Letztlich sind wir alle Metaller


Interview mit Powerwolf
Power Metal aus Deutschland - Saarbrücken
Aufwärts und immer weiter aufwärts dreht sich die Spirale für POWERWOLF, was unter anderem die euphorischen Reaktionen auf der kürzlich absolvierten Power Of Metal Tour mit SKULL FIST, GRAVE DIGGER und SABATON bewiesen. Dort hat es kurzfristig nicht mit dem Interview geklappt, aber Keyboarder Falk Maria Schlegel sicherte eine Nachholmöglichkeit zu, die wir jetzt ergreifen konnten, um im geselligen Plauderton dies und jenes anzusprechen und auch die unbeantwortete Frage vom letzten Mal kommt zu Antwortehren.


Platz #23 mit "Blood Of The Saints" in den deutschen Albumcharts – Es dauert also nicht mehr lange bis Weltherrschaft in Wolfherrschaft umbenannt wird, oder?

Ganz genau das ist der Plan. Sollte eigentlich schon mit der „Bible Of The Beast“ klappen... Nun geben wir mir mit „Blood Of The Saints“ Vollgas, hehe. Nein, im Ernst, wir sind von den tollen Reaktionen überwältigt!!

Das hat sich ja auch in den Besucherzahlen und Reaktionen auf der Power of Metal Tour niedergeschlagen. Meinem Empfinden nach waren in Oberhausen mehr Leute heiß auf euch als auf GRAVE DIGGER, was im Ruhrgebiet schon was heißt.

Wir haben uns extrem über diese Reaktionen gefreut. Die Tour lief fantastisch und das Package war der Hammer! So etwas habe ich noch nicht erlebt. Eine richtig geile Festivaltour, wo die Bands sich untereinander prächtig verstehen... Man kann einfach sagen, dass es super für uns lief... Wer nun mehr ankommt, liegt im Auge des Betrachters. :-))

Was hatte es eigentlich mit dem Schaf auf sich, dass ihr von SABATON geschenkt bekommen habt?!? Ich kenne einige Gags über Saarländer, aber Schafe...

Tja, gute Frage... der Wolf im Schafspelz oder so etwas. Das haben die Schweden ausgeheckt... Dafür gabs von Attila nachher leckeres Guiness auf der Bühne mit SABATON.

Oder das Schaf im Wolfspelz und ihr habt nicht so wüst gefeiert wie die Schweden das vorher angenommen haben.

Glaub mir, wir haben gefeiert.

Wenn man dir live zusieht, könnte man fast auf die Idee kommen, das Animieren der Leute und Rumkaspern macht dir mehr Spaß als das Spielen. Live auftreten ist schon das Beste am Banddasein für dich, oder?

Das eine geht für mich nicht ohne das andere. Ich bin kurz vor einem Gig voller Energie und die muss raus, die muss ich an die Leute weitergeben. Das schaffe ich nicht, wenn ich mich an meiner Orgel festhalte. Dementsprechend nutze ich die Spielpausen, um über die Bühne zu wetzen. Ich glaube, die Leute erwarten das auch mittlerweile von mir, hehe. Und ganz ehrlich: Ich konnte früher bzw. auch heute wenig mit Keyboardern anfangen, die sich hinter ihrer Keyboardburg verstecken... Das finde ich schon immer langweilig! Aber eins ist klar: Ein Umhängekeyboard wie ALESTORM wird es bei uns nicht geben!! Und ich gebe dir recht: Live ist das Beste, deshalb arbeitet man lange im Studio etc...

Schade, Keytars haben so einen speziell cheesigen Charme, der für mich gut zu den Ventilatoren (, die die beiden Greywolfs live einsetzen,) passen würde.
Ich hab einen Tag nach dem Power of Metal Konzert FIREWIND in Köln gesehen und Bob Katsionis mit dem nach vorne gekippten Keyboard ist auch ne Schau, der spielt dann Gitarre, wenn das Keyboard schweigt.


Klar, aber Gitarre kann ich nur in der Luft spielen oder zur Not Matthews Saiten anschlagen

Das mehr oder weniger Motto zum Album "I saw the woman drunk with the blood of the saints and with the blood of the martyrs of Jesus." hab ich in seinem Bedeutungsumfang nicht ganz verstanden, vielleicht bin ich auch nicht bibelfest genug. Kannst du das ein bisschen einordnen für mich und andere nicht so bibelfeste Gestalten?

