War Rages On!


Interview mit Memoriam
Death Metal aus Großbritannien
Nach dem Tod von Martin Kearns wurde BOLT THROWER auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt. Karl Willets fand sich danach mit Frank Healy (der mit BENEDICTION eine längere Pause macht), Scott Fairfax und Andrew Whale zu einer neuen Gruppe zusammen. MEMORIAM ist nun nicht mal ein Jahr alt, hat aber in der Zeit schon einiges zu Werke gebracht. Im Herbst geht es in die Hellfire Studios, um einen Langspieler aufzunehmen. Auf dem Party.San spielte man den zweiten Gig in der Bandgeschichte, aber leider konnten wir uns dort nicht treffen um ein wenig zu plaudern, denn kurz nach dem Auftritt ging es wieder nach England, um das Bloodstock Festival zu zocken. Das hat Karl und Frank aber nicht davon abgehalten, mir ein paar Fragen nachträglich per Mail zu beantworten. Das Endergebnis könnt ihr jetzt lesen.

Wie geht’s? Ihr hattet letztes Wochenende einen strammen Terminplan – wie war es das Party.San und Bloodstock direkt hintereinander zu spielen?


Frank: Wir hatten eine tolle Zeit und auch bei beiden Shows eine Reaktion, die unsere Erwartungen weit überstieg, wenn man bedenkt, dass man viele unserer eigenen Songs vorher noch nicht gehört hat. Es gab ein paar klassische „technische Probleme“ bei der Bloodstock Show, aber insgesamt lief alles gut und wir sehen die Gigs als Erfolg. Die Shows direkt hintereinander zu spielen war gelinde gesagt anstrengend! Um drei Uhr morgens am Samstag aufstehen für den Flug nach Deutschland und dann um ein Uhr morgens am Sonntag aufstehen für den Flug nach England. Ich glaube, wir haben ganze drei Stunden Schlaf über das ganze Wochenende zusammengekriegt!

Ich war ziemlich überrascht, dass ihr schon jetzt hauptsächlich neue Stücke gespielt habt. Klingt, als liefe das Songwriting für das Album schnell und gut?

Frank:
Naja, wir haben bisher ja keine alten Songs von uns selbst, die wir spielen könnten! Wir schreiben Songs lieber sehr schnell und grübeln nicht zu lange darüber nach, um ihnen dieses spontane und eindringliche Gefühl zu lassen. Das ganze MEMORIAM-Konzept ist es unsere eigenen Songs zu schreiben und zu spielen, statt nur Coverversionen von unseren anderen Bands rauszuhauen. Das wäre echt faul und zu einfach. Im Moment spielen wir zu zwei Dritteln MEMORIAM-Songs und das verbleibende Drittel sind Songs von anderen Bands, in denen wir dabei sind/waren; wir haben das Gefühl, dass das eine gesunde Mischung für eine Band ist, die erst sieben Monate alt ist.

Ihr habt einige BOLT THROWER Songs gecovert und auch einen SACRILEGE-Track. Macht ihr das momentan aus reiner Notwendigkeit oder habt ihr euch entschieden, einige eurer Klassiker auch in der Zukunft zu spielen?

Frank:
Wir hatten das Gefühl, einige Coverversionen spielen zu müssen, um MEMORIAM live unterstützend vorzustellen. Wir hätten auch schon ein ganzes Set spielen können, das nur aus MEMORIAM-Tracks besteht, aber mit dem Internet etc. hätte man da unser ganzes Album schon gehört, bevor wir es überhaupt aufgenommen haben! Also haben wir letztlich entschieden, dass es unfair wäre, ein ganzes Set zu spielen, das nur aus unbekannten neuen Songs besteht. Auf welch bessere Weise unsere neuen Sachen vorstellen, als einige Klassiker unserer anderen Bands zu spielen? Wir sind sehr stolz auf unsere kollektive Vergangenheit und haben kein Problem damit, ein paar dieser Songs am Anfang unserer Reise zu spielen. Und bezüglich der Cover in der Zukunft, werden wir einfach abwarten müssen. Wir stehen im Moment ganz am Anfang und da denken wir nicht wirklich über die Aufnahme des Albums hinaus. Wir haben etliche andere Cover, die wir bei Proben jammen. Wenn uns also beim Live-Spielen mal die Lust übermannt, spielen wir vielleicht ein paar davon.

