Vulture Industries - The Malefactors Bloody Register

Vulture Industries - The Malefactors Bloody Register
Avantgarde Black Metal
erschienen am 05.11.2010 bei Dark Essence Records
dauert 44:22 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Crooks & Sinners
2. Race For The Gallows
3. The Hangman's Hatch
4. The Bolted Door
5. This Cursed Flesh
6. I Hung My Heart On Harrow Square
7. Crowning The Cycle
8. Of Branded Blood

Die Bloodchamber meint:

An einem nebligen Abend trafen sich Tom Waits und Nick Cave in einem Londoner Programmkino, in dem eine Wiederaufführung des Stummfilmklassikers „Das Kabinett des Dr. Caligari" gezeigt wurde. Anschließend hingen sie noch ein wenig gemeinsam ab, rauchten ein paar Joints und hörten zum x-ten Mal das letzte Album von < CODE >. Kurz bevor der Morgen graute, sagte Tom schließlich zu Nick: „Alter, ich hab' voll die geile Idee! Lass uns 'ne Black Metal Band gründen.‟ Und dies war die Geburtsstunde von VULTURE INDUSTRIES.

Klingt nicht plausibel? Geschenkt, ist es auch nicht! Eigentlich ist sogar alles davon gelogen, aber das waren eben die Assoziationen, die mir durch den Kopf rauschten, während ich dem aktuellen Album dieser Norweger einen Durchgang nach dem anderen gönnte. Vollkommen unvorbereitet traf es mich zunächst wie ein Schlag und was die Herren aus dem regnerischen Bergen hier abziehen, ist schon außergewöhnlich! Allein das knapp zehnsekündige Intro macht dem Hörer deutlich, wo es lang geht: Wir befinden uns irgendwo zwischen Karneval, Jack the Ripper, Burlesque und einer Irrenanstalt zu Zeiten, in denen das Hauptbehandlungsmittel noch aus einem dicken Wasserschlauch bestand.
In einem sehr variablen musikalischen Gewebe, in dem sich vom Saxophon über Hammondorgel bis zum Westernklavier allerlei genrefremde Instrumente wiederfinden, werden äußerst vielschichtige Songs präsentiert, die auch nach häufigem Hören immer wieder Neues bieten. Richtig knüppelig wird es eigentlich nie, wenn auch immer wieder die extremmetallischen Wurzeln durchscheinen. Die Vocals von Sänger Bjørnar Erevik Nilsen tragen Wesentliches zu der einzigartigen Atmosphäre bei, er zieht das ganze Register, flüstert und schreit, doch vor allem wird hier gesungen und das richtig eindrucksvoll. Die extrovertierte Art mit seiner tiefen und voluminösen Stimme umzugehen ist mit Sicherheit ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber all diese zunächst wirr klingenden Bausteine wachsen mit der Zeit und bilden nach der Phase des Einhörens ein faszinierendes und eigenständiges Album, das unter all den vorhersehbaren Outputs der restlichen Welt erstmal seinesgleichen sucht.
Schön sind auch die vielen griffigen Aha-Momente, die sich bei häufigem Hören bieten, denn dem Hörer werden immer wieder sehr eingängige Melodien und Refrains präsentiert, die einen klar erkennbaren roten Faden durch das Album ziehen. Insgesamt muss man schon ein recht versierter Musiker sein, um ein solches Projekt angemessen umsetzen zu können und das sind die Beteiligten allemal. Auch soundtechnisch gibt es überhaupt nichts zu bemängeln, all die vielen Elemente wurden zu einem stimmigen Gesamtbild abgemischt, wenn auch vieles erst nach mehrfachem Hören oder über Kopfhörer so richtig auffällt.

Letztlich kann ich hier nur zu einem Fazit kommen: Wer seinen Metal orthodox und true will, sollte auf jeden Fall die Finger hiervon lassen! Wer aber keine Angst vor Grenzüberschreitungen hat, wer sich darauf einlassen kann, dass manches beim ersten Hören vielleicht etwas schräg klingt und dass hier ein paar Jungs ihre ganz eigene Vision von Musik durchziehen, die vielleicht etwas irritiert aber mindestens genauso viel Spaß macht, der sollte diesem Album durchaus mal ein oder zwei Ohren leihen.
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