Solange es noch Spaß macht zu spielen, werde ich da sein


Interview mit One Man Army And The Undead Quartet
Death Thrash Metal aus Schweden - Trollhättan
Bereits beim letzten Mal war ONE MAN ARMY AND THE UNDEAD QUARTET Chef & Frontmann Johan Lindstrand ein sehr angenehmer und offener Gesprächspartner. Auch wenn das Gespräch dieses Mal nur aus dem Beantworten von auf dem Bildschirm vorliegenden Fragen war, gibt er doch wieder freimütig und zu Scherzen aufgelegt Auskunft über die diversen Veränderungen, die es im Vorfeld des neuen Albums „The Dark Epic“ gab, wie den Einschnitt, den der Abschied von dem langjährigen Gitarristen Mikael Lagerblad bedeutete, die Umstellungen im graphischen Bereich und wie es mit der ONE MAN ARMY weitergeht.
Zudem werde ich wohl bei der nächsten Tour eins meiner Shirts opfern müssen…


Servus Johan, ich hoffe, dir geht’s gut und du bist bereit für alles, was mit dem Release eines neuen Albums so zusammenhängt.

Wir sind bereit für alles, sowohl das Erwartete als auch das Unerwartete. Hehe.

Seit dem Start der ONE MAN ARMY habt ihr bis Ende 2008 stets Alben veröffentlicht und getourt, 2009 habt ihr dann nur noch wenige Shows gespielt und anschließend eine Auszeit genommen. Woran lag’s?

Der Hauptgrund für die Pause war natürlich, dass Mikael die Band verlassen hat. Er war ein wichtiger Bestandteil der Band, ein Originalmitglied und ein wichtiger Songwriter. Nachdem er uns am 1. April 2009 verlassen hat, waren wir für einige Shows gebucht, was für uns damals die höchste Priorität besaß. Wir haben ein Sessionmitglied bei diesen Shows dabei gehabt und uns gleichzeitig nach einem neuen Vollzeitmitglied umgesehen. So ist am Ende fast ein Jahr vergangen mit ein paar Shows spielen und dem Rekrutieren eines neuen Mitglieds, bevor wir es überhaupt in Betracht ziehen konnten, wieder ins Studio zu gehen. Aber diese Zeit war notwendig, um die Batterien wirklich wieder aufzuladen, den neuen Kerl kennenzulernen und schließlich frei von Druck mit neuem Killermaterial aufwarten zu können.

Euer neuer Gitarrist Jonas ist in anderen Bands bisher vor allem als Drummer in Erscheinung getreten. Habt ihr mehrere Leute zur Probe vorspielen lassen, um Ersatz für Mikael zu finden, oder ist Jonas ein alter Bekannter von euch, dem ihr die Gelegenheit geben wolltet, auch mal Gitarre in einer Band zu spielen statt immer nur hinter einem Haufen von Equipment rumzusitzen?

Ja, er ist ein Multiinstrumentalist. Er spielt auch Schlagzeug und hat mal Keyboard gespielt, aber sein Hauptinstrument ist die Gitarre. Ironischerweise hat er angefangen, bei der aufsteigenden Band TRIDENT Schlagzeug zu spielen, und das hat die Drums eine Zeit lang zu seiner Toppriorität gemacht. „But now he is back with the axe and ready to slay you all.” Robert (Axelsson, Bass) kannte ihn ein wenig, weil sie aus dem gleichen Ort kommen, deshalb waren ihm Jonas’ Qualitäten bekannt, bevor wir ihn getestet haben. Wir haben insgesamt zwei Leute vorspielen lassen und beide waren großartig, aber Jonas „was way more metal“ als der andere Kerl, also war er die offensichtliche Wahl. Er ist ein toller Gitarrist, Freund und großartiger Songwriter.

Schon auf den ersten Blick kann man auf die Idee kommen, dass „The Dark Epic“ ein neuer Anfang für die Band ist, weil zum ersten Mal keine gigantische Killermaschine auf dem Cover ist sondern eine Wüstenei mit Krähen und einem finsteren Kerl, der wie der Sensenmann aussieht. Oder interpretiere ich zu viel in das geänderte Artwork?