Während die Hellfire Demotracks nach einer recht geradlinigen Death Metal Fortsetzung von BOLT THROWER und BENEDICTION klangen, hat sich mir bei den frischen Stücken ein eher grindiger/crustiger 80er Sound aufgedrängt. Würdest du das bestätigen?

Frank:
Hmm, darüber habe ich ehrlich gesagt nicht nachgedacht. Ich schätze, das muss da drinstecken, wenn man bedenkt, dass drei von uns als Teil dieses Genres groß geworden sind. Ich sehe uns nur als eine traditionelle Death Metal Band, aber jetzt hast du mich zum nachdenken gebracht; ich höre die langsameren Riffs und ja, da ist was dran.

Ist MEMORAM so etwas wie ein frischer Start für euch? Ich meine, an kaum eine andere „neue“ Death Metal Band dürften so hohe Erwartungen gesteckt werden wie an euch. Ist das eine Bürde? Und wie geht ihr damit um?

Frank:
Ja, ich nehme an, es ist ein frischer Start. Die Band ist aus Trauer entstanden. Wir hatten gerade Kiddie (Martin Kearns, BT Drummer) verloren und drei Wochen später meinen eigenen Vater nach einer langen Krebserkrankung. Da BENEDCTION eine lange Pause macht, um ein neues Album neu zu schreiben („re write a new album“ im Original, Anm. des Redakteurs) und BOLT THROWER auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt ist wegen Kiddies Tod, befanden wir uns alle in der Schwebe. Musik ist ein wichtiges emotionales Ventil und wegen der Inaktivität unserer anderen Bands haben wir etwas gebraucht, um uns abzureagieren. MEMORIAM ist für einige von uns das Vehikel dafür. Die Band würde nicht existieren, wenn die erwähnten Tragödien nicht passiert wären. Aus all der Trauer wird etwas Positives in ihrer Erinnerung geschaffen und das hilft uns ein wenig mit der Aufarbeitung, weil wir ein Ventil haben und etwas emotional Erbauliches aus dem Kummer machen können.
Und bezüglich der Erwartungen? Nun, die haben halt all die anderen von uns! Wir sind nur vier Kumpel, die sich seit Jahrzehnten kennen und zusammenkommen, um ein paar Songs zu Werke zu bringen und live zu zocken. Wir fühlen wirklich keinen Druck oder eine Bürde auf uns lastend; wir müssen niemandem etwas beweisen. Wir haben schon unseren angemessenen Erfolg mit unseren anderen Bands gehabt und MEMORIAM ist keine Karriere in dem Sinne, dass wir einen Haufen Schotter machen und Häuser und fette Autos kaufen wollen (wobei das ein netter Bonus wäre!). Ich weiß, das klingt ein wenig pomadig, aber das ist nun mal wie wir uns im Grunde fühlen; versteh das nicht falsch, wir sind überglücklich, diese Aufmerksamkeit zu kriegen und in der Lage zu sein, all das noch einmal zu machen. Die meisten Leute kriegen diese Gelegenheit in der Musik nur einmal im Leben. Wir sind froh, dass wir das ein weiteres Mal machen können!

Ihr habt relativ schnell einen Plattenvertrag unterschrieben. Noch dazu ist es mit Nuclear Blast ein echtes Schwergewicht geworden, da kann ich mir vorstellen, dass ihr euch auf mittel- bis langfristiger Basis verpflichtet habt? Wie kam das zu Stande und mit welcher Motivation diesbezüglich geht ihr das an?

