Machine Head - Unto The Locust

Machine Head - Unto The Locust
Modern Thrash Metal
erschienen am 23.09.2011 bei Roadrunner Records
dauert 48:52 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. I Am Hell (Sonata In C#)
2. Be Still And Know
3. Locust
4. This Is The End
5. Darkness Within
6. Pearls Before The Swine
7. Who We Are

Die Bloodchamber meint:

Aus heutiger Sicht ist es schwer vorstellbar, dass MACHINE HEAD nach ihrem in den Himmel gelobten Debüt „Burn My Eyes“ einige Jahre und Alben – sicher auch wegen einiger Besetzungswechsel - nicht recht zu wissen schienen, wo sie hin wollten, so dass böse Zungen ihnen das nach dem Wind ausgerichtete Fähnchen anhängten („The Burning Red“ anyone?) und die Band um ein Haar vertraglos und ausgebrannt hingeschmissen hätte. Erst seit dem ausreichend verschiedene Charaktere involviert sind, um bei den immer noch recht regelmäßig wiederkehrenden internen Reibereien zu vermitteln (in erster Linie ist für die interne Diplomatie wohl Dave McClain zuständig, folgt man z.B. den Interviews der aktuellen Rock Hard), geht es nahezu unaufhaltsam aufwärts. Selbst wer nur die Alben gehört und sich nicht weiter mit der Band befasst hat, dürfte den Beginn der Zusammenarbeit der Formation Robb Flynn, Adam Duce, Phil Demmel, Dave McClain korrekt dem stilistischen und emotionalen Befreiungsschlag „Through The Ashes Of Empire“ zuordnen können. Dem folgte der bekannte Megalodon „The Blackening“, der viele Münder offen stehen ließ, ob seiner mit großen Überlängen glänzenden Lieder jedoch oft wesentlich mehr Kopf als Herz ansprach.

Die elementaren Bestandteile des Stils und Bandsounds dürfen als von diesen beiden Werken ziemlich klar definiert aufgefasst werden und was Technik, Komposition oder Hits von Aufpeitschen bis Aufwühlen angeht, brauchen MACHINE HEAD niemandem mehr etwas zu beweisen. Was soll jetzt also jetzt noch kommen? „Unto The Locust“ - oder der Versuch, nach den Sternen zu greifen und zu sehen, wie groß die Band noch werden kann. Dazu wurden die Spielzeiten der gerade mal sieben Lieder der regulären Albumversion auf das verträglichere Maß der längeren „Through The Ashes Of Empire“ Werke („Imperium“, „Descend The Shades Of Night“) zurückgefahren und mit dem musikalischen Spektakel von „The Blackening“ verbunden.

Der wutschnaubende Orkan, der im Opener „I Am Hell (Sonata in C#)“ zwischen ruhigem Anfang und Ende tobt und zwingend mitreißen muss, will man nicht von ihm zerlegt werden, ist das passende Eröffnungsausrufezeichen (vgl. „Imperium“). Nach dem recht typischen MACHINE HEAD-Midtempo Stück, das trotz zwischenzeitlichem Tempoausbruch inklusive getragenem Gesang und den charakteristisch klingelnden Gitarren mehr das Innere denn das Äußere bewegen soll („Be Still And Know“), folgt bis zum Schluss, vielleicht mit Ausnahme des schleppenden „Darkness Within“, das (wie bereits „Now I Lay Thee Down“ von „The Blackening“) nicht ganz mit vergleichbaren „Through The Ashes Of Empire“ Titeln mithalten kann, Hammer auf Hammer. Die Verknüpfung aus bekannten Elementen wie Kreissägengitarren, der mordsmäßigen Überbetonung einzelner Worte („Locust“), den bereits angesprochenen Klingelmomenten und unwiderstehlichen, mal abrupten („This Is The End“) und mal langsam anziehenden („Pearls Before The Swine“) Tempo- und Wuchtverschärfungen, die regelmäßig in gewaltig groovendes Stampfen münden, ist MACHINE HEAD - für mein Gefühl - noch nie in ihrer Karriere so schlüssig und beeindruckend gelungen wie auf „Unto The Locust“. Das liegt nicht zuletzt daran, dass sich nicht hemmungslos der Raserei hingegeben wird, sondern die vielen epischen, atmosphärischen Momente und der melodische Backgroundgesang („This Is The End“) den Liedern Tiefe verleihen und den allgemein recht anklagenden Tenor verschärfen, was einer ausschließlich brachial voran marschierende Dampfwalze meist misslingt.

Mit dem vielleicht besten, auf jeden Fall aber eingängigsten Lied zum Schluss, der Hymne „Who We Are“ mit einleitendem Gesang von den Söhnen Robb Flynns, den Töchtern des Album-Engineers Juan Urteaga und dem Sohn von Phil Demmel, wird etwas die einzige kleine Lücke des Albums aufgefangen: kein einziger Vollangriff a la „Aesthetics Of Hate“. Möglicherweise auch deshalb wirkt „Unto The Locust“ wie das geschlossenste aller Alben der Band, wenn man nicht die Limited Edition mit „richtigem“ Gesang von Robb Flynn bei dem PRIEST Cover „The Sentinel“ und dem RUSH Cover „Witch Hunt“ hört, und darf in Zukunft als Referenzalbum für die „erwachsenen“ MACHINE HEAD bezeichnet werden, noch vor den letzten beiden Großtaten.

Und wenn sich meine (durch einige Sätze im Booklet verstärkte) Angst, dass man aus den „Heuschrecken“ ein Äquivalent zu den „Maden“ aufbauen will, nicht bestätigt, sage ich endgültig und ohne jedes Zögern: Album des Jahres!
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