Vintersorg - Jordpuls

Vintersorg - Jordpuls
Progressive Black Folk Metal
erschienen am 25.03.2011 bei Napalm Records
dauert 46:41 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Världsalltets Fanfar
2. Klippor Och Skär
3. Till Dånet Av Forsar Och Fall
4. Mörk Nebulosa
5. Stjärndyrkan
6. Skogen Sover
7. Vindögat
8. Palissader
9. Eld Och Lågor

Die Bloodchamber meint:

Keine langen Umschweife, denn es geht um VINTERSORG. Haken werden hier von der Musik geschlagen, also sollte die Sprache, die von ihr handelt, um so klarer sein. Es geht um VINTERSORG. Wem dieser Name nichts sagt, der scheint hier entweder neu zu sein, frisch eingetroffen aus seinem Dörfchen hinter den sieben Bergen auf der dunklen Seite des Mondes. Oder er hat sich einfach noch nie wirklich für das Progressive im Metal interessiert. Geschenkt! Muss man ja auch nicht. Man muss VINTERSORG auch nicht lieben. Aber wenn man es anspruchsvoll, abwechslungsreich und vielschichtig haben will, ohne dass immer das ultimative Böse aus dem Keller geholt wird, dann muss man VINTERSORG einfach kennen. Punkt. Noch eine Randnotiz zum Abschluss der Einleitung: Es ist nie zu spät!

Für all diejenigen, die immer noch nicht wissen, was los ist, ein paar Bemerkungen zur Geschichte: "Jordpuls" ist das mittlerweile siebte Album dieser Band um den Gesangsvirtuosen Andreas 'Vintersorg' Hedlund, der seit einigen Jahren auch die Position des Frontmannes bei BORKNAGAR besetzt. Und ganz klar ist: Herr Hedlund ist wohl ohne Zweifel einer der begnadetesten Vokalisten im gesamten Metal-Sektor. Seine Stimme ist ein unverwechselbares Markenzeichen und er kann es in allen Bereichen, ob harsch oder harmonisch, alles ist drin.

Und genau diese Bandbreite zwischen den eindeutigen Black Metal-Wurzeln und dem vielen anderen, das seine Musik ausmacht, wird auch auf "Jordpuls" geboten. Dass VINTERSORG niemals ein reines Prog-Rock-Ding werden wird, macht man hier schon in den ersten Sekunden klar und das Biestige wird auch an anderer Stelle immer wieder ausgepackt. Herrlich gekonntes Gekeife mit aggressivem Riffing, kurzen Blast-Passagen und treibender Doublebass gibts hier regelmäßig, doch nirgends ist das der dominante Teil der Musik, eher ein Kontrapunkt zu all der Virtuosität, die uns von den fünf Musikern geboten wird, die hier am Werk waren.

Wer sich auf die Welt von VINTERSORG einlässt, darf nicht erwarten, dass es einfach wird. Ein allzu durchschaubares Strophe-Refrain-Schema sollte einfach von der Liste der Erwartungen gestrichen werden. Man muss sich damit anfreunden, dass die Songs randvoll gepackt mit Ideen, Breaks und Instrumenten sind. Kritisch ist durchaus einzuwenden, dass es Momente gibt, in denen alles ans Überladene grenzt, doch wirkt hier alles noch ein wenig homogener und stimmiger als auf den BORKNAGAR-Veröffentlichungen der letzten Jahre. Die Musik erfordert ein intensives Einhören, als Hintergrundberieselung funktioniert sie gar nicht. Nur wer sich an die lange Arbeit gewagt hat, sich den einzelnen Songs vorsichtig und aufmerksam zu nähern, so wie man als Wanderer einen Wald in der Morgendämmerung betreten sollte, der wird erleben, wie sich hier Schönheit im Dickicht entfaltet und nur dem werden die vielen zauberhaften Kleinigkeiten auffallen, die zusammen viel mehr sind als nur die Summe ihrer Teile.

VINTERSORG haben es einfach immer noch drauf, ihre ganz eigenen magischen Momente zu produzieren, Melodien zu entwickeln, die unverwechselbar und begeisternd sind und für ungebrochenen Langzeitgenuss zu sorgen, da es hier so viel zu entdecken gibt, dass dies ohne weiteres ein Album für einsame Inseln abgeben könnte. Ganz frei von Kritik kann dieses Review allerdings nicht bleiben. Zugegeben, die Produktion ist super und es grenzt an ein Verhalten, das vielleicht eher einer Prinzessin auf der Erbse zustünde, wenn man bemängelt, dass die synthetischen Streicher und Bläser, also die eher klassischen Musikinstrumente, manchmal einfach ein wenig dünn und billig klingen. Dies fällt insbesondere an den Stellen auf, an denen sie alleine zu hören sind. Hier wäre ein präsenterer und druckvollerer Sound möglich gewesen. Und dann eben die wenigen Momente, in denen das Ganze nahezu zu zerbersten scheint, weil wir neben der klassischen Metal-Besetzung noch Klavier, Marimba, Streicher und gefühlte acht Gesangsspuren gleichzeitig hören. Es ist immens schwierig, dies alles zu einem einheitlichen Sound zu mischen, was fast immer perfekt gelingt und an wenigen Stellen doch ein bisschen zu viel des Guten wird.

VINTERSORG legen also wieder einmal ein bärenstarkes Album vor, bei dem sie sich sämtlicher Tugenden bewusst sind, über die sie verfügen und diese spielen sie auch gekonnt aus. Neue Freunde werden sie hiermit nur unter denen gewinnen können, die sie bislang noch nicht kannten. Wem diese spezielle Spielart des Metal auf den früheren Alben nicht gefiel, der wird auch hier kaum überzeugt werden. An meinen persönlichen Favoriten "Ödemarkens Son" kommt es nicht ganz ran, aber die Latte haben sie sich inzwischen einfach selbst verdammt hoch gehängt.
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