Atheist - Unquestionable Presence

Atheist - Unquestionable Presence
Death Thrash Metal
erschienen in 1991 bei Relapse Records
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Mother Man
2. Unquestionable Presence
3. Enthralled In Essence
4. An Incarnation's Dream
5. The Formative Years
6. Brains
7. And The Psychic Saw
8. Enthralled In Essence; Feat. Roger Patterson (Bonus Track)
9. The Formative Years; Feat. Roger Patterson (Bonus Track)
10. Unquestionable Presence; Feat.Roger Patterson (Bonus Track)
11. An Incarnation's Dream; Feat.Roger Patterson (Bonus Track)
12. Retribution (Instrumental);Feat. Roger Patterson (Bonus ...)
13. Brains (Instrumental); Feat. Roger Patterson (Bonus Track)
14. Enthralled In Essence (Bonus Track)
15. Mother Man (Drums & Bass Tracks) (Bonus Track)
16. And The Psychic Saw (Rhythm Tracks) (Bonus Track)

Die Bloodchamber meint:

ATHEIST, für die meisten Menschen steht dieses Wort nur für eine gottlose Person. Für einen Metal Fan steht dieses Wort aber auch für eine Band, die zu einer Zeit, als der Death Metal noch jung war, eine ganze nachfolgende Generation prägen sollte. Stilistische Sensationen und bisher noch wenig bekannte Songstrukturen wurden auf den Markt geworfen, konnten dort gären und arbeiten, und tragen sicherlich auch heute noch ihre Früchte. Namentlich ist eins dieser großartigen Werke „Unquestionable Presence“. Eine Veröffentlichung, mit der man eine ganze Diplomarbeit füllen könnte.

Death Metal mit Jazz Einflüssen, oder Progressive Metal mit Death Einflüssen…wieso nicht einfach purer technischer Death Metal? Was einem in den ersten Minuten entgegenkommt ist nämlich nichts anderes als das wohl coolste Bass- und Schlagzeugspiel in der Musikgeschichte. Fast schon isoliert voneinander wird das Griffbrett rauf und runter gespielt während die Toms bis an die Belastungsgrenze getrommelt werden. Darunter gesellen sich einige phänomenale Gitarrenriffs, und natürlich der raue pseudo-Growl von Kelly Shaefer. Sollte zwischenzeitlich doch mal etwas Geschwindigkeit rausgenommen werden, dann gibt es immer noch die einzigartigen Bass Läufe zu hören, die wie immer für sich alleine stehen, sich aber fast schon durch Magie in den Kontext einfügen. Interessant ist dabei sicherlich das stetige Duell Gitarre und Bass, mit ihrem Wettkampf um den besten Einwurf und dem markantesten Riff. Spätestens hier wird klar, dass man sich auf eine Achterbahnfahrt durch vier total geniale Musikerhirne eingelassen hat.
Fast schon verwunderlich ist die Flexibilität mit denen ATHEIST innerhalb ihrer eigenen Spielweise auftrumpfen. Es muss natürlich nicht mehr erwähnt werden, dass sie ihren ganz eigenen Stil haben. Genauso klar ist es aber auch, dass dieser Still einer ständigen Transformation unterliegt, und sogar der Wechsel von groovig zu jazzig innerhalb eines Liedes keine Seltenheit ist. Als Beispiel sei hier nur „Your Life’s Retribution“ erwähnt, mit einem starken Stilwechsel und einem der besten Gitarrensoli in der Metal Geschichte. Für Besitzer der Vinyl Scheibe sind dies explizit die Minuten 10:18 und 10:42, die man sich quasi in Dauerschleife anhören könnte.

Nun aber alle markanten Beispiele aufzuführen wäre reine Zeitverschwendung, denn „Unquestionable Presence“ ist ein reines Sammelsurium derselbigen. Was gibt es also sonst noch zu erwähnen, außer den endlos vielen Tempowechsel, der außergewöhnlichen Virtuosität der Musiker, der gelungenen Verwebung dutzender Metal Spielarten ineinander und den damit einhergehenden, fließenden Übergänge, sprich, den ebenso genialen wie einzigartigen Songkomposition? Definitiv „An Incarnation’s Dream“! Hier wird genau zur Hälfte des Albums das Tempo rausgenommen. Was folgt ist unverzerrtes Gitarrenzupfen, das den Hörer für eine knappe Minute in ganz andere Sphären eintauchen lässt. Weit weg vom vorher gehörten Death Metal wird man umhüllt von wohlig samtenen Klängen, die selbst die stille Seite von OBSCURA in den Schatten stellen. Das ganze währt nicht lange und der Übergang zur härteren Spielart folgt genauso plötzlich wie unverhofft. Wie mit einem Schlag auf den Kopf wird man aus seiner kurzen Verträumtheit herausgerissen…herausgerissen aus einem kurzen Moment sphärischer Vollkommenheit und einem dieser Blicke, die die Sicht auf das kosmische Ganze öffnen. Doch irgendwie kommt mir der Gedanke, dass diese Verträumtheit durch den Einsatz von Verzerrern, Double-Base und Growls nicht unbedingt verschwinden muss. Mit einem Blick auf das Albumcover stelle ich fest, dass ich mich im perfekt abgestimmten Gewirr der tausend zu Musik gebrachten Gedankengänge noch immer in einem anderen Universum befinde. In einer Welt, die verdreht ist und nicht in Übereinstimmung mit der jetzigen Welt steht, und dennoch genauso viel Sinn ergibt.
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