Ist der Metal tot?


Interview mit Slough Feg
Heavy Metal aus USA - San Francisco
Vor kurzem konnten SLOUGH FEG mit ihrer neuen Scheibe “Hardworlder” bei mir ordentlich punkten. Allerdings warf die Scheibe auch ein paar Fragen auf, die es zu beantworten galt. Leider schien der gute Herr Scalzi zwei Fragen überlesen zu haben, was wieder zeigt, daß Interviews via Email nicht immer der Weisheit letzter Schluß ist. Aber zumindest konnte man dem SLOUGH FEG-Frontmann einige interessante – und teilweise ausschweifende – Antworten aus der Nase ziehen. Und das ist doch auch schonmal viel wert! Here we go…

Hallo Mike, wie gehts dir?


Mir geht’s gut, auch wenn hier in San Francisco die Luft etwas trocken ist. Ich fühle mich irgendwie wie Jack London damals im Jahre 1905 (Der Schriftsteller Jack London geriet 1905 während seiner Zeit als Korrespondent im russisch-japanischen Krieg in Gefangenschaft! – Anm. d. Verf.). Das Salz zieht mir die Haut ab und verursacht Risse in meinen Händen. Aber ansonsten ist dennoch alles in Ordnung.

Was machst du gerade (außer meine Fragen zu beantworten)? Bist du vielleicht sogar gerade dabei, eine Deutschland-Tour zu planen?

Nein, eine Deutschland-Tour steht zur Zeit nicht auf dem Programm. Ich arbeite gerade an einigen verschiedenen Dingen, darunter an einem Album, das ich aus uralten Demos und Live-Aufnahmen zusammenstelle. Manche Aufnahmen davon reichen bis ins Jahr 1990 zurück. Evil Legend Records nerven mich mit dieser Idee nun schon seit Jahren, aber jetzt wird es endlich gemacht. Natürlich ist die Soundqualität dieser Recordings nicht besonders gut, und deshalb versuche ich, alles in meinem Aufnahmestudio ein wenig aufzupolieren. Die Energie der alten Tage soll aber dennoch beibehalten werden!

Ihr habt kürzlich euer neues Werk “Hardworlder” veröffentlicht. Ein Album, das von mir begeistert aufgenommen und dementsprechend gewürdigt wurde. Wie ist das Album, verglichen mit den Vorgängern, deiner Meinung nach ausgefallen? Und was gibt es zu den einzelnen Songs zu sagen?

Meiner Meinung ist es nicht ganz so eindrucksvoll ausgefallen wie „Avatism“, zumindest nicht beim ersten Durchgang. Man muß es sich erst ein paar mal anhören. Trotzdem finde ich, daß uns ein starkes Album gelungen ist, dennoch gibt es ein paar Dinge, die ich bei der nächsten Platte anders machen will. Ich glaube, ich will einfach mehr Songs schreiben, an die sich die Leute erinnern und will den Stücken eine Art lyrischer Tiefe geben. Zu den Songs auf „Hardworlder“ habe ich nicht wirklich viel zu sagen, lies dir einfach die Lyrics durch!

Nicht nur die Musik selber ist recht einzigartig, auch die Cover-Artworks (von denen meine persönlichen Faves die Covers von “Traveller” und “Hardworlder” sind) heben sich von den „normalen“ Artworks ab. Wer von euch hat die Ideen dazu, und wer setzt diese um?

Die Ideen sind von mir, und ich gebe sie weiter an den Zeichner. Dieses Mal war James Lyle dafür zuständig, von dem ich bis auf ein paar Skizzen zuvor nichts gesehen habe. Ich wußte, wie das Cover aussehen sollte, und so ist es auch geworden. Der Typ auf dem Cover sieht nur ein bißchen so aus, als hätte er Verstopfungen, oder als beuge er sich über etwas seltsames. Ich fürchte mich nicht davor, sehr starke Bilder als Albumcover zu verwenden, im Gegensatz zu den meisten Bands, die unoriginelle Ideen für ihre Covers (und auch für ihre Musik) aufgreifen. Sie knallen gewöhnlich einen Schädel oder ähnlichen Scheiß vorne drauf, und das wars dann. Ich dagegen will aber, daß unsere Alben etwas besonderes sind, auch wenn das bedeutet, daß sie vielleicht ein bißchen blöd aussehen. Ein sehr starkes Bild ist etwas, an das sich die Leute erinnern, und meine Lieblingscover sehen auch nicht besonders nach Metal aus. Wenn es das Ziel ist, die Leute zu unterhalten und ein nachhaltiges Statement abzugeben, dann verstehe ich einfach nicht, warum so viele Album-Covers so langweilig sind. Das ist das, was mich an der Metal-Szene so aufregt: Sie ist LANGWEILIG!!! Es klingt alles gleich, sieht gleich aus, und das alles nur, weil die Leute zu sehr Angst haben, ein bißchen Show zu machen, sich als Entertainer zu präsentieren. Auf der anderen Seite verkaufst du mehr Alben, je mehr du nach einer anderen Band klingst, weil die Leute einfach keine Herausforderung wollen. Sie wollen einfach wissen, wie etwas klingt, bevor sie es sich anhören.

