Last Fair Day Gone Night - An Evening with Katatonia

Last Fair Day Gone Night - An Evening with Katatonia

Katatonia
Köln, Bürgerhaus Stollwerck
05.05.2011
Wenn gute Freunde einen runden Geburtstag feiern, honoriert man das in der Regel mit einer gehörigen Portion Vorfreude, Respekt, Zuneigung und manchmal auch ein wenig Alkoholkonsum. Als jahrelanger musikalischer Begleiter haben sich KATATONIA im Laufe der Zeit einen Stellenwert erarbeitet, den man schon fast als freundschaftlich bezeichnen kann. Von den schwarzverhüllten Düstertagen der Anfangszeit über die melancholisch-wuchtige Mittel-Epoche zum aktuellen noch immer nicht allzu fröhlichen Dunkelrock-Zeitpunkt; von kleinen Clubshows vor faszinierten Besuchern bis hin zu medialen Großereignissen wie Rock am Ring: man war dabei, wenn KATATONIA ihren unnachahmlichen Sound zum Besten gegeben haben. Und schon immer hatte man das Gefühl, Teil von etwas Besonderem gewesen zu sein – auch wenn die Shows nicht immer perfekt über die Bühne gingen.
Zwanzig Jahre werden die Schweden in diesem Jahr alt. Zwanzig Jahre, in denen sie zahlreiche Bands musikalisch beeinflusst haben und in denen sie ihre Zuhörer mit traurigen Tönen eine emotionale Rührseligkeit verpasst haben, die sonst kaum eine andere Band erzeugen kann. „Last Fair Deal Gone Down“ markiert die Halbzeit im großen katatonischen Spiel. Aus diesem Grund hat sich die Band um Sänger Jonas Renkse dazu entschlossen, auf der „Last Fair Day Gone Night – An Evening with Katatonia“-Tour, das komplette Album, sowie ein paar Überraschungen zu präsentieren. Ein ganzer Abend KATATONIA, der einzige Gig in Deutschland…die einleitend erwähnte Vorfreude, der Respekt und die Zuneigung sind garantiert. Der Alkoholkonsum bleibt dafür heute aus…

…denn auf der Reise nach Köln muss auf das Auto zurückgegriffen werden. Schließlich ist Donnerstag und morgen ruft wieder die Arbeit. Dennoch pilgern zahlreiche Besucher in das Bürgerhaus Stollwerck, das dann schlussendlich mit schätzungsweise 400 Besuchern auch ausverkauft ist. Im weiten Rund ist die hohe Erwartungshaltung spürbar. Schon nach kurzer Zeit hat die gierige Masse sämtliche Tourshirts aufgekauft. Als die Band dann mit „Dispossesion“ in den Abend startet, herrscht vorerst Begeisterung im Festsaal. Der Opener wird frenetisch abgefeiert und mit vielen klatschenden Händen zelebriert. Während sich der gewohnt zurückhaltende Jonas Renkse nun für den Rest des Abends hinter seinem Mikro und seinen langen Haaren verkriecht, bewegen sich Jan Eriksson und Anders Nyström zumindest phasenweise über die Bühne und interagieren mit dem Publikum. Allerdings standen KATATONIA noch nie für spektakuläre Shows und Spielchen mit den Gästen. Die Musik rückt ins Zentrum des Geschehens und das ist auch an diesem Abend so. Auch live fällt das ungeheure Potential von „Last Fair Deal Gone Down“ auf, denn Titel, die man nicht so häufig zu Ohren bekommt, wie „Chrome“ oder „Passing Bird“ wissen absolut zu gefallen. Daneben sind es die Klassiker „Teargas“ und „Sweet Nurse“, die für hochgezogene Mundwinkel sorgen. Eine vereinnahmende Energie strahlen aber auch die ruhigeren Titel „Tonight’s Music“ und „The Future of Speech“ aus. Einziger Schwachpunkt ist das schlichtweg langweilige „We must Bury You“. Ansonsten verläuft der Gig ohne großartige Zwischenfälle. Dass Drummer Daniel Liljekvist zwischenzeitlich einen seiner Drumsticks verliert, ist vielleicht noch der größte Hingucker.

Nachdem ich den zweiten Teil des Sets fast verpasst hätte, weil ich unser Auto vorm Abschleppwagen retten musste (die Parkplatzsituation rund ums Bürgerhaus ist grauenhaft!), erreiche ich schließlich bei „Nephilim“ wieder den Platz vor der Bühne, um zu erfahren, dass mir mit „Brave“ eine der großen Überraschungen des Abends entgangen ist. An den Growl-Gesang hat sich Jonas länger nicht heran gewagt. Heute probiert er es – ohne zu überzeugen. So zumindest lautet das Zuhörer-Feedback in diesem Moment. Auch der weitere Verlauf des Abends ist etwas zwiespältig. Auf der einen Seite überzeugt Jonas (klar-)gesanglich wirklich sehr. Dazu versorgt der Soundmann das Stollwerck mit einem astreinen Klang und es entstehen einige Gänsehautmomente. Auf der anderen Seite ist die Songauswahl nicht absolut zufriedenstellend. Natürlich akzeptiert man Überraschungen wie „Wait Outside“ oder „Dissolving Bonds“. Man kann auch damit leben, dass der aktuelle Output etwas stärker frequentiert wird. Dennoch bleibt ein fader Beigeschmack, da um „Viva Emptiness“ ein kompletter Bogen gespannt wird und einige Klassiker wie „Had to Leave“ oder „Cold Ways“ schmerzlich vermisst werden. Alle Zuhörer kann man sowieso nie zufrieden stellen. Und dass meine Wenigkeit nunmal „Viva Emptiness“ zum Lieblingsalbum erkoren hat, können die Jungs ja nicht wissen.

Schlussendlich ist man alles andere als enttäuscht worden. Vor allem der erste Teil des Abends darf als denkwürdig bezeichnet werden. Fast zweieinhalb Stunden KATATONIA, viele außergewöhnliche Songs, ein fast abgeschleppter PKW, eine freundliche Geburtstagsstimmung und jede Menge Gänsehaut werden in Erinnerung bleiben. Man kann einen 20.Geburtstag sicher ausgelassener feiern. Aber KATATONIA bleiben sich auch beim Feiern treu: gelassen, ruhig, nachdenklich und dennoch mitreißend. Auf die nächsten 20 Jahre!!!

Setlist:
Set #1
Dispossession
Chrome
We Must Bury You
Teargas
I Transpire
Tonight's Music
Clean Today
The Future Of Speech
Passing Bird
Sweet Nurse
Don't Tell a Soul

Set #2
Brave
Nephilim
My Twin
I Break
Right Into the Bliss
The Promise of Deceit
Wait Outside
The Longest Year
July
New Night
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Dissolving Bonds
Forsaker
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