Es war Absicht, bei diesem Album eine Menge zu ändern. Weil Mikael aufgehört hat, wollte ich einen Neustart mit einer Menge Änderungen machen. Ich wollte General Grim, der auf allen vorherigen Artworks zu sehen war, loswerden und ich wollte eine neue musikalische Herangehensweise. Wir haben Björn von Killustrations (Gooßes, hat u.a. auch die aktuellen Cover von MOTORJESUS & UNDERTOW gestaltet und ist Frontmann von THE VERY END), der bereits eine Menge cooles Merch für uns gemacht hat, kontaktiert und ihn gefragt, ob er das komplette Artwork machen will, woraufhin er nicht eine Minute gezögert hat. Wir haben ihm nur den Namen gegeben und die Farben, die ich haben wollte: Rot, Weiß und Schwarz. Er hat daraus dieses tolle rohe Bild kreiert, das sich einfach 110% nach Death Metal anfühlte und wie ein Poster zu einem Horrorfilm aussieht. Was ist mehr Metal als der Sensenmann?

Es kann sein, dass ich mich von dem Albumtitel ein wenig habe auf die falsche Fährte locken lassen, aber ich habe den Eindruck, dass „The Dark Epic“ seinen Namen lebt. Die Lieder sind dunkler, rauer und länger als in der Vergangenheit, aber immer noch hart, teilweise vielleicht sogar härter als die meisten eurer Lieder vorher. Hat sich das bei den Aufnahmen einfach so entwickelt oder gehörte das auch zu den beabsichtigten Änderungen?

Wir wollten einige Veränderungen, selbst wenn wir einige klassische ONE MAN ARMY Elemente beibehalten wollten. Jonas hat den Großteil der Musik geschrieben, aber wir haben uns darüber unterhalten, was wir wollen, und das waren im Prinzip längere Lieder mit mehr Überraschungen. Nicht so offensichtliche Arrangements und weniger Melodien. Mit diesen Richtlinien im Hinterkopf haben wir ein Album gemacht, dass sich brutaler als all unsere vorherige Arbeit anfühlt, und das liebe ich. Einer der Gründe für den früheren Sound war Mikael, der eine Menge melodische Sachen eingebracht hat. Das ist aber nichts, was ich ihm jetzt im Nachhinein vorwerfen will! Wir haben alle zusammen eine Richtung eingeschlagen und ich bin stolz auf die Sachen, aber nachdem wir jetzt die Old School Death Metal Einstellung zurückgebracht haben, kann ich gar nicht aufhören, die Situation zu lieben. Ich war immer ein Freund des Extremen, damals in den Zeiten mit THE CROWN, und ich wollte unbedingt dieses Gefühl aus den 90ern zurückbringen. Ich glaube wirklich, dass „The Dark Epic“ massiven Death Metal rüberbringt, und denke, eine Menge Fans werden das begrüßen.

Es ist immer schwierig, ohne Texte die Bedeutung von Liedern zu interpretieren, also frage ich einfach: Gibt es ein textliches Konzept hinter „The Dark Epic“, das die Lieder alle verbindet, oder hat jedes eine eigene Bedeutung?

Jedes hat seine eigene Bedeutung, aber natürlich haben sie alle auch eine Sache gemein und das ist der Tod. Keine große Überraschung, hehe. Ich beschäftige mich mit einer Menge Themen, viele Sachen, die ich in der Zeitung gelesen oder im Fernsehen gesehen habe, in Verbindung mit meinen persönlichen Ansichten. Dieses Mal habe ich die Texte düsterer und brutaler gestaltet im Vergleich zu einigem in der Vergangenheit, als es durchaus eine Spur schwarzen Humor besitzen konnte. Die Texte sind dieses Mal nicht so leichtlebig sondern deutlich aggressiver, um die spezielle Anerkennung des Sensenmann zu erhalten.

Und welches der Lieder ist dein Favorit, nicht musikalisch sondern textlich?

Ich finde „Stitch“ hat einen großartigen Text. Es handelt von Menschen im Krieg, die an der Front sind und deren Kopf total kaputt gemacht wird von den ganzen Leichen und um sie fliegenden Kugeln. Überall Tod und der Geruch von Verrottung. Ich bin zwar offensichtlich nie selbst im Krieg gewesen, aber ich kann mir sehr gut vorstellen, wie man sich in so einer Situation fühlt. Wird man je wieder der selbe sein, selbst wenn man lebend herauskommt? Darauf bezieht sich der Titel. Du kannst mehr oder weniger jede Wunde zusammenflicken, außer den Schrecken, die sich in deinem Geist abspielen.

Mit einem neuen Album im Gepäck ist jetzt wohl auch die Zeit gekommen, um einen neuen Tourzyklus zu starten, oder? Gibt es etwas, auf das du dich dabei besonders freust? Und etwas, das du gerne vermeiden würdest, das aber unvermeidbar ist?