Der Name (THE LORD WEIRD) SLOUGH FEG ist von irischer Mythologie inspiriert, du vermischst Oldschool-Heavy Metal mit Irish Folk...was macht diese irische Thematik für dich so interessant? Bist du „Fan“ von Irland oder eher an der Mythologie und der Musik interessiert? Warst du schon einmal in Irland?

Ob ich ein Fan von Irland bin? Was meinst du damit? Ihr Fußball-Team vielleicht? Ich war schon in Irland, und mir gefiel es dort sehr gut. Ich habe ein paar gute Shows dort gespielt und mit coolen Leuten abgehangen, aber das war lange nachdem ich diese irische Songs geschrieben habe. Eigentlich kenne ich mich mit irischer Musik überhaupt nicht aus und bin auch nicht daran interessiert. Ich schreibe einfach Metal-Songs, die irgendwie irisch klingen. In den Texten geht es oftmals um Mythologie, aber nicht ausschließlich um irische. Ich schreibe auch über griechische und nordische Themen. Beispielsweise ist „Sky Chariots“ ein Song, von dem jeder ausgeht, er handele von den Kelten. Stattdessen geht’s in diesem Text aber um Wikinger.

Wo wir gerade über Oldschool reden: das SLOUGH FEG-Material ist eher von Band wie MANILLA ROAD/frühen MAIDEN/THIN LIZZY beeinflußt denn von neuerem Zeug wie beispielsweise ICED EARTH. Was macht deiner Meinung nach MANILLA ROAD so besonders, verglichen zu anderen Acts?

Eigentlich sind wir gar nicht mal so sehr von MANILLA ROAD beeinflußt. Niemand bei SLOUGH FEG ist wirklich ein MANILLA ROAD-Freak. Ich mag sie, aber das Cover „Streetjammer“ habe ich gemacht, weil mich jemand mal gefragt hatte, ob ich Lust hätte, einen Song zu einem MR-Tribute-Album beizusteuern. Also haben wir das gemacht, er klang gut, und wir brauchten noch einen Song für das Album, deshalb ist er drauf. Die frühen MAIDEN sind da schon ein besseres Beispiel. Ich denke mal, daß jeder bei SLOUGH FEG die Band mag. Ich mag ansonsten keine neuen Bands, nicht eine einzige populäre. Jedesmal wenn ich eine neue „Power Metal“-Band höre, klingt die für mich wie Pop-Musik. Daran ist doch nichts mehr Metal. Ich glaube, heutzutage mußt du richtig schlecht sein, um bekannt zu werden. Das ist in meinen Augen traurig, denn ich wäre gern auch etwas bekannter, habe aber auch gesehen, was man tun muß, um diesen Status zu erlangen. Und das finde ich einfach traurig, aber ich werde niemandem dafür in den Arsch kriechen. Das widerspricht doch dem, für das Metal steht. Wie gesagt, frühe MAIDEN ist ein gutes Beispiel, denn sie haben mehr und mehr versucht, die besten zu werden, wirklich die besten zu sein, „not just to sell out“! Und sie haben es geschafft, seit 1980 die beste Live-Metal-Band des Planeten zu sein, und später wurden sie die berühmteste. Meiner Meinung nach kann einem das heute nicht mehr passieren. Du kannst dich in allen Belangen verbessern, kannst bessere Shows spielen, immer bessere Alben auf den Markt werfen und dir immer treu bleiben, und trotzdem kriegst du einen Scheiß dafür. Es scheint, als würde die Szene ziemlich stagnieren.

Sprechen wir mal über “alt” und “neu”: soll der Titel des letzten Albums - Avatism” – vielleicht als Synonym für den heutigen Heavy Metal, der ja immer mehr zu den Wurzeln zurück geht, herhalten? Ein Synonym für Bands, die einen Scheiß drauf geben, was heutzutage „hip“ ist und weiter Achziger-Metal spielen?

