"Lust auf Konfrontation"


Interview mit Narziss
Metalcore aus Deutschland - Jena
Sie sind schon irgendwie etwas Besonderes, die Jungs von NARZISS! Nicht nur aufgrund ihrer deutschen Lyrics und den ganz und gar "unmetallischen" Promofotos, auch durch ihre Musik beweisen die Jungs aus Jena Individualität und Klasse. Das neue Album "Solang das Herz schlägt" steht frisch in den Läden und ein Interview war deswegen Pflicht. Aber auch über andere Themen, wie die Entstehung des Bandnamens, Line-Up Wechsel, Straight Edge und sonstige Metalcore-Trends wurde gesprochen. Also viel Spaß beim Lesen:

Hallo Leute! Vielen Dank, dass ihr euch ein wenig Zeit für das Interview nehmt! Und schon geht’s los!

„Solang das Herz schlägt“ ist fertig. Könnt ihr mit einigen kurzen Sätzen erklären, wie die Arbeit an dem Album war und was sich im Vergleich zu den vorherigen Alben geändert hat?


Wenn ich behaupten würde, dass die Arbeit an diesem Album entspannt war, würde ich lügen. Wir hatten leider nur sehr wenig Zeit für die Aufnahmesession, waren mit einigen Songs noch nicht ganz fertig und hatten noch keinen Plattenvertrag unterschrieben. Der Erwartungsdruck an uns selber war extrem gestiegen und ich glaube auch, dass das Publikum gerne einiges gutes Neues von uns hören wollte. Glücklicherweise hatten wir in dieser Zeit nicht allzu viele Shows, so dass wir wenigstens von dieser Seite etwas Ruhe hatten.
Vielleicht war es gerade diese anstrengende Situation, die uns alle hat unter Strom stehen lassen, so dass wir mal alle ganz kreativ waren.

Wahrscheinlich werdet ihr immer wieder mit Fragen wie dieser hier konfrontiert, aber unsere Leser sind sicherlich auch neugierig zu erfahren, warum genau ihr deutsche Lyrics verwendet?

Das wir damit angefangen haben, sie zu verwenden, ist Zufall. Das wir das heute immer noch machen, haben wir den zahlreichen Ermutigungen von Fans und unserer Lust auf Konfrontation zu verdanken. Als Narziss gegründet wurde, hat unser damaliger Sänger gar nicht danach gefragt und es hat auch ehrlich gesagt, keinen von uns richtig interessiert. Ich war erst einmal damit beschäftigt, halbwegs drei Akkorde auf der Gitarre zu spielen. Als wir ihn dann ein halbes Jahr später rausgeschmissen haben, da wollten wir das Erreichte nicht aufgeben und lieber daran anknüpfen.

Aus unserer heutigen Situation klingt das echt albern, wir hatten damals 13 Shows gespielt, war aber scheinbar doch die richtige Entscheidung. Und zu guter letzt fällt es mir persönlich wesentlich leichter, deutsche Texte, bzw. Gedichte zu schreiben, als das in Englisch zu tun. Es ist zwar wesentlich schwerer, einen gut klingenden deutschen Text als einen in Englisch zu machen, aber ich denke, dass das bei Narziss inzwischen ganz gut funktioniert.

Ich beschreibe mal ein ganz plumpes Szenario: Wenn ich euer Album in den Spieler lege und meinen Freunden zeige (die nicht ganz so harte Rock/Metal Musik hören), dann erkennen sie im ersten Moment überhaupt nicht, dass ihr deutsch singt! Wie wollt ihr eine Botschaft besser rüber bringen, wenn es im Grunde genommen schwierig ist, sie akustisch zu verstehen, vor allem live?

Zunächst unterscheiden wir uns von den Kapellen aus unserem Dunstkreis nicht. Die Texte von Maroon und HSB, mit denen wir ja schon sein Jahren immer wieder zusammen zocken, verstehen live sicherlich auch viele nicht beim ersten mal. Wir haben die Deutsche Sprache für uns eben nicht der Verständlichkeit wegen gewählt, sondern zwecks des besseren Ausdrucks unserer Gefühle, bzw. der meines Erachtens besser möglichen Tiefgründigkeit. Da ist die Stimme wohl erst einmal wie ein Instrument zu betrachten. Dann haben wir da noch den cleanen Gesang. Der steht für mich zunächst im Kontrast zu den Shoutings und ist da schon mal ein Ausdrucksmittel. Wer letztlich die Texte richtig verstehen will, muss eben im Booklet nachlesen.

