Metal ist der beste Weg, das Licht und das Gute zu zeigen


Interview mit Orphaned Land
Progressive Folk Metal aus Israel - Petah Tikva
ORPHANED LAND aus Israel verbindet Metal mit orientalischer Musik. Und von Misanthropie keine Spur: Das Quintett widmet seine Texte der friedlichen Koexistenz der Kulturen, besingt die Versöhnung der monotheistischen Religionen. Gitarrist Chen Balbus erklärt, was die Band bewegt.

Euer aktuelles Album „All is One“ ist direkter, härter als seine Vorgänger. Warum?

Die früheren Alben waren sehr komplex und progressiv, hatten längere Songs und komplexe Gitarrenriffs und so weiter. Da kam uns die Idee, mal etwas Neues auszuprobieren, etwas, dem einfacher zuzuhören und das leichter zu verstehen ist. Das hatten wir zuvor noch nie gemacht – und es ist das bis jetzt erfolgreichste unserer Alben geworden.

Es wurde in Israel, in der Türkei und in Schweden aufgenommen – Zufall, dass es sich um jüdische, muslimische und christliche Länder handelt?

Ja, das war ein netter Zufall zu sehen, dass das Album seinem Titel „Alles ist eins“ entsprechend in Ländern mit den drei monotheistischen Religionen entstand.

„All is One“: Der Name weist darauf hin, dass Juden und Muslime Nachkommen von Abraham sind?

Genau. Der Song „Brother“ handelt sogar direkt von der Geschichte über Isaak und Ismael als Anspielung auf den Krieg zwischen Juden und Arabern heutzutage – wir sind alle Brüder, wenn man mal zurückschaut.

Ihr nennt Euren Stil Oriental Metal. Was bedeutet das?

So, wie sich die Genres des Schwedischen oder des Finnischen Metals entwickelt haben, als sie ihre Kultur als Einfluss auf ihre Musik nutzten, ist es auch bei uns. Wir nahmen alle möglichen Dinge unserer Herkunft und Kultur als Inspirationsquellen und kombinierten diese mit unserer Musik. Daraus kreierten wir das Oriental Metal genannte Genre, eben als eine Band des Mittleren Ostens.

Welche – musikalischen – Einflüsse inspirieren Eure Arbeit?

Jeder von uns bringt sein eigenes Ding mit von seinen Wurzeln her. Beispielsweise ist unser Bassist Ägypter und Tunesier und ich bin zum Teil spanisch. Wir nehmen unsere traditionellen Elemente und überlegen, wie wir diese im Metal nutzen können.

Einigkeit durch Musik könnte man Euer Prinzip nennen?

ORPHANED LAND ist heute eine der einflussreichsten Bands da draußen, die für den Frieden durch die Kraft der Musik werben. Wir sagen immer, dass Musik unsere Religion ist und diese hat sich als erfolgreich erweisen, Schranken zu durchbrechen und uns alle zu einen – koste es, was es wolle.

Warum habt Ihr Metal für Eure versöhnliche Botschaft ausgesucht?

Ich glaube, dass Metal das ehrlichste und rauste Genre von allen ist. Du bekommst hier die Chance, der Welt deine eigene Wahrheit mitzuteilen. Weil Metal für viele Leute solch eine einflussreiche Musikrichtung ist, könnte sie sogar als eine Art Religion erachtet werden. – Es ist der beste Weg, das Licht und das Gute zu zeigen, statt nur die dunkle Seite.

Ihr dürft in arabischen Ländern nicht spielen, habt dort aber viele Fans. Wie fühlt sich das an?

Besser als ich das mit Worten beschreiben kann. Eine israelische Band wird von unzähligen arabischen Fans unterstützt, während unsere sogenannten politischen Führer uns kein Leben in Frieden schaffen können.

Ihr fühlt Euch als Botschafter des Mittleren Osten, habt Ihr mal gesagt. Was heißt das?

ORPHANED LAND ist dabei erfolgreich, Menschen verschiedener Kulturen und Religionen enger zusammenzubringen als es die Politiker je getan haben. Fans haben sogar eine Online-Petition eröffnet, um uns für den Friedensnobelpreis vorzuschlagen. Für uns ist das eine erstaunliche Leistung, als Metal-Band Menschen so zu beeindrucken.

Wie würdest Du die Metal-Szene in Israel skizzieren?

Sie wird größer und größer. Jeden Tag scheint es, kommen Bands hinzu, die sich formieren, nach draußen, weltweit touren. Wir haben eben in Israel keinerlei Restriktionen, Metal zu spielen.

Besonders im Black Metal gibt’s auch antisemitische Fans und Bands. Schon mal Probleme oder unangenehme Begegnungen in dieser Hinsicht gehabt?

Glücklicherweise haben wir nichts erlebt, an das man sich erinnern oder zuviel Aufmerksamkeit schenken müsste. Selbst wenn wir ein paar böse Kommentare hatten: Wir geben denen einfach unseren Segen und hoffen, dass sie einen besseren Weg finden werden als den Hass.

Unser Dank geht an Tobias Prüwer, der für uns das Interview führte.
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