gebracht und beide Bands gebucht statt nur HATEBREED. Wenn ich vom Mayhem Festival nach Hause fliege, muss ich zwei oder drei Tage später schon wieder zum Summer Breeze fliegen und hätte so gar keine Zeit mit der anderen Band zu proben und mich auf den Auftritt vorzubereiten. Für CROWBAR würde das auf jeden Fall nicht funktionieren, bei HATEBREED sieht das anders aus, denn die Band kann auch ohne ihren Sänger proben, ich allerdings spiele noch Gitarre. Außerdem wollen wir ja auch vernünftig eingespielt sein und gut klingen und das braucht seine Zeit und wird wohl in der kurzen Zeit dazwischen nicht möglich sein.

Dann darfst du dir zum Abschluss des Interviews noch einen Song einer anderen Band für die Radiosendung wünschen. Etwas aus den Bereichen Punk, Hardcore und Metal.

Irgendwas? Darf es auch really heavy stuff sein?

Na klar.

Dann etwas Metal: „Wheels of steel“ von SAXON.
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