Death Angel Accu§er & Torment Tool

Death Angel, Accu§er & Torment Tool

Accu§erDeath AngelTorment Tool
Essen, Turock
09.07.2011
Wenn man denkt, es geht vor lauter Sommerfestivals nichts mehr, kommt von irgendwo der Thrash Metal Express her. So geschieht es an diesem Samstag, dass DEATH ANGEL einen Zwischenstopp im Essener Turock einlegen, begleitet von TORMENT TOOL und ACCU§ER, die wenige Tage vor der Veröffentlichung ihres neuen Albums heiß darauf sind, dem Pott ein paar neue Lieder um die Ohren zu schmettern.

Der dialektale Anklang der Ansprachen verrät, dass TORMENT TOOL nicht gerade aus der großen weiten Welt nach Essen gekommen sind, sondern aus Baden-Württemberg. Getreu dem Mottos ihres Bundeslands kann sich aber der Thrash Metal des Quartetts durchaus sehen lassen. Die hörbaren Einflüsse erstrecken sich von IRON MAIDEN über METALLICA bis zu SLAYER, was sicher nicht die unbekanntesten Landmarken sind, aber eben auch keine schlechten, und das würdigt das Publikum angemessen. Was Bassist Tobias zu den zwei langhaarigen Bombenlegern an den Gitarren frisurtechnisch fehlt, versucht er recht erfolgreich mit Engagement wettzumachen. Selbst wenn vor allem der Backgroundgesang noch verbesserungswürdig ist, erfüllen TORMENT TOOL den Job als Anheizer gut und bestätigen ihr sympathisches Auftreten später auch am Merchstand. Auch im Hinblick auf das für nächstes Frühjahr geplante neue Album darf man die vier gut und gerne im Auge behalten.

Ja ja, sie sind nicht mehr die jüngsten und haben eine längere Pause hinter sich. Aber was bereits das tolle neue Album und der Auftritt beim Metropole Ruhr angekündigt haben, bestätigt sich auch heute Abend: ACCU§ER sind nicht nur heiß, die Lunte brennt im positiven Sinne an beiden Enden. Obwohl Siegen ein paar Kilometer von Essen entfernt ist, werden die vier alten und drei neuen Lieder vom Publikum wie bei einem Heimspiel angenommen und in (Bang-)Energie umgesetzt. Die Klasse der neuen Lieder setzt sich sofort durch, so dass kaum Unterschiede in den Reaktionen wahrnehmbar sind, obwohl das Album erst einige Tage später veröffentlicht wird. Wie schon beim Metropole Ruhr ist neben Frontmann Frank Thoms Bassist Frank Kimpel der große Aktivposten in der Band, der das Publikum unermüdlich anfeuert, zum Mitmachen auffordert und sich am Sichtbarsten über jedwedes Engagement freut. Der noch immer erst recht frisch dazugestoßene Leadgitarrist Uwe konzentriert sich dagegen vorwiegend auf sein Spiel, was bei den zwei Rampensäuen neben ihm aber eigentlich gar nicht schlecht ist, weil das Bühnenengagement sonst in manchen Momenten vielleicht schon einen Tick zu aufgedreht sein könnte. Dank der Spielfreude, des guten Sounds und der mitreißenden Liedauswahl ein bärenstarker Auftritt.

Gut, bärenstark, DEATH ANGEL lautet die zwingend erforderliche Beschreibung der Steigerungen an diesem Abend, denn was die Kalifornier heute Abend veranstalten ist eine Offenbarung und nah an der Perfektion. Der kristallklare und druckvolle Sound könnte kaum besser sein, die vielen Lieder vom letzten Album “Relentless Retribution“ passen nicht nur perfekt in das Set, sondern stechen in meinen Ohren die älteren Lieder sogar knapp aus und die Band verbreitet einen Spaß, der seinesgleichen sucht. Wo man vor der Bühne auch hinsieht, erblickt man ein Meer aus fliegenden Haare und tobender Meute, und dem stehen die fünf auf der Bühne in nichts nach. Sänger Mark Osegueda ist in seinem Bewegungsdrang kaum zu bremsen, Rob Cavestany und Ted Aguilar zaubern ein messerscharfes Riff nach dem anderen aus bzw. auf ihren Gitarren, dass so manches x-mal gefaltete Katana im Vergleich stumpf wie ein altes Buttermesser aussehen lässt. Dazu ist Bassist Damien Sisson, dank der langen rotblonden Mähne und dem freien Oberkörper quasi der Quotenwikinger der Band, enorm agil und könnte vermutlich allein mit seiner von schlitzohrigem Feixen bis zu purer Lebensfreude schwankenden Mimik den halben Saal unterhalten. Besonderer Höhepunkt des vor Höhepunkten strotzenden, ausgiebigen Sets ist das das letzte Drittel einläutende „Heaven & Hell“, das nicht nur lautstark mitgesungen wird, sondern auch zeigt, dass Osegueda hervorragend „normal“ singen kann. Wenn das kein würdiger Tribut an den verstorbenen Ronnie James Dio und an BLACK SABBATH ist, weiß ich es auch nicht.

Es würde mich nicht wundern, wenn in Addition aus Publikum und Bands fast so viel Schweiß vergossen wie Bier getrunken wurde. Und wenn der heutige Abend nicht eines der drei besten Konzerte des Jahres gewesen ist, dann falle ich vom Glauben ab. Fantastisch!
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