Du wärst überrascht, wenn du wüsstest, wie wenig bekannte Bands live aufnehmen!


Interview mit The Haunted
Modern Thrash Metal aus Schweden - Göteborg
Es ist immer wieder schön, wenn man auf dem falschen Fuß erwischt wird. So auch hier. Denn der erste Satz der aus dem Hörer schallt ist: "Hey, hier ist nicht Peter! Ich bin Patrick [Jensen]" Aber Improvisation ist ja bekanntlich alles…

Bitte stell uns doch kurz einmal dich und die Band vor! Wer seid ihr und was macht ihr für Musik?

Patrick: Kurz gesagt: Wir sind 5 Jungs, die für Metal leben. Und wir wollen denen, denen es genauso geht, das übermitteln, was wir dabei empfinden und sehen, wie sie dabei verrückt werden und sich einfach der Musik hingeben!

Wie würdest du euren Musikstil charakterisieren?

Patrick: Nun, viele ordnen uns in die Thrash oder auch Neo-Thrash Szene ein. Ich selbst würde mich dagegen nicht wehren, denke aber vielmehr, dass THE HAUNTED immer schon ihren eigenen Sound gespielt haben und sich bestimmt auch andere Bands darüber definiert haben. Es würde ebenso schwer fallen, diese Bands einem Genre zuzuordnen.

Vor ein paar Tagen seid ihr auf dem Wacken Open Air hier in Deutschland aufgetreten. Wie war das

Patrick: Man muss vorausschicken, dass wir lange Zeit große Probleme hatten, hier in Deutschland überhaupt auftreten zu können. Oder zumindest vor einer derartigen Kulisse. Wir standen bei einem britischen Label unter Vertrag, was es alleine dadurch schon schwierig gemacht hat im Ausland, besonders auch in Deutschland, Auftritte zu organisieren.
Dies ist jetzt glücklicherweise anders. Der Auftritt beim Wacken Oper Air war einfach großartig. Da waren so viele Zuschauer, wie man sie normalerweise nicht hat. Klar, auf Festivals sind auch viele Menschen, die einfach mal vorbeigehen und eine Band "mitnehmen" wollen, aber das war in unserem Fall gar nicht so schlimm. Mehr als die Hälfte der Menge bildete einen einzigen Mosh-Pit und es war wirklich ein großartiges Gefühl in diesem Moment auf der Bühne zu stehen.

Hast du dir auch den Gig von AT THE GATES angesehen?

Patrick: Oh ja!

Wie hat er dir gefallen?

Patrick: Super! Sie machen wirklich erstklassige Musik!

Was ist das für ein Gefühl so eine legendäre Band wie AT THE GATES mit THE HAUNTED Mitgliedern zu sehen? Das sicherlich bekannteste Beispiel für einen Konfliktherd bezüglich anderen Projekten verschiedener Bandmitglieder stellt METALLICA mit Jason Newsted dar.

Patrick: Also ich kann mit Sicherheit sagen, dass ich da im Grunde andere Ansichten habe als James auf "Some Kind Of Monster". Ich denke nicht, dass man die Grenzen einer Band derart eng stecken sollte.
Natürlich ist es nicht einfach, wenn Anders und Jonas für drei Wochen mit AT THE GATES auf US-Tour gehen und THE HAUNTED in dieser Zeit quasi auf Eis liegt. Aber wie ich zuvor schon sagte: Das muss man respektieren!

Es gab um Peter eine Zeit lang ja ein paar Schwierigkeiten. Er stieß fast direkt nach der Gründung zur Band, um sie 1998 wieder zu verlassen. 2003 kam er jedoch wieder zurück. Um was ging es dabei genau?

Patrick: Nun, Peter ist eigentlich nie ein richtiger Metalhead gewesen. Vielmehr war er ein rastloser, ehrgeiziger Junge, der unbedingt ein Teil von uns sein wollte. Und wie es mit solchen eben ist, wollte er etwas Neues machen, als das Touren, die Aufnahmen und das Bandleben zum Alltag wurden. Zusätzlich gründete er eine eigene Familie und heiratete. Das kann schnell zu einem Lebenswandel führen.

Was war der Grund für seine Rückkehr?

Patrick: Wir waren es, die von uns aus auf ihn zugingen und ihn fragten, ob er nicht wieder an Bord kommen wolle.

Und er hat sofort zugesagt?

Patrick: Ja!

Okay! Kommen wir nun zu eurem neuen Album: "Versus". Wenn du es in ein oder zwei Wörtern beschreiben müsstest… wie würden diese lauten?

Patrick: (denkt etwas länger nach) Ich würde sagen: live

Wieso gerade live?

Patrick: "Versus" ist das erste Album, das wir überhaupt live im Studio aufgenommen haben, was es zu einem ganz Besonderen macht. Wir hatten um die 21 Songs in unserem Repertoire, die wir in sieben Tagen im Studio aufnahmen. Dabei entwickelst du eine unglaubliche Energie! Wir fühlten uns, als ob wir hier etwas Großes vollbringen, wie es andere Bands wie ANTHRAX zum Beispiel auch schon getan haben.
Das besondere dabei ist, dass du sowohl überzeugend als auch perfektionistisch an die Arbeit heran gehen musst! Was aber auch nicht besonders schwer fällt, betrachtet man doch am Ende das Ergebnis: Der Sound ist sehr viel härter! Nimm als Beispiel einmal "Ceremony"! Der Song beginnt eher ruhig und leise, entwickelt gegen Ende hin aber eine unglaubliche Power und Härte, was man ohne Live-Aufnahme kaum hätte einfangen können.

Ich habe "Versus" mehr als nur ein paar Hördurchgänge gegeben und muss sagen, dass es mir sehr gefällt. Ich glaube, sogar, dass es möglich ist, Vergleiche zu den Erstwerken zu ziehen, genauso wie es möglich ist Elemente von "The Dead Eye" zu finden. "Versus" scheint tatsächlich sowohl die älteren wie auch die neueren Trademarks zu verbinden.

Patrick: Ich freue mich wirklich, dass du das so siehst. Denn genau das war auch unsere Absicht, als wir "Versus" entstehen ließen. Zu "The Dead Eye" muss ich sagen, dass der Sound wirklich anders ist verglichen mit "rEVOLVEr" beispielsweise. Ich selbst war am Schreibprozess bei "The Dead Eye" kaum bis gar nicht beteiligt, da mein Vater erkrankte und ich mich damit zu diesem Zeitpunkt in einer ganz anderen Stadt aufhielt. Die Jungs gaben dem Album eher eine dunklere, progressive Atmosphäre.

Also kann man davon ausgehen, dass "The Dead Eye" in der Form, wie wir es heute kennen, niemals so entstanden wäre, hättest du daran mitgearbeitet?

Patrick: Das ist richtig! Bis dahin habe ich auf jedem Album die Songs mitgeschrieben und ich brachte auch zu jenem wieder Songideen mit. Allerdings zu spät, wie sich herausstellte. Die anderen haben nun mal einen Hang zum Progressiven. Ich stehe da eher auf die alten Sachen wie AC/DC oder MOTÖRHEAD. Meine Ideen von damals sind nicht verloren gegangen, sie sind größtenteils auf "Versus" nun eingebaut worden.

Bezieh doch bitte noch mal kurz Stellung zum Song "Imperial Death March". Ich glaube, ihr seid nicht nur musikalisch sondern auch darin sehr talentiert, den Hörer das ein oder andere Mal zu überraschen. Ich hätte eher mit einer Ballade gerechnet, aber nicht mit etwas Derartigem!

Patrick: Dafür gibt es einen Grund: Peter! Er hat ihn geschrieben! Normalerweise geht es in unseren Lyrics des Öfteren um politische Unterdrückung oder auch Unterdrückung als solche. Ich könnte mir vorstellen, dass er in diesem Fall auch irgendeine Art von perverser Unterdrückung meint. Ich weiß nicht… kennst du
von JUDAS PRIEST "Defenders Of Faith"?

Ja, kenne ich.

Patrick: Ich denke, dass es hier die ein oder andere Ähnlichkeit gibt. Beide sind wirklich sehr heavy!

Hey stimmt. Die Ähnlichkeit war mir bis dahin noch gar nicht aufgefallen... Kann man denn nun damit rechnen, dass auf einem der kommenden Alben auch eine Ballade vertreten sein wird?

Patrick: (lacht) Ich würde niemals nie sagen! Aber wenn das passieren sollte, dann hatte ich mit Sicherheit nicht meine Finger im Spiel!

Wie sieht es denn mit euren Zukunftsplänen aus? Wo führt euch eure nächste Tour hin?

Patrick: Wir touren demnächst durch Skandinavien, Südamerika, USA, Taiwan und China u.a. aber ich freue mich besonders auf den Zwischenstopp in Israel. Es ist wirklich etwas Besonderes dort zu spielen, aufgrund einer völlig anderen Art Menschen, die du da triffst. Danach geht es irgendwann dann auch wieder nach Europa!

Mit einer Deutschlandtour?

Patrick: Natürlich kommen wir auch wieder nach Deutschland! Wir haben von befreundeten Bands gehört, dass Deutschland einer der wichtigsten Märkte für Metal überhaupt ist.

Das ware dann von meiner Seite alles. Vielen Dank für das Interview, Patrick. Möchtest du noch irgendwas sagen?

Patrick: Ich danke dir! Was mir noch wichtig ist, noch einmal zu erwähnen: Viel mehr Bands sollten einmal versuchen ihre Alben live aufzunehmen. Der Sound und all das, was man mit Musik verbindet, wird damit einfach auf eine sehr viel bessere Art und Weise vermittelt. Du wärst wirklich überrascht, wenn du wüsstest, welche der ganz großen Bands eben das nicht tun!
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