Ja, hoffentlich wird es einige Shows geben. Bis Mai oder Juni werden wir es recht locker angehen lassen, weil Jonas im März Vater wird, aber dann werden wir versuchen, ein paar gute Shows zu bekommen und hoffentlich auch eine Tour im Herbst.
Es gibt so viele Dinge, die ich gerne mit dieser Band erleben würde… Dazu gehört auf jeden Fall, Shows in den USA und in Japan zu spielen. Es scheint unmöglich zu sein, aber wir bleiben hoffnungsfroh. Wir wissen, dass wir ein gutes Album gemacht haben, also kann alles passieren. Alles, was ich gerne vermeiden würde, ist schon passiert.

Kommen wir mal weg von der ONE MAN ARMY zu etwas allgemeineren und persönlicheren Fragen.
Was sind deiner Meinung nach die Gründe, dass Schweden so eine wichtige Rolle in der Welt des Heavy Metal spielt?


In Schweden gab es immer eine positive Haltung gegenüber diesen Dingen für junge Leute. Die Gesellschaft hat den Leuten immer die Chance gegeben, in einer Band zu spielen, mit Zugang zu Proberäumen und auch allem nötigen Equipment. Alles kostenlos, das ist wahrscheinlich einer der Gründe, warum so viele Qualitätsbands von hier kommen. Weil sie von Beginn an alles zur Verfügung hatten. Alles, was du brauchst, ist das reine Interesse an Musik und eine Vision, wie du gute Musik machen kannst, dann bist du schon auf dem Weg in die Arenen. Haha! Natürlich ist es nicht ganz so einfach. Aber in vielen anderen Ländern musst du dich um alles selbst kümmern. Wenn die Gesellschaft sich einen Dreck darum kümmert, ist es natürlich schwieriger eine Band musikalisch und finanziell ans Laufen zu bringen. Wir sind in einer glücklichen Situation in Schweden.

Wie stehst du selbst heute zum Metal, nachdem du seit so langer Zeit ein Teil davon bist?

"I really don’t care anymore." All die Bands, die mich zur extremen Musik gebracht haben, bringen es nicht mehr wirklich. Sie machen noch solide Musik, aber sie geben mir keine Gänsehaut mehr. Manchmal kommt eine neue Band mit einem guten Sound, aber nicht so oft. Deshalb höre ich mir stattdessen die Klassiker an. Und es gibt eine Menge Oldies, die mir auch in den vielen Jahren, die noch kommen werden, immer noch Freude bereiten werden. Aber ich höre mir auch eine Menge Sachen von außerhalb des Genres an, das gibt mir eine größere Perspektive und es macht den Death Metal Teil, wenn ich aktiv bin, unterhaltsamer für mich, weil ich dann fokussierter bin und dessen nicht so überdrüssig.

Was fühlst du, wenn du auf deine Karriere zurückblickst: Stolz über die Dinge, die du erreicht hast. Freude, weil du etwas getan hast und tust, was du und viele andere Leute lieben. Oder etwas anderes?

Ja, ich bin sowohl stolz als auch froh über all die Sachen, die ich gemacht habe. Seit 21 Jahren bin ich jetzt dabei und werde es hoffentlich noch für mindestens zehn weitere Jahre sein. Manchmal war es sehr hart, aber ich bin immer noch da. 99% von dem, woran ich beteiligt war, hat sich aus finanzieller Sicht für mich nicht gelohnt. Das war oft ein Thema, wenn es um die Frage ging, ob man weitermachen soll oder nicht, weil du immer Geld brauchst, um deine Rechnungen zu bezahlen. Aber bisher habe ich es geschafft zu überleben. Und solange es noch Spaß macht zu spielen, werde ich da sein.

Auf einem meiner Shirts steht der Spruch: „Sideburns – get them now and become a real king of class“ Eine wahre Aussage?

Auf jeden Fall eine wahre Aussage! Ich will das Shirt!

Zu guter Letzt: Beim letzten Mal habe ich auf Fragen zu THE CROWN verzichtet, aber in der Zwischenzeit haben sie ein neues Album rausgebracht, also würde ich gerne von dir wissen, was du von „Doomsday King“ hältst.

Es ist ein ziemlich cooles Album. Nicht das beste, was sie je gemacht haben, aber sie sind glücklich mit dem, was sie tun, und das macht auch mich glücklich.

Danke für deine Zeit, Johan. Die letzten Worte überlasse ich dir.

An alle deutschen Metalheads da draußen: Hört euch unser neues Album „The Dark Epic“ an, kauft diese kick-ass Platte und unterstützt weiter den Death Metal. Wir sehen uns auf Tour!

(v.l.n.r. auf Bild 1: Jonas, Johan, Mattias, Marek, Robert; auf Bild 3: Marek, Robert, Johan, Mattias Jonas)
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