Venom - Temples Of Ice

Venom - Temples Of Ice
Black Metal
erschienen am 31.05.1991 bei Under One Flag
dauert 41:00 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Tribes
2. Even In Heaven
3. Trinity MCMXLV 0530
4. I Memory Of (Paul Miller 1964-90)
5. Faerie Tale
6. Playtime
7. Acid
8. Arachnid
9. Speed King
10. Temples Of Ice

Die Bloodchamber meint:

Wer sich mit der Diskographie von VENOM beschäftigt, stößt eines Tages auf die Periode, als Cronos nicht der Brüllwürfel vom Dienst war. Unter den Arbeiten, die ohne Frontstirnglatze Cronos unter dem Namen „VENOM“ veröffentlicht wurden, fällt neben dem beachtlichen „Prime Evil“ und der EP „Tear your soul apart“ auch die 1991 erschienene Studioscheibe „Temples Of Ice“ und der Nachfolger „The Wastelands“.
Näher betrachtet war VENOM bereits 1986 nicht mehr auf der Höhe seiner Zeit. Das musste die Band auch nicht sein. Anstatt Trends hinterher zu hecheln, wie beispielsweise andere NWOBHM-Helden es taten, blieb VENOM sich auch nach seinem Besetzungswechsel und dem Einstieg von ex-Atomkraft-Frontmann Tony Dolan treu. „Temples Of Ice“ bildet dabei keine Ausnahme. Das Markenzeichen, Punk mit Metal zu einer krustigen und lärmigen Melange zu vermischen, behält die Gruppe auch auf „Temples Of Ice“ bei. Davon, dass mit dem Rausschmiss von Cronos die Qualität gelitten hätte, kann keine Rede sein.
Zu Unrecht ging die Scheibe in dem bunten Wust an Veröffentlichungen von 1991 unter. Zu anachronistisch der Sound, der noch an die Frühphase der Band erinnert. Im selben Jahr veröffentlichte METALLICA sein schwarzes Album, gleich vier Studiowerke aus Seattle krempelten die damalige Rockwelt gehörig um - gemeint sind die Überalben von NIRVANA, PEARL JAM, SOUNDGARDEN und TEMPLE OF THE DOG. Die Death-Metal-Szene kochte auf großer Flamme mit Göttergaben von PARADISE LOST, PESTILENCE, GOREFEST, ASPHYX, NAPALM DEATH, CARCASS, CANCER und CANNIBAL CORPSE. Die „Kinder“ von VENOM gingen zehn Schritte weiter als die Chaostruppe es je vermocht hätte. Dass damals GUNS ’N’ ROSES, RED HOT CHILI PEPPERS und ALICE COOPER das Tagesgeschäft beherrschten, steht auf der kommerziellen Seite des Geschäfts.
Es scheint also, dass all die Umstände eine Scheibe wie „Temples Of Ice“ überschatten würden. Dem ist nicht so. Außer in kommerzieller Hinsicht. Für Fans des britischen Dreiers - 1991 zum Vierer angewachsen - ist gerade die Scheibe ein Trüffel, den man erst einmal frei schaufeln muss, ohne die Vergangenheit der Truppe zu vergessen. Zu sehr erinnert das siebte Album an die alten Glanztaten, als die NWOBHM noch NWOBHM war. Neben Rockern wie „Tribe“, „Even in Heaven“ und „In Memory Of Paul Miller“, glänzt das Trio auch mit melodiösen Nummern wie „Faerie Tale“. Man kann sogar versucht sein, von Tiefgang zu sprechen. Die Truppe rollt auch Nummern wie „Acid“ durch die Gehörgänge, aber immer so, dass der Punk mit seiner Ironie aufblitzt. Von den viel gescholtenen Keyboards höre ich nicht viel.
Nun ist es so, dass niemand sich genötigt fühlen soll, „Temples Of Ice“ einen Besuch abzustatten. Aber die punkig angehauchten Losgeh-Rocker verströmen einen wunderbaren Charme. Ist es Nostalgie, oder einfach nur Liebhaberei? Für mich steht „Temples Of Ice“ ganz oben auf der Playlist, wenn ich VENOM hören will. Ich ziehe sie sogar angeblichen Klassikern wie „At War with Satan“ und „Possessed“ vor. Ich wundere mich, warum der damals geschasste Cronos den Wert der Studioscheibe nicht erkennt. Könnte ich mir den einen oder anderen Track durchaus als würdigen Begleiter der Klassiker „Welcome To Hell“ und „Black Metal“ ganz gut vorstellen. Schon allein um die punkige Version von DEEP PURPLEs „Speed King“ einmal live hören zu dürfen, würden wohl einige Die-Hard-Fans ihr letztes Hemd geben - oder auch nicht.
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