Das geht mir auch bei vielen Bands so, die vorwiegend clean singen, dass ich da immer mal im Booklet nachschauen muss, was so gesungen wird. In erster Linie ist das „Geschrei“ ein Ausdruck, der bestimmte Passagen unserer Texte und Lieder interpretiert. Des weiteren denke ich, dass es bei Narziss durchaus von Vorteil ist, sich mit den Texten ein bisschen zu beschäftigen. Wenn man uns dann live sieht, kennt man die dann schon und da gibt es dann weniger Verständnisprobleme. :-)

Mir persönlich hat das Album sehr gut gefallen! Heutzutage muss man schon lange suchen, um ein Album zu finden, das nicht in der breiten Masse der Metalcore und Hardcore Veröffentlichungen unter geht. Sind die deutschen Lyrics vielleicht auch ein kleiner Trick um Aufsehen zu erregen in der heutigen Zeit?

Ein Trick ist das in dem Sinne nicht, da wir das ja schon lange so machen. Die deutschen Lyrics bewahren uns aber vor ständigen Vergleichen mit anderen Kapellen. Sie geben der Musik von vornherein einen ganz anderen Anstrich, sie klingt einfach anders, als wenn man englische Texte darüber machen würde. Deutsche Texte sind ja eigentlich auch nur im Heavybereich sehr spärlich gesät, in den meisten anderen Genres ist das ganz normal. Das kommt sicherlich auch daher, dass die Szene bis vor wenigen Jahren in Deutschland noch sehr klein war und man sich mit deutschen Texten sehr limitiert hat. Heute ist das nicht mehr so. Wir schaffen es inzwischen nicht mehr, den ganzen deutschsprachigen Raum mit Konzerten abzudecken. Da ist das Interesse enorm gestiegen.

Wieder mal eine plumpe Frage: Der Bandname „Narziss“ klingt genuschelt ausgesprochen fast so wie das Wort, dass dem deutschen Volk vor 70 Jahren große Sorge bereitet hat. Bewusst provokant oder ist die Frage einfach völlig dämlich? Es würde mich mal interessieren, ob ihr das häufiger zu Hören bekommt... Vielleicht erklärt ihr unseren jüngeren Lesern, die Bedeutung des Wortes „Narziss“ und was ihr damit verbindet.

Neulich in einem Radiointerview konnte sich mein gegenüber gar nicht vorstellen, dass uns solche Fragen gestellt werden. Aber ich musste ihm doch näher bringen, dass ich diese Art von Fragen des öfteren beantworte. An diese Assoziation hat nie jemand von uns gedacht. Der Name kommt aus einer völlig anderen Richtung. Dennoch gibt es immer mal wieder ein paar Deppen, die sich daran hochziehen. Auch im Ausland gab es anfangs wegen des „ß“ (SZ) Probleme, da man es als „B“ gelesen hat. Als wir das gemerkt haben, haben wir einen zweiten Schriftzug mit „Doppel-S“ eingeführt. Ist natürlich auch noch nicht ganz frei von Assoziationen, zumindest wieder bei den Deppen, die dann eben Nazi SS sehen wollten. Aber ich denke, wer das richtig verstehen will, der macht das auch.

Nun noch mal den kulturellen Ausflug: Der Name Narziss entstammt der griechischen Mythologie. Narziss war ein bildhübscher Jüngling, so eine Art Brad Pitt der Antike. Eine Flussnymphe hat sich in ihn verliebt, als er am Fluss hockte und sein Spiegelbild betrachtete. Er wies ihre Liebe aber ab, schließlich liebte er nur sich selber, bzw. sein Spiegelbild. Da wurde ihr Vater, der zufällig Flussgott war, sehr sauer und hat ihn in die bekannte Blume verwandelt.

Unserer Meinung nach ist jeder tief innen drin ein Stück Narziss oder sucht danach, es zu sein – weil das Selbstvertrauen gibt. Und ein Bandname, der in jedem drinsteckt, der schien uns passend.

In einem Interview mit Kevin Otto (END OF DAYS) hat er mal ein Konzert beschrieben, bei dem ihr auch gespielt habt und bei dem es ordentlich zur Sache ging (Krankenwagen etc.). Kommt es bei euren Konzerten häufig zu aggressivem Verhalten? Das Thema Gewalt im Pit ist ja derzeit sehr aktuell, also wie steht ihr dazu?

