Reverend Bizarre - III: So Long Suckers

Reverend Bizarre - III: So Long Suckers
Doom Metal
erschienen am 31.08.2007 bei Spikefarm Records
dauert 130:00 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. They Used Dark Forces/Teutonic Witch
2. Sorrow
3. Funeral Summer
4. One Last Time
5. Kundalini Arisen
6. Caesar Forever
7. Anywhere Out Of This World
8. Untitled

Die Bloodchamber meint:

Bis dann, ihr Penner ("So long suckers") ist Albumtitel und schwarzhumoriges Statement, welches das Ende der Aera einer der bekanntesten und einflussreichsten Doom Metal Bands markiert. Die finnische Gruppe REVEREND BIZARRE gründete sich 1995 um in die Fußstapfen der bekannten Genre-Vorreiter BLACK SABBATH und SAINT VITUS zu treten und veröffentlichte im Laufe ihrer steilen Karriere über 16 Demos, Splits, EPs, Singles und Alben. Letzteres Format war dabei aber eher seltenste Rarität, was zu dem verblüffenden Umstand führte, dass das vorliegende, letzte Werk, auch erst das dritte Album ist. Auf Hintergründe, die Geschichte und schlussendliche Auflösung von REVEREND BIZARRE möchte ich hiermit nur verweisen um mich nicht mit interessanten, bemerkenswerten aber viel zu umfangreichen Erzählungen zu verstricken.

Bevor ich jedoch zur Beschreibung des musikalischen Inhalts komme, möchte ich dennoch im Rahmen des Gesamtkonzeptes, auf das außergewöhnliche Artwork aufmerksam machen, denn selten ist mir ein Cover begegnet, das Stil und Atmosphäre eines Albums so treffend und kennzeichnend visualisieren konnte.
Es handelt sich hierbei um ein phantastisches, düster-mythisches und psychedelisches Werk des niederländischen Künstlers Jan Toorop, mit dem Titel 'Das Schicksal'. Das der Kunstrichtung des Symbolismus zugeschriebene Bild steht in einer engen Verbindung mit der Musik: Verstörend, krank, mysteriös, bizarr - Visionen über Sünde, Tod und Verdammnis. Im Zentrum eine ikonenähnliche Figur, gekleidet in ein religös anmutendes, komplett schwarzes Gewand, Melancholie und freudige Zerstörungswut in ihrem rätselhaften Gesicht wird sie grotesk verehrt von bizarr dargestellten leidenden Seelen, während sich eine aufgespannte Schriftrolle, 'das Schicksal' fest vor ihr, und unerreichbar für die verdammten Seelen befindet.

Laut dem zentralen Manifest dieser Bewegung besteht "Die wesentliche Eigenschaft der symbolistischen Kunst [darin], eine Idee niemals begrifflich zu fixieren oder direkt auszusprechen", dementsprechend ist es jedem gegeben, diese Darstellung für sich zu interpretieren. Ohne Kritik üben zu wollen - aber das ist schon mehr kreativer und intellektueller Stoff, als so manche Band auf ihr gesamtes Album packt. Weitere kleine Details erschließen sich schon beim Abspielen der ersten von insgesamt zwei CDs: Die Spielzeit beträgt 1 Stunde 6 Minuten und 6 Sekunden. Nun zur Musik.

Hochwertigen, klassischen Doom/Stoner wie auf diesem Album zu beschreiben, finde ich sehr schwer - natürlich lebt dieser Stil von wahnsinnig langsamen, manchmal unerträglich zähen (ist das hier vielleicht der masochistische part?) musikalischen Grundthemen, die repetetiv und hypnotisch wie ein Gebet, immer wiederkehren bis man ganz in den meditativen Groove gekommen ist. Was sich anfangs gleich oder monoton anhört, entwickelt eine mehr als überraschende Vielfältigkeit, Lebendigkeit und Identität, die in jedem Song schließlich innewohnt. Es handelt sich um eine Musik die viel Konzentration und Hingabe erfordert, und nicht schnell mal zwischendurch auf einer Party spontan zum bangen einlädt.

Es dominieren geniale und durchdachte Songstrukturierung, eingängige Melodien, mal mehr, mal weniger leicht anklingenden Blues-Elemente, viel Heavy, Verzerrer, fetzende Gitarren - aber vorallem Melancholie und uneingeschränkte Leidenschaft: Ein psychedelisches, mystisches, durch und durch rhythmisches Musikerlebnis. Abwechslung zwischen zähem, langsamen, schnelleren Tempo, verspielten solilastigen Passagen lockern den Hörfluß auf, und überfordern den Hörer auch nicht mit zuviel Gedöns am Stück.
Grandios gespielte Instrumente, die keine Sekunde disharmonieren und ein Gesang an dem Herzblut klebt, eine angenehme, melodische Stimme, der auch etwas latent labiles und krankhaftes anhaftet, zeugen davon, dass man ein absolutes Unikat erworben hat. Da mir die Songtexte leider nicht vorliegen, kann ich nur grob umreissen, dass sie sich um emotionale, sinngebende, religiöse Themen handeln, die in dieser Atmosphäre durchaus zum sinnieren einladen - aber natürlich nur gaaaaaaaanz langsaaaaaaam. Vom Tempo lassen sich wohl auch Rückschlüsse auf die Länge gewisser Tracks ziehen, die gerne mal 15-25 Minuten dauern, was ich persönlich aber als nicht schlimm empfinde. Wenn das Konzept, die Idee oder das Feeling des Songs für diese Zeit funktionieren... wo ist dann das Problem?

Zu Pflichtvergleichen zu Vorlagen von BLACK SABBATH und SAINT VITUS, können sich als weitgehende Vergleiche ohne Probleme, diverse Doom und Stoner/Hard Rock Bands mit unwesentlichen externen Einflüssen dazugesellen: ELECTRIC WIZARD, SLEEP, ORANGE GOBLIN, WARNING.

Wer schweren Doom und Stoner liebt, wird diesem Album nicht widerstehen können. Wer wenig Freude an der schleppenden Musik findet, wird hier allerdings wahrscheinlich auch nicht kuriert werden. Aufpassen sollten nur diejenigen Leute, welche klassischen Doom mit 'Atmospheric Doom irgendwasdings' oder ähnlichen Synthesen aus Ambient oder gar Death, Black oder Gothic verwechseln. Diese Scheibe klingt im Vergleich zu EVOKEN, RUNEMAGICK, INDESINENCE etc. um 180° anders, denn das sind trotz Gemeinsamkeiten zwei komplett verschiedene Socken.

Doom ist immer noch ein verdammt variantenreiches Gebiet, weswegen der Aufkleber, der die Verpackung von "III: So long Suckers" ziert, mit dem Postulat "Doom Metal is dead" nicht uneingeschränkt Recht hat.

Abschließen möchte ich mit einem Zitat aus dem ersten Song "They Used Dark Forces / Teutonic Witch":

'You said that I am evil, but you don't know where I have been
If you could see some of those places
I bet you would be worse than me.'

So long, Reverend Bizarre.
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