Judas Priest - Angel Of Retribution

Judas Priest - Angel Of Retribution
Heavy Metal
erschienen in 2005 bei Sony Music
dauert 52:44 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. judas rising
2. deal with the devil
3. revolution
4. worth fighting for
5. demonizer
6. wheels of fire
7. angel
8. hellrider
9. eulogy
10. lochness

Die Bloodchamber meint:

Meine Herren, was wurde nicht alles im Vorfeld über diese Scheibe geschrieben. Nach dem „Demolition“ Debakel und der (halb-)offensichtlichen Cash In Reunion mit Rob Halford hatte eigentlich niemand mehr auch nur einen Pfifferling auf ein neues, hochklassiges JUDAS PRIEST Album gesetzt. Insgesamt durchaus verständlich, auch meinereiner war nicht wirklich von diesem (vermutlich) letzten Aufbäumen der alternden Metal Götter überzeugt.
Jetzt, nachdem ich „Angel Of Retribution“ allerdings ne gute Woche lang rauf- und runtergehört habe, muß ich mich glücklicherweise selbst korrigieren und darf allgemeine Entwarnung geben : die Engländer haben tatsächlich noch mal eine klasse Scheibe aufgenommen, die man diesen alten Säcken wirklich nicht mehr zugetraut hatte. Um dieses Ereignis entsprechend zu würdigen, werde ich die Songs nachfolgend – entgegen meiner sonstigen Gewohnheit – einzeln kommentieren :


„Judas Rising“
Der Opener ist direkt ein richtiger Hammer, eine böse, alles zermalmende Walze vor dem Herrn. Heavy, eingängig und mit tollen Soli gesegnet. Zwar ist der Song nicht so göttlich, wie er von gewissen Printmedien gemacht wird, aber nichtsdestotrotz ein verdammt guter Eröffnungstracks. Toller Einstieg !

„Deal With The Devil“
Das Ding geht relativ schnell nach vorne ab und lädt direkt mal zum gepflegtem Kopfnicken ein. Ein typischer Headbanger, der durchaus von Halfords „Resurrection“ stammen könnte. Profitiert zudem von einem guten Chorus.

„Revolution“
Die erste Single ist der schwächste Song des Albums. Keine Ahnung, wer diesen Track zum Vorab Release ausgesucht hat. Insgesamt ist das Stück zu durchschnittlich, relativ einfallslos konstruiert und irgendwie auch zu modern. Weckt durch ein paar unnötige Verzerrer Effekte böse Gedanken an „Demolition“, wäre da aber sicherlich ein Highlight gewesen.

„Worth Fighting For“
Hier haben wir den ersten richtigen Überknaller der Scheibe. Der Song rockt zwar eher gemächlich nach vorn, hat aber einen gnadenlos guten Refrain am Start und dürfte sich hervorragend für einsame Autofahrten auf dem Highway eignen. Ne tolle Mitsingnummer, die in der Tradition der kommerziellen Alben „Point Of Entry“ und „Turbo“ steht und mich irgendwie an das göttliche „Desert Plains“ erinnert. Killer !

„Demonizer“
Direkt das nächste Highlight. Ein echter Doublebass Kracher, der äußerst aggressiv nach vorne stampft. Der Song kommt sehr intensiv rüber und hat zudem ein grandioses Solo am Start. Dieser Track hätte auch problemlos auf „Painkiller“ stehen können.

„Wheels Of Fire“
Natürlich handelt es sich hier NICHT um ein ManOwaR Cover, dafür aber leider um den zweiten eher durchschnittlichen Song von „Angel Of Retribution“. Hier wird recht simpel im Mid Tempo gerockt, ohne große Überraschungen zu bieten. Hat was von „Some Heads Are Gonna Roll“, aber ohne dessen Klasse zu erreichen. Wächst zwar mit der Zeit, wird aber niemals ein Klassiker werden.

„Angel”
Hier haben wir es mit einer (halb-)akustischen, traurigen Ballade zu tun. Man muß schon bis in die 70er zurückgehen, um einen vergleichbaren Track zu finden, lediglich die momentan live gespielte unplugged Version von „Diamonds & Rust“ könnte man eventuell als Referenz nennen. Der Song ist allerdings wunderbar eingängig und bietet ordentlich Raum für Halfords Stimme, die immer noch von großer Klasse ist.

„Hellrider”
Der zweite „Painkiller“ Track. So könnte man es am besten auf den Punkt bringen. Knallhartes Doublebass Geballer, höllische Solofrickeleien und ein toller, wenn auch simpler Refrain zeichnen dieses überlange Geschoß aus. Der dritte Kracher der Scheibe.

„Eulogy”
Ein sehr ungewöhnliches, da äußerst sparsam (u.a. mit Pianoklängen) instrumentiertes Stück, welches eine unheilsschwangere Stimmung verbreitet. Kann als Intro für den nächsten Song angesehen werden.

„Lochness”
Zum Abschluß gibt’s noch mal was aus der Abteilung „Überraschung“. Diese (seltsam betitelte) Epic Metal Großtat bringt es auf stattliche 13:29 Minuten, ohne dabei auch nur eine Sekunde zu langweilen. Die Gitarrenarbeit ist mindestens ebenso großartig wie die Bridge; beim Refrain indes dürften sich die Geister scheiden. Eine Text wie „Lochness – Confess“ usw. zu verfassen ist schon ziemlich unverschämt, aber obwohl der Chorus so furchtbar cheesy klingt, geht er doch verdammt gut ins Ohr und läßt sich so schnell nicht wieder vertreiben. Der typische Dieter Bohlen Effekt halt. Trotzdem bietet auch „Lochness“ ganz großen Sport und beschließt die Scheibe mehr als würdig.


Was bleibt noch zu sagen ? Höchstens, daß Halford zwar nicht gegen Ripper Owens anstinken kann und mittlerweile auch nur noch recht selten die Kopfstimme aus der Mottenkiste holt, dennoch aber einen absolut überzeugenden Job abliefert. Der Rest der Band ist eh über jeden Zweifel erhaben, und die Produktion von Bruce Dickinsons Kumpel Roy Z knallt – wie man es von ihm gewohnt ist – an allen Ecken und Enden, ohne dabei altbacken zu klingen.

So ist es also nicht vermessen, wenn ich behaupte, daß „Angel Of Retribution” ein richtig gutes Album geworden ist, welches zwar nicht zu den Top 3 der Band gehört (diese Plätze sind wohl für immer an „Painkiller“, „Defenders Of The Faith“ und „British Steel“ vergeben), aber es vermutlich unter die ersten fünf schaffen dürfte. Und das ist bei diesem Backkatalog ne echte Auszeichnung. Und würde über dieser Scheibe nicht der Name JUDAS PRIEST stehen, könnte man die Note noch locker um 0,5 bis 1,5 Punkte hochschrauben.
Well done !
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