Das kommt darauf an, was man unter aggressiven Verhalten versteht. Bei mir hat Aggression auch viel mit Rücksichtslosigkeit zu tun. Das heißt also, wenn beim Tanzen jemand hinfällt und sich keiner um ihn kümmert, dann ist das rücksichtslos. Wenn jemand wie wild um sich hämmert und ihm alles egal ist, dann ist das genau das Gleiche. Eigentlich für die Band nur noch schlimmer, weil es einen riesigen Halbkreis vor der Bühne gibt und das überhaupt nicht gut aussieht, bzw. uns selber wesentlich weniger Spaß macht. Wir haben nichts dagegen, wenn Leute zu unserer Musik „Violent Dancing“ machen wollen, dann sollte das aber in angemessenem Maße geschehen und nicht zum Nachteil aller anderen. Für uns ist es immer ärgerlich zu sehen, wenn ein Konzert zu einer One- oder Two- Men Show von Typen wird, die meinen sich auf diese Art und Weise profilieren zu müssen.

Aber glücklicherweise beschränkt sich das bei uns alles mehr oder weniger, da wir eh wenige Moshparts spielen, zu denen „gekickboxt“ werden kann. Somit denke ich, bzw. meine zu beobachten, dass aggressives Verhalten bei uns nicht mehr auftritt, als bei „normalen“ Konzerten auch.

Vor kurzem habe ich einen Bericht über „Straight Edge“ Musiker im Fernsehen gesehen und dort trug ein Fan tatsächlich ein Narziss-Shirt. Wie steht ihr diesem Trend gegenüber?

Cool, Du hast das gesehen. Dann wissen wir ja jetzt, dass wir damit eine wirklich fette, wenn auch unbeabsichtigte Promotion bekommen haben. SXE sehe ich weniger als Trend. Es gab um uns herum schon immer einen Haufen Leute, die ihr Leben anders gestalten wollten, als andere es tun. Bei Narziss sind einige Straight Edge und einige nicht. Unserer Meinung nach ist das ein persönliches Ding, was jeder für sich selbst entscheiden sollte. Gegenseitige Rücksicht und Toleranz ist wichtiger. Elitäres Gehabe, was da einige an den Tag legen, passt nirgendwo in die Welt und schürt nur mehr Konflikte, als es je lösen könnte.

Kommen wir noch mal zu eurem Album! Wie waren die ersten Reaktionen und seid ihr selbst mit „Solang das Herz schlägt“ 100% zufrieden oder gibt es im Nachhinein Dinge, die ihr besser machen würdet?

Die ersten Reaktionen waren alle sehr positiv und sie sind es glücklicher Weise nach wie vor immer noch. Klar gefällt das nicht allen, was wir da machen, aber das ist ja sicherlich immer so. Mit dem cleanen Gesang haben wir natürlich eine breite Angriffsfläche geboten, die aber meiner Meinung nach durch Qualität und Eigenständigkeit gut gesichert war. So gibt es da nur wenige Einbrüche. Mit cleanem deutschen Gesang hängt man manchmal sehr nah an der Volksmusik, das war eine Gradwanderung. Da meinen dann manche Leute, dass das kitschig wirkt. Aber wie ich das so mitbekomme, geht das nur einigen „Rezensenten“ so, beim Publikum kommt die Scheibe richtig gut an.

Für mich ist es das erste Album, an dem ich noch nichts Nennenswertes gefunden habe, was ich ändern würde. Ich höre die Platte immer noch gerne und die Songs gefallen mir. Bei der „neuen Welt“ wäre ich gerne einen Monat später wieder ins Studio gegangen, um die Songs zu überarbeiten. Ich denke, wir präsentieren uns auf der Scheibe mit unserem Wirklichen Ist-Stand und sind damit sehr zufrieden. Problem für mich ist da jetzt eher, wie wir uns beim nächsten Album steigern wollen, um nicht noch einmal das Selbe abzuliefern.

In meinem Review gab es 7,5 von 10 Punkten, was auf meiner persönlichen Skala sehr weit oben ist. Inwieweit interessiert ihr euch für die Reviews von kleineren Webzines? Nehmt ihr diese ernst oder schaut ihr lieber in bekannte Printzines wie das Rock Hard?

Anfänglich interessiert es mich schon sehr, was andere Leute über die Platte schreiben und über Lob freut man sich besonders gern. Später lässt das dann etwas nach, da lese ich mir auch nicht mehr jedes Review durch. Aber die werden ja auch nicht für mich geschrieben. Grundsätzlich haben die Reviews in den großen Printmedien einen hohen Wirkungsgrad, weswegen wohl jede Kapelle etwas zittert, ob man „besteht“ oder ehr verrissen wird. Allerdings sind die Reviews in genannten Printmedien oft oberflächlich geschrieben und stimmen selten mit meiner eigenen Meinung überein.

