Neaera Mortal Hatred & Arms to Amen

Neaera, Mortal Hatred & Arms to Amen

Neaera
Siegen, Vortex
29.10.2011
Die Stärken des Vortex in Siegen liegen nicht unbedingt in seiner Größe, einer tollen Akustik oder attraktiven Ausstattung. Vielmehr versprüht der kleine Schuppen räudiges Garagenflair gepaart mit heimeliger Atmosphäre, in der sich scheinbar jeder kennt. Vielleicht liegt der größte Vorteil des Vortex aber auch darin, dass es sonst im Raum Siegerland / Westerwald / Sauerland so gut wie keine Location gibt, die überhaupt mal irgendeine „bekanntere“ Band anlockt. Und wenn man sich diesen Stellenwert einmal verinnerlicht hat, kann man durchaus damit leben, dass der Schuppen nicht viel größer ist als das heimische Wohnzimmer…

Am heutigen Abend versammeln sich mit ARMS TO AMEN und MORTAL HATRED zwei Bands aus der näheren Umgebung, sowie mit NEAERA eines der deutschen Melo Death / Metalcore Flagschiffe in Siegen und locken damit durchaus einige Gesellen von ihren warmen Couchplätzen hervor.

Den Anheizer geben ARMS TO AMEN, die mit einer Art modernem Thrash Metal zu überzeugen wissen. Über den Sound lässt sich natürlich ein wenig streiten, da vor allem die etwas verspielteren Gitarrenmelodien sehr verwaschen und matschig durch das Vortex wabern. Insgesamt macht die sympathische Band aber durchaus Freude, was auch möglicherweise daran liegt, dass ich eine derart eingängige Ausrichtung an diesem Abend überhaupt nicht erwartet habe. So fallen ARMS TO AMEN durchaus positiv aus dem Raster.

Diesen Eindruck unterstützen die aus dem nur wenige Kilometer entfernt liegenden Kreuztal stammenden MORTAL HATRED mehr als deutlich. Deathcore ist angesagt. Wo vorher noch melodische Refrains und eingängige Passagen herrschten, werden nun Breakdowns in den Bühnenvorplatz gerammt, die Aggro-Keule ausgekramt und Keifgesang durch lechzende Besucherohren gefeuert. Das sorgt bei vielen Anwesenden für eine ordentliche Portion Zufriedenheit, sind diese doch im Grunde genommen extra für diese Band heute angereist. Dabei bilden MORTAL HATRED sogar noch die etwas angenehmere Deathcorevariante. Zwischen stumpfen Bassschlägen bleibt durchaus Platz für die ein oder andere göteborglastige Melodie. So ganz retten kann das den Auftritt – für mich persönlich – aber dann doch nicht, dafür kommt mir diese Musik inzwischen einfach zu sehr aus den Ohren heraus…

Ganz anders verhält es sich bei den Bloodchamber-Must-Haves NEAERA. Die Münsteraner sind wahrscheinlich die meistgesehene Band in unserer Datenbank. Dass wir uns Benny Hilleke und Co. zum wiederholten Male reinpfeifen, ist aber durchaus als Qualitätsnachweis zu verstehen. Schließlich überzeugt uns die Band immer wieder aufs Neue mit energiegeladenen, authentischen Shows, die Lust auf mehr machen. Und das ist an diesem Abend nicht anders. Vor allem Shouter Benny strahlt eine mitreißende Lust auf diesen Gig aus, die schnell dazu führt, dass sich einige Besucher häufiger neben dem Frontmann auf der Bühne wiederfinden, als in der Crowd. Tatsächlich wagen sich sogar zwei Crowdsurfer unter die nur wenige Meter über ihren Köpfen thronende Decke, reißen dabei fast die Scheinwerfer von derselben und plumpsen frühzeitig wieder auf den Boden der Tatsachen. Das hält sie aber nicht davon ab, ständig weiter in Bewegung zu bleiben. Schließlich legt sich Benny als gutes Vorbild auch ein ums andere Mal auf die Besucher und lässt sich gebührend feiern. Spätestens bei „Where Submission Reigns“ muss man sich ernsthafte Sorgen darum machen, ob das kleine Vortex dieser Energie überhaupt stand hält. Doch der Laden hält sich tapfer und übersteht den Set, dessen Schwerpunkt auf dem aktuellen Album liegt und durch Gassenhauer wie „Spearheading the Spawn“, „Synergy“, „Let the Tempest Come“ und dem obligatorischen Rausschmeißer „Walls Instead of Bridges“ veredelt wird.

So bleibt einem als Fazit nur zu sagen: wenn drei Bands eine derartige Spielfreude an den Tag legen, sich ein dankbares Publikum versammelt und man das Gefühl hat, Teil einer großen Familie zu sein, dann hat sich der Abend im Vortex wieder einmal gelohnt. Und man muss bei allen Vorurteilen sagen: es ist schön, dass es solche Läden wie diesen überhaupt noch gibt!
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