Architects - The Here And Now

Architects - The Here And Now
Alternative / Metalcore
erschienen am 21.01.2011 bei Century Media
dauert 39:10 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Day In Day Out
2. Learn To Live
3. Delete, Rewind.
4. BTN
5. An Open Letter To Myself
6. The Blues
7. Red Eyes
8. Stay Young Forever
9. Heartburn
10. Year In Year Out/Up And Away

Die Bloodchamber meint:

Bands, die von einem Album zum nächsten ihren Sound einer radikalen Veränderung unterziehen, kann ein wenig positives Schicksal ereilen. Trotz positiver Resonanzen seitens der Kritiker werden sich weniger aufgeschlossene Fans abwenden. Mit etwas Glück kann man sich eine neue Fanbasis erschließen, vielleicht aber auch nicht. Dieses Risiko um des eigenen musikalischen Selbstverständnisses willen gehen in der schnelllebigen Musikindustrie nur wenige Kapellen ein. Wer in seiner Stilrichtung nur eine Sackgasse findet und wer die persönlich empfundene notwendige Veränderung durchzieht, der verdient mit Sicherheit erst einmal Respekt.

Bei ARCHITECTS ist die Veränderung nicht radikal, aber überaus deutlich. Die Band schält sich mit „The Here And Now“ aus ihrem sperrigen Soundgerüst und erfindet sich in einem nachvollziehbareren, deutlich softeren Klangbild neu. Wut und Verzweiflung dominierten als Gefühlsassoziationen beim Vorgängeralbum „Hollow Crown“. Cleane Gesangspassagen tauchten dort bereits mitten in den dunkel grollenden Riffwällen unvermittelt auf und dienten im verstörenden, aggressiven Grundtenor als überraschende Positivwendungen. Das neue Album bietet den Cleanvocals Sam Carters ein noch größeres Forum, was für mehr Melodie, konventionellere Songstrukturen (konventionell nach ARCHITECTS-Maßstäben) und eine insgesamt lebensbejahendere Stimmung sorgt.

Als Kritiker dieser Entwicklung kann man argumentieren, dass sich eine vormals widerspenstige, gegen den Strom schwimmende Band sich nun musikalisch ein wenig mehr vom Strom tragen lässt. Einige Fans, die gerade den früheren Hang der Band zu unnachvollziehbareren Strukturen, schwer am Stück zu konsumierenden Alben und von tiefschwarzen Gefühlswelten gezeichneten Klangwelten mochten, werden „The Here And Now“ und dem sanften Stimmchen Sam Carters ablehnend gegenüber stehen.

An der Umsetzung des neuen Stils gibt es aber nicht wirklich etwas auszusetzen. Wohltuend ist, dass ARCHITECTS trotz der Hinwendung zur Nachvollziehbarkeit nach den Einstufungskriterien von radiotauglicher Rockmusik immer noch kaum schnell nachvollziehbar sind - abgesehen von der unvermeidlichen Ballade „Heartburn“, die auch wenig Begeisterungsstürme hervorruft.
Die Gitarren braten wie gewohnt fett; die Songs erschließen sich nicht gleich nach dem ersten Hören; alles lässt sich beim besten Willen nicht in eine Schublade pressen. Das Ganze ist wieder durchgehend von einer hohen Emotionalität geprägt, die aber größtenteils positive Botschaften trägt. Auch in punkto Facettenreichtum und Tiefgang, im Wechsel zwischen einem hohen Aggressionslevel und ausgeglichener Sanftheit kann man auf ganzer Länge überzeugen.

Das Aushängeschild für den neuen Sound der ARCHITECTS zeigt sich dann eindrucksvoll in der 7-Minuten-Marke überschreitenden Song-in-Song-Konstruktion „Year After Year/Up And Away“, die zwischen tobender Wut (unterstützt von THE DILLINGER ESCAPE PLAN Shouter Greg Puciato) und fast völliger Stille alle Stufen auslotet und die Seize-The-Day-Message des Albums deutlich transportiert. Natürlich gibt es deutlich bequemere Songs auf dem Album, hier zeigt sich jedoch gut, dass man es hier mit überaus begabten Songschreibern zu tun hat.

Laut Aussage der Band rührt die neue musikalische Marschrichtung aus einer neu entdeckten, positiveren Lebensauffassung. Von diesem Standpunkt gesehen, ist „The Here And Now“ eine konsequente musikalische Entwicklung, die aber sicher nicht nur Fans haben wird.
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