Das ist aus der Johannes Apokalypse, Kapitel 16, Absatz 6. Das Betrunkensein vom Blut der Heiligen steht in der erster Interpretation für den Teufel. Der zweite Aspekt ist, und das ist viel interessanter, dass das Betrunkensein vom Blut der Heiligen als eine sehr frühe Form der Kritik an der Institution Kirche zu verstehen ist. Die Johannes Apokalypse wurde zwischen dem 2. und 3 Jahrhundert geschrieben, dabei wurden auch Regeln bzw. Regelwerke geschrieben... Heiligenverehrung ist ja schließlich nichts, was im Ursprung einer Religion liegt

Da gibt es dann auch einen Schnittpunkt zu "Metal is religion" - die Verehrung von Dio, Ozzy, Dimebag oder anderen war vielleicht nicht anfangs intendiert, der Status oder das Image von Rockstars hat dann aber doch einige zur Musik geführt.

Naja, Verehrung für Musiker gab es ja schon fast immer... Ein frühzeitiges Ableben potenziert natürlich diesen Kultstatus.

Also bei eigentlicher Religion ist das Mist, bei Metal, selbst wenn er laut euch Religion ist, gehört das aber einfach dazu?

Für viele ist Musik oder Metal im speziellen wie eine Art Religion. Das verbindet Menschen und man fühlt sich gut oder stark. Ich glaube, dass dies insbesondere bei Metal ganz stark ausgeprägt ist!

Ich glaube zwar, dass der Verbindungsaspekt ein bisschen überstrapaziert ist, weil es mittlerweile so viele Metalfans (und auch Subgenres) gibt, dass auch Diskrepanzen größer sein können als Zusammenhalt, gerade wegen unterschiedlicher Geschmäcker innerhalb des Metals (bzw. je nach Sicht eben "das ist kein Metal mehr!"), aber ich weiß, was du meinst, und sehe das auch ähnlich.

Klar gibt es Unterschiede im Genre. Aber letztlich sind wir alle Metaller, hehe!

Dieses Mal gab es keine versteckten bzw. eingebauten alten Melodien wie bei „Werewolves of Armenia“, oder? (siehe auch das letzte Interview mit POWERWOLF)

Dann hör mal genau hin . Nein, wie immer alles echter WOLF!

Ich hab gerade bei "Dead Boys don't cry" und "All We Need Is Blood" mit "moderneren" Melodien oder Reminiszenzen gerechnet, aber vermutlich würde man sich da an den Rechten dumm und dämlich zahlen. Und der Sprung von "Big girls don't cry" zu "dead boys" ist eventuell auch ziemlich groß ist und mein Assoziationshirn hat da einen Sprung.

POWERWOLF spielt gerne mit Lyrik oder mit Texten... Gerade diese beiden Songs geben dazu Anlass und manch einer reibt sich verdutzt die Augen, "machen die das wirklich?" Ja, wir tun es, in der typischen WOLF Art.

Haha, ja gut, dass ihr Spielkinder seid, ist mir schon klar.
Warum eigentlich ein neuer Schlagzeuger? (Roel van Helden hat Tom Diener abgelöst.)


Naja, das hat sich so ergeben. Und das nur knapp eine Woche vorm Studiotermin. Um es vorweg zu nehmen: Wir haben mit Tom weiterhin ein gutes Verhältnis und wünschen ihm alles Gute. Aber vielleicht war er im Inneren nie ganz ein WOLF. :-)

Und Roel ist jetzt dauerhaft dabei?

Das wird die Zeit zeigen... Roel ist aber auf einem guten Wege... Nein, er kam zur Band und wusste gleich, worauf es ankommt. Er hat sich in zwei Tagen die Songs drauf geschafft und dann eingespielt. Und so ein Holländer hat seine Vorteile…

Ich hab gesehen, dass ihr seit unserem letzten Interview aus den Fragebögen auf eurer Homepage die Negativerlebnis-Fragen rausgenommen habt. Gabs dafür einen besonderen Grund?

Da ging es meistens um das schlechteste WOLF Konzert. Das gibt es jetzt ja nicht mehr, ist alles geil!! Nein, im Ernst, wir haben entschieden, dass dies eher ein langweiliges Statement ist.

Ok. Umgedreht finde ich es zwar nett, aber auch ein wenig gewagt, dass ihr auf eure Facebookseiten verlinkt habt. Ist Facebook so ein wichtiges Marketinginstrument geworden, dass man die Chance nicht auslassen sollte?

Naja, FB ist nicht nur ein Marketinginstrument. Die Zeit von etwas statischen Webpages ist ein Stück vorbei. Ich finde es super, mit den Fans über FB in Kontakt zu treten... Das gab es früher einfach nicht.

Bei den Making Of Fotos aus dem Studio war keiner von euch in Montur und geschminkt. Ich sehe das bei euch mittlerweile ein bisschen wie bei KISS mit den POWERWOLF-Identitäten und finde es völlig legitim, auch wenn ich mir eine "Unmasked" Tour nicht vorstellen kann und will.

Es gibt POWERWOLF nur so. Der visuelle Aspekt war für uns immer schon sehr wichtig. Es ist ähnlich wie bei ALICE COOPER vielleicht... Aber auch für mich nicht anders vorstellbar... Dass wir damit natürlich polarisieren, ist uns durchaus bewusst!
Und ganz klar: Wir laufen privat nicht geschminkt rum. Aber POWERWOLF ist halt mehr als nur der musikalische Aspekt. Wobei ich den Leuten auch immer sage: Vor allem Visuellen, die Musik ist entscheidend und die muss gut sein, sonst kannst du auf der Bühne Bäume ausreißen.

Das stimmt.
Ich muss dir übrigens zu deinem Geschmack gratulieren: Die schwedischen WOLF, FLOTSAM & JETSAM & HELL in den aktuellen Top5, sehr gut! Aber HELL müssen dem WOLF ja eigentlich auch gefallen...


HELL finde ich ne richtig gute Band und mit Andy Sneap hat man natürlich den Besten in den Reihen...

Letztes Mal war das Motto unseres Interview "Metal is religion", dieses Mal nehm ich dann deinen weisen Spruch von eurer Homepage, "Metal is a lifestyle", wenn du mir sagst, was du damit meinst.

Naja, ich glaube, ich habe es bereits angedeutet. Als Metal Fan hast du im Kopf immer diese Parallelwelt: Musik, Texte, Melodien, Stimmungen. Die trägst du mit dir. Du lebst mit ihnen... Das kann im normalen Alltag sein oder wie bei mir auf der Bühne... Ich lebe und liebe diesen Scheiß

Ich muss langsam zum Ende kommen, daher noch zwei kleine Fragen.
Die erste ist beim letzten Mal ohne Antwort geblieben, vielleicht hast du ja jetzt eine:
Gibt es irgendwen, den du gerne mal treffen würdest? Das bezieht sich jetzt nicht rein auf die Metal- oder Musikwelt, könnte auch ein Autor sein oder ein Schauspieler oder irgendeine Sexbombe.


Im Metal würde ich gerne mal Steve Harris treffen... Ich bewundere, was dieser Typ leistet. Im Bereich Kunst, den Regisseur Lars von Trier... Sein neuester Film Melancholia könnte ein Konzept für ein ideales Metal Album sein, vielleicht nicht eins für POWERWOLF , hehe.

Den find ich persönlich ziemlich unerträglich, aber das geht mir mit vielen Provokationskünstlern so, die für mich eine Grenze zu viel überschreiten. Ich kann das aber verstehen, zu erzählen hat der sicher einiges…

Allerdings. Provokation ist natürlich häufig ein gutes Stilmittel.

Ja, aber für mich gibt‘s da schnell eine Grenze, wo die Provokation die Substanz ersetzt, und da wird es schwierig, auch bei Schlingensief war das für mich so zum Beispiel.

Klar, das ist in der Tat ein ganz schmaler Grat.. Den geht die "Titanic" auch häufig. Hehe, und der WOLF auch!

Hehe, das wollte ich gerade sagen! Wenn ihr mal die Show einfach weiter so durchzieht, die Musik aber - „Saturday Satan“ bewahre - scheiße geworden ist, dann würde das in eine ähnliche Richtung gehen.

Das meinte ich eben... Wir sind eine Band, wir spielen Heavy Metal und wenn der Scheiße ist, kannst du machen, was du willst. Aber keine Sorge.

Letzte Frage (die man so vermutlich nicht vielen Menschen außerhalb des Saarlandes stellen kann): Spießbraten oder Schwenker?

Schwenker!

Wenn du noch letzte Worte hast an die Bloodchamber-Leser, darfst du sie jetzt anbringen.

Kommt zu unseren Shows, feiert den Metal und wir trinken euer Bluuut.

(Unterstes Bild von links nach rechts: Charles, Matthew, Falk, Attila)
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