Frank:
Eigentlich läuft der Vertrag gar nicht so lang, aber er ist trotzdem richtig nett! Als wir uns entschlossen haben, bei einem Label zu unterzeichnen, anstatt unser eigenes zu starten (was auch diskutiert wurde), wussten wir, dass wir bei Nuclear Blast unterschreiben würden, wenn sie ein Angebot an uns herantragen würden. Karl und ich kennen Markus Staiger (NB Chef) seit den Anfängen des Labels, ich bin mit BENEDICTION seit 1992 bei ihnen und hatte immer eine ausgezeichnetes Arbeitsverhältnis mit ihnen. Das hat uns die Entscheidung letztendlich leicht gemacht, weil wir etliche Angebote bekommen haben; aber ein langjähriges Arbeitsverhältnis hat uns geholfen, die Richtung einzuschlagen, die wir auch gewählt haben.

Ich habe einen Tweet von dir gleich nach der Brexit-Abstimmung gelesen, in dem es hieß, ihr als Musiker werdet das bei Tourneen im Ausland heftig bemerken. Könntest du da ein wenig ins Detail gehen? Was wird sich ändern, was hat sich vielleicht schon geändert?

Karl:
Ich empfinde mich stark als ein europäischer Bürger und die Brexit-Entscheidung hat mich richtig angekotzt, jede erdenkliche Bedrohung von Bewegungs- und Reisefreiheit wird eine direkte Auswirkung auf die Musikindustrie haben. Die Möglichkeit, Grenzen innerhalb der EU zu überqueren, ermöglicht es uns im Augenblick, ohne weiteres im Ausland zu touren und zu spielen. Wer weiß schon, was die Konsequenzen des Brexit bringen werden, es gibt keinen Plan und es ist noch früh. Also hat sich bis jetzt noch nichts geändert, es ist nur die drohende Veränderung, die ich beunruhigend finde. Eine Sache, die schon Wirkung gezeigt hat, ist das Einbrechen des Pfund Sterling, was auf die Einnahmen aus dem Merchandise Einfluss hatte.

Darf ich mal fragen, was deine BOLT THROWER Kollegen derzeit treiben? Trefft ihr euch noch?

Karl:
Ehrlich gesagt haben wir uns nie wirklich getroffen, als die Band noch voll aktiv war, wir haben uns nur zur Vorbereitung von Konzerten getroffen. Jetzt wo die Band auf Eis liegt, sehe ich sie gar nicht. Ich habe also keinen Schimmer, was sie so treiben.

Ich glaube, der Krieg war das einzige lyrische Thema, das du je benutzt hast. Das geht von Fiktion über historische Inspiration und Dokumentation. Dazu habe ich zwei Fragen: Erstens, wie scharf ziehst du die Line zwischen Fakt und Fiktion, wenn überhaupt?

Karl:
Da gibt es keine Grenze, es bewegt sich frei zwischen Fakt und Fiktion; allerdings würde ich einwenden, dass die Texte nicht gänzlich auf Krieg selbst fokussiert sind, ich schlage vor, dass Krieg eine Analogie des Lebens ist. Die Texte, die ich schreibe tendieren dazu, sich auf die Mühen des Lebens/Krieges zu konzentrieren und auf die psychologischen Auswirkungen, im Gegensatz zu den Mord-und-Totschlag-Aspekten.

Zweitens gibt es da diese Binsenweisheit, Krieg bliebe immer gleich. Die Kriegsführung aber hat sich in den letzten 20 Jahren zum Beispiel sehr drastisch geändert und ändert sich natürlich weiter – hat sich auch deine Rezeption von Krieg geändert? Wie gehst du mit so etwas beim Schreiben um?

Karl:
Ich denke, ich nähere mich der Thematik eher ambivalent, weder habe ich Krieg je glorifiziert noch als schlechte Sache bejammert – er ist einfach Fakt, eine Sache, die in der ganzen Menschheit vorherrschend ist und in unserer Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft existiert. Ich finde dieses Thema faszinierend und immer wieder inspirierend.

Das war’s erstmal. Vielen Dank! Die letzten Worte gehören euch!

Sehr schön, danke für deine Unterstützung! Ich möchte mich auch bei allen bedanken, die MEMORIAM auf unserer bisherigen Reise unterstützt haben, wir stehen noch ganz am Anfang als Band und wir sind wahnsinnig gespannt, was die Zukunft uns allen bringt.
War Rages On!!!!!!!
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