Irgendwie schon. Es geht auch um mich als Person und speziell um SLOUGH FEG. Es geht nicht darum, in die Achziger zurück zu reisen oder sowas, sondern darum, daß SLOUGH FEG zu dem Punkt zurück gehen, wie sie in den frühen Neunzigern klangen.

Bleiben wir mal bei dir als Person: dein Name Scalzi klingt ja ziemlich italienisch. Wo wurdest du geboren, und wo bist du aufgewachsen?

In bin mitten in Pennsylvania geboren und auch dort aufgewachsen. Mein Vater dagegen ist 100prozentiger Italiener.

Kannst du auch ein bißchen davon erzählen, wie du in die Metal-Szene reingerutscht bist? Wie kam der Kontakt zum Rock/Metal zustande? Wann hast du angefangen, selber Musik zu machen, und wer sind/waren deine Idole?

Ich war 13 und war wie jeder andere angepißt. Da kam ich dann in Kontakt mit OZZY und QUITE RIOT, von denen ich mir dann auch meine ersten beiden Metal-Platten zulegte. Danach stand ich dann auf MAIDEN, SABBATH und das ganze Zeug, und das hat dann alles verändert. Als ich anfing Gitarre zu spielen, wollte ich wie Tony Iommi klingen und fing dann wohl so mit 14 oder 15 an, Songs zu schreiben. Wie jeder andere wollte ich in einer Band spielen und wollte irgendwann natürlich Rockstar werden, auch wenn ich ganz am Anfang darüber noch nicht nachgedacht hatte. Ich wollte einfach in einer Band spielen. Als das dann klappte, wollte ich alles größer aufziehen und von Pennsylvania wegziehen, an einen Ort, wo ich mehr Möglichkeiten hatte.
In der ersten richtigen Heavy-Band – HEART OF DARKNESS - spielte ich allerdings erst im Jahre 1986. Da waren ein paar Typen, die von einer Hardcore-Band stammten und Metal spielen wollten, wohingegen ich ein Metal-Typ war, der Hardcore zocken wollte und anfing auf Zeug wie BLACK FLAG zu stehen. Das machte das ganze dann richtig interessant, und wir spielten eine Art Speed Metal oder Hardcore/Metal-Crossover. Damals war das alles ziemlich cool, und wir eröffneten für Bands wie C.O.C., AGNOSTIC FRONT und DR. KNOW. Zu der Zeit kam ich dann auf den Geschmack, große Live-Gigs zu spielen. Dann zogen wir richtung Westen und sahen, daß die Metal-Szene im Sterben lag, was uns natürlich enttäuschte.

Du agierst ja als Frontmann UND als Gitarrist. Für mich als durchschnittlichen Gitarristen wäre es mal interessant zu erfahren, welches Equipment du benutzt, vor allem, welche Gitarren (und Pickups) und welche Amps. Ich vermute einfach mal, daß du kein großer Fans von Modelling-/Digital-Verstärkern bist.

Ich spiele nur eine Gibson Les Paul mit den Standard-Gibson-Pickups, werde mir aber wohl bald eine SG zulegen. Sicher ist in der Hinsicht aber noch nichts. Mein Amp ist ein alter 1977er Marshall JMP, ein einfacher Verstärker, der ohne Master Volume auskommt. Das einzige Pedal, das ich dazu benutze, ist ein altes Boss DS 1 Distortion-Pedal. Ich mag all die Effekte nicht. Ein Haufen Leute benutzt diese seltsamen Racks, die leuchten, eine Menge Geld kosten und den ganzen Platz wegnehmen. Ich werde oft gefragt, wie ich es hinbekomme, daß meine Gitarre so klingt wie sie klingt. Die Antwort darauf ist dann: Schmeißt den ganzen Scheiß in die Tonne, stöpselt eure Klampfe in einen alten Verstärker aus den Siebzigern oder Achzigern und dreht ihn richtig auf! Das ist alles!

Zum Schluß würde ich gerne noch etwas über deine Faves in den folgenden Bereichen erfahren:

- Platten


THE BEATLES – White Albums
BLACK SABBATH – Sabbath Bloody Sabbath
MAIDEN – Killers
PRIEST – Killing Machine
BLACK FLAG – My War

- Filme

Fat City: ein Film über einen alkoholkranken Boxer
Night Of The Iguana mit Richard Burton
Deadbeat At Dawn: der Film handelt von Straßen-Gangs in Ohio während der Achziger.

- Bücher

Twilight Of The Idols von Nietzsche
The Stars My Destination von Alfred Bester
Frankenstein von Mary Shelly
Ask The Dust von John Fante
Big Sur von Jack Kerouac

Ok, dann danke ich dir für das Gespräch!

Danke auch von mir!
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