Kritische Fragen an freundliche Musiker


Interview mit Lanfear
Progressive Metal aus Deutschland - Gundelsheim
Nachdem ich letztes Jahr das bärenstarke Output „The Art Effect“ lauschen durfte, war ich vom 2005er Release „Another Golden Rage“ leider etwas enttäuscht. Da man Musiker nicht zu sehr verwöhnen darf (sonst endet man wie Glenn Danzig) und ich mir sicher war, dass man Lanfear auch mal mit kritischen Fragen löchern darf, habe ich der Band mal auf den Zahn gefühlt.


Euer neustes Album war, meiner Meinung nach, ein bisschen ein Schritt zurück. Kompositorisch war es zugegebener Maßen sehr stark, aber gerade beim Gesang fand ich, dass das Vorgängeralbum um Längen besser klang. Wie ist Eure Meinung dazu, hatte ich beim Hören Tomaten auf den Ohren, oder könnt ihr meine Kritik nachvollziehen?


Hi! Natürlich können wir diese Kritik nicht nachvollziehen, wenn wir könnten hätten wir das Album ja anders gemacht 
Wir wollten, dass das Album genau so klingt wie es das tut, wir finden auch die Gesangslinien wesentlich ausgefeilter und für uns stellt das neue Album den nächsten logischen Schritt dar. Natürlich müssen wir es trotzdem akzeptieren, wenn jemand das Album nicht mag, aber die „breite Meinung“ gibt uns wohl recht.

Wie waren denn die Reaktionen auf euer Album – bin ich der einzige, der etwas enttäuscht war?

Die Reaktionen sind eigentlich durchweg fantastisch. Es gibt immer einige, denen man es nicht recht machen kann und natürlich können nicht alle Kritiken überragend sein, zu 95% sind sie es aber tatsächlich.

An der Stelle erlaube ich mir mal folgende Frage (aber nicht sauer sein):Ich habe nachdem ich das Review hier bei Bloodchamber online gestellt hatte, in eurem Gästebuch einen Vermerk gelassen. Ein paar Tage später war der Eintrag futsch, in Eurer Rezensionsliste wurde das Review aber nicht aufgenommen. Keinen Bock auf negative Bewertungen, oder hatte ich da was auf den Augen, mein Rechner war kaputt?

Um ehrlich zu sein, habe ich davon gar nichts mitbekommen und Dein Review erst vor einigen Minuten gelesen, nachdem die Inti-Anfrage eintrudelte. Einen Gästebucheintrag habe ich definitiv nicht gelöscht, müsste mich mal umhorchen was da war.
Ich nehme mittlerweile eigentlich nur noch relativ sporadisch Reviews auf unsere Webseite auf, weil es inzwischen einfach unzählige sind und ich mir kaum vorstellen kann, dass jemand alle lesen will, trotzdem haben wir nicht nur Links zu ausschließlich positiven Reviews drin, überzeug’ Dich ganz einfach selbst 


Vergleicht doch mal selber „The Art Effect“ mit „Another Golden Rage“ – nach einer langen Aufnahmezeit und etwas Abstand vom neusten Album, welche Platte findet ihr gelungener, wenn man das überhaupt sagen kann?

Natürlich finde ich die neue gelungener, zumal wir uns einfach was die einzelnen Arrangements und die Griffigkeit der Stücke betrifft, nochmals gesteigert haben. Ich muss auch nochmals betonen, dass uns das auch wirklich so gut wie jeder bescheinigt und gerade Dinge die Du kritisierst, werden von anderen eben wieder hochgelobt. Man kann und sollte es einfach nicht jedem recht machen...

Mich persönlich würde es ja sehr interessieren, woher der Name Lanfear kommt. Habt ihr Angst vor Netzwerkpartys?

Boah, nach der Namensherkunft werde ich tatsächlich nach 12 Jahren immer noch gefragt LOL
Lanfear ist eine „Göttin“ aus Robert Jordans Zyklus „Rad der Zeit“. Wir haben uns aber tatsächlich nur den Namen geborgt und rein textlich nie mit der Saga zu tun gehabt.
Witzig finde ich übrigens auch immer noch