Sabaton - The Last Stand

Sabaton - The Last Stand
Power Metal
erschienen am 19.08.2016 bei Nuclear Blast
dauert 44:55 min
Digibook
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Sparta
2. Last Dying Breath
3. Blood Of Bannockburn
4. Diary Of An Unknown Soldier
5. The Lost Battalion
6. Rorke's Drift
7. The Last Stand
8. Hill 3234
9. Shiroyama
10. Winged Hussars
11. The Last Battle
12. Camouflage (Bonustrack)
13. All Guns Blazing (Bonustrack)
14. "Live In Nantes" (88 Minuten, Bonus-DVD)

Die Bloodchamber meint:

SABATON sind seit vielen Jahren das zuverlässige rote Tuch für all jene, die im Metal vorgeblich alles außer Unterhaltung suchen: Durch Abneigung der hymnischen Schweden kann man im wahrhaften Interessentenkreis schnell und einfach zeigen, dass vor allem der eigene Metal mehr als nur Musik ist; das gereckte Näschen gegenüber camouflage-tragenden Fans dient als vermeintlich perfekter Indikator für die ästhetische Überlegenheit der persönlichen Playlist. Dass letztere ob der Fantastilliarden wöchentlich zu wechselnder Nischentrendprodukte und Kritikerdarlings schier aus den Nähten platzen möchte, gerät bei so viel religiösem Eifer schnell mal aus dem Blickfeld - umso wichtiger ist hier der gemeinsame Feind, diese unselige Allianz aus Metalschlager-Platinseller und Donzdorfer Kommerz.
Prinzipiell ist diese Einstellung natürlich vollkommen okay, zumal sich der Rezensent hier mitnichten ausnehmen möchte, nur sollte man bei der mitunter verzweifelt wirkenden Suche nach Erleuchtung und Selbsterhöhung nicht vergessen, dass die Seele des Metals nun mal keinen Exklusivvertrag mit Klassikern, mit kompositorischer Finesse oder lyrischer Tiefe hat: Manchmal hat das Biest auch nur tierisch Bock auf einen griffigen Bombasthammer, der dank galloppierender Riffs, fetter Chöre und Synth-Fanfaren eher instinktlastig funktioniert.

Womit wir dann auch beim neuen Album "The Last Stand" wären, der zweiten SABATON-Scheibe nach dem gravierenden Post-"Carolus Rex"-Lineupwechsel. Die 11 Nummern wurden (wie auf dem unmittelbaren Vorgänger "Heroes") nahezu ausschließlich von Sänger/Keyboarder J. Brodén und dem ehemaligen Soundtechniker K. Kangström geschrieben, was kaum für Kreativschübe des aktuellen Bandgefüges spricht und naturgemäß einige Dejavús mit sich bringt. Im Gegenzug verankert diese kompositorische Diktatur das gebotene Material jedoch unverkennbar im bandeigenen Klangkosmos - für eine auf Fanservice bedachte Band wie SABATON sicherlich kein ganz unwichtiger Punkt und somit die erste gute Nachricht.

Die zweite gute Nachricht ist die vollkommene Abwesenheit von Balladen auf "The Last Stand", womit ein offensichtlicher Schwachpunkt des Vorgängers ausgemerzt wurde: Brodén mag ein absolut unverwechselbares Organ besitzen - mit gelungenem Gesang hatten die sanfteren Stücke der SABATON-Geschichte allerdings nur marginal zu tun. Die neue Scheibe hingegen konzentriert sich nach dem versseitig getragenen Opener "Sparta" (mit schöner "300"-Bridge) auf eine überaus farbige Mischung aus Midtempo-Brechern und vereinzelten Geschwindigkeitsausbrüchen, was den Schweden perfekt zu Gesicht steht: Hypermelodisch orientierte Nummern wie "The Last Dying Breath", "Shiroyama", das anfangs fast zu fröhliche Dudelsackmassaker "Blood Of Bannockburn" oder die Abfahrten "Rorke's Drift" und "Hill 3234" (AMON AMARTH-Riffing galore) verbinden sich mit ansatzweise schicksalschwangeren Epen des Kalibers "The Lost Battalion" (inklusive Erzählonkel J. Schaffer) und "The Last Battle" zu einem Album, das die Essenz der Band perfekt einfängt.

Erstaunlich ist einmal mehr die Dichte an chorgestützten Pattex-Refrains, die zwar durchaus Echos früherer Scheiben in sich trägt, dabei jedoch niemals in Übersättigung resultiert: SABATON sind mit Sicherheit eine der zugänglichsten Bands des Genres, reizen mitunter vollkommen ungeniert die klassischen Schlagerstrukturen aus - siehe "The Lost Battalion" mit seinem Tonsprung im letzten Drittel - beenden ihre zwischen drei und vier Minuten angesiedelten Nummern jedoch stets genau zum richtigen Zeitpunkt, um Abnutzungserscheinungen vorzubeugen. Nach beinahe unanständigen Doppelschlägen wie "Shiroyama"/"Winged Hussars" bleibt somit jene positiv nachwirkende Mischung aus unbändiger Energie und willkommener Vertrautheit zurück, die zumindest ich unweigerlich mit den besten Stücken der Schweden verbinde. Dass "Winged Hussars" keyboardseitig ein unverkennbarer "Art Of War"-Ripoff ist - geschenkt. Live jedenfalls dürften die hier verewigten Nummern durchweg mehr reißen als bulgarische Gewichtheber auf Stanozolol.

Das sauber und druckvoll produzierte "The Last Stand" bietet knapp 40 Minuten Vollbedienung, die dezente Neuerungen ("Blood Of Bannockburn", das leicht industrielle "The Lost Battalion") mit haufenweise SABATON-Goodness verbindet und sich im Bonus-Coversong "Camouflage" sogar selbstironisch zeigt. Nimmt man hierzu noch das wirklich gelungene PRIEST-Cover "All Guns Blazing" (mit Vocals von Gitarrist Thobbe Englund) und die knapp 80-minütige Live-DVD zur "Heroes"-Tour, hat man ein Angebot, das für Anhänger der Band und Freunde bombastischen, songorientieren Power Metals kaum auszuschlagen ist.

Inwieweit euch dieser sehr unterhaltsame Abzweig des wahren Pfades entgegen kommt, findet ihr am besten anhand der mittlerweile vier Auskopplungen heraus:

"Shiroyama"
"The Lost Battalion"
"Sparta"
"Blood Of Bannockburn"
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