Bei vielen kleinen Webzines sieht das anders aus. Da arbeiten Leute, die das aus Leidenschaft machen und so sehen auch deren Plattenkritiken aus. Die nehm’ ich mir dann schon lieber zu Herzen. Leider zählen diese Reviews für die Vertriebe noch sehr wenig, weswegen man immer wieder auf den CDs die Zitate aus Rockhard, Hammer oder Legacy sieht. Eigentlich schade! Meiner Meinung nach ist ein Review in einem kleinen Onlinemagazine oft sinnvoller als eine megamäßig teure Anzeige in einem Printmagazin. Das Review lesen die Leute, über die Anzeigen wird schnell hinweggeschaut.

Das aktuelle Line-Up existiert seit 2004. Glaubt ihr, dass ihr in dieser Besetzung die richtige Mischung gefunden habt oder gehören einige Line-Up Wechsel vielleicht auch einfach zum Geschäft dazu?
Seid ihr denn auch privat miteinander befreundet oder trennt ihr Musik und Freizeit strikt voneinander?


In unserem derzeitigen Line-Up besteht eine sehr hohe Konstanz und ich hoffe, dass das auch noch eine Weile so bleibt. Die Wechsel waren bei uns immer aus der Not geboren und über einige waren wir nicht so glücklich. So, wie es jetzt aussieht, ist da alles schön. Unser Gitarrist wohnt in Leipzig, den sehen wir eigentlich nur zu Proben und Shows. Aber er ist trotzdem ein guter und fester Freund geworden. Der Rest kommt ja aus Jena und Umgebung und wir unternehmen auch regelmäßig zusammen etwas außerhalb der Band.

Allerdings bleibt da bei 2 Proben in der Woche und einer Menge Auftritte gar nicht soviel Platz, denn unsere Familien wollen ja auch nicht zu kurz kommen. Für mich ist es extrem wichtig, dass wir uns gut verstehen. Wir haben jeden Tag irgend etwas für die Band zu erledigen. Ich denke, das funktioniert nur, wenn man gut miteinander auskommt. Keiner von uns kann von der Band leben, da würde man sich schnell fragen, für was man sich mit jemanden rum ärgern soll. Also schnell mal drei Mal auf Holz geklopft, dass alles so bleibt.

Wie sehen eure Pläne für die Zukunft aus? Plant ihr eine Tour oder schreibt ihr bereits fleißig an neuem Material?

Planen müssen wir die Tour glücklicherweise nicht mehr, da sie relativ kurzfristig reingeschneit kam. Wir werden die ersten acht Tage der Hell On Earth Tour mitspielen und uns so mal ein bisschen im Ausland präsentieren. Danach sind wir dann eine ganze Weile viele Wochenenden hier in Deutschland und Österreich unterwegs. Eine weitere Tour ist dann erst mal nicht geplant. Wir wollen auch ein wenig schauen, wie das neue Album so läuft und was dann da noch so zu machen ist.
Neues Material ist auch schon unterwegs. Traumziel wäre nächstes Jahr im Sommer wieder ins Studio zu gehen, aber versprechen wollen wir da mal nichts. Aber ein neues Album wäre Ende nächsten Jahres schon irgendwie für uns Pflicht.

„Solang das Herz schlägt“ ist das erste Album unter Alveran Records. Wie sehr seid ihr mit eurem neuen Label zufrieden?

Sagen wir es so, wir haben uns den Wechsel nicht leicht gemacht und wirklich alles ausgelotet was ging. So sind eigentlich auch alle Absprachen mit Alveran getroffen worden, die nötig waren, uns glücklich zu machen. Nichts wurde überstürzt. Das hat sich bis jetzt als gut bewährt. Alveran haben für uns einen wirklich guten Job gemacht und sind immer noch dabei, es zu tun. Somit sind wir mit unserer Entscheidung, das Label zu wechseln, absolut zufrieden. Ich denke, dass uns dieser Wechsel einige Türen geöffnet hat und noch hoffentlich öffnen wird.

Als Metalcore-Act hat man in der traditionellen Metalwelt einen schweren Stand. Auf großen Festivals stehen die langhaarigen, bärtigen Metaller meist eher skeptisch vor der Bühne, wenn Bands wie Caliban die Wacken-Bühne betreten. Die Folge ist, dass viele Acts aktuell ihre Alben mit metallischen Elementen bereichern und völlig auf cleane Vocals verzichten. Wie steht ihr diesem Trend gegenüber? Verzichtet ihr bald auch auf cleane Vocals und die üblichen Metalcore Zutaten?

Ein wenig komisch ist das schon. Immer wieder stehen Metalcore und Metalcorebands in der Kritik, aber sie wachsen kontinuierlich und bieten inzwischen einige sehr große Acts an. Aber scheinbar fehlt vielen Metalcorebands das Selbstbewusstsein, dummen Anfeindungen gegenüber gefeit zu sein. So versuchen sie lieber krampfhaft als Metalband Fuß zufassen und schreiben sich auf die Fahnen, dass sie schon seit 30 Jahren Metal hören, obwohl sie gerade mal 20 sind.

Ich denke, Wacken ist eher noch so ein richtiges Metalfestival und ich weiß nicht, ob man es als das Paradebeispiel nehmen kann. Aber z.B. das With Full Force ist da ganz anderes. Da spielen ja teilweise auch sehr punkige Bands. Da hatte ich nicht das Gefühl, dass es die „bärtigen Metaller“ stört, dass Metalcorebands dabei sind. Vielleicht ist das Manko des Metalcores, dass er so populär ist, dass es tatsächlich unheimlich viele neue Bands gibt und es schwer ist, Individualität zu zeigen. Der Begriff scheint damit dann inflationär zu werden. Aber am meisten ärgere ich mich über die Bands, die versuchen, sich in andere Lager zu retten, weil sie meinen, das Schiff geht unter. Aber da sage ich mir, dass es eben die Ratten sind, die als erstes das Schiff verlassen! Ebenfalls glaube ich kaum, dass eine Band ohne Innovation in irgendeiner Stilrichtung lange überleben wird. Dieses ganze Geseier vom „großem Reinemachen“, was da bald kommen soll, an das glaube ich nicht. Das ist wie, als ob die katholische Kirche plötzlich die vier Reiter der Apokalypse wieder ausgräbt und das Ende der Welt beschreit.

Ich weiß nicht, wie unser nächstes Album aussehen wird, ob es weniger oder mehr Melodien haben wird, ob wir mal einen ordentlichen Moshpart hinbekommen werden oder ob wir das einfach lassen werden. Wir werden wohl auf alle Fälle weiter singen, weil das ist für mich nicht einfach ein Zusatz, sondern ein für unsere Musik zwingendes Stilmittel. Wir nutzen den cleanen Gesang, um unsere Texte zu verstärken. Was ich gerne noch mal ausprobieren würde, wäre ein richtiger Satzgesang – bei ordentlichen Punkbands ist das Pflicht, vielleicht klappts ja auch mal mit Metalcore – wir werden sehen.

Ich hoffe, dass wir es weiter schaffen werden, unser Selbstbewusstsein als Metalcoreband zu behalten. Vielleicht fällt uns das leichter als anderen, weil wir unsere Wurzeln im Hardcore sehen. Metalcore ist für uns eine konsequente Weiterentwicklung des Hardcore, aber auch des Metal, also etwas ganz Natürliches.

Welcher Titel gefällt euch auf der aktuellen Scheibe am Besten?

Die Frage kann ich Dir nicht beantworten. Ich mag jeden Titel und freue mich auch auf jeden Song, wenn ich die Platte höre. Jedes Lied hat da so etwas besonderes, das ich gerne höre und auf das ich auch ein klein wenig stolz bin. Textlich gesehen mag ich am meisten „und du verblasst“, weil ich der Meinung bin, dass mir dieser Text besonders gut gelungen ist. Wie das bei meinen Kollegen aussieht, weis ich gar nicht, aber ich werde sie mal fragen.

Ich komme aus dem Westerwald und hier spielt wirklich nie eine ordentliche Band! Habt ihr nicht mal Lust auf einen kleinen Gig hier in der Nähe? Notfalls könnt ihr mal in meiner Garage zocken :-)

Klar, mach was aus und wir kommen. Wenn in Deine Garage 200 Leute reinpassen, dann natürlich auch da. :-) Grundsätzlich versuchen wir so viel als möglich zu spielen, aber leider müssen wir immer mehr absagen, da wir auch immer mehr Anfragen bekommen. So weit ich mich erinnern kann, waren wir aber noch nie im Westerwald, da würde ich schon gerne mal hinfahren.

So, wir sind am Ende unseres Interviews! Ich bedanke mich noch vielmals für die Antworten und lasse euch nun Platz für die letzten Worte an die Fans und Freunde eurer Musik da draußen:

Dann mal danke für die netten Fragen und an Euch da draußen: Macht mehr Kinder, damit unsere Rente gesichert ist!!! Und kauft denen natürlich unsere Scheibe, damit sie gleich von Anfang an wissen, wo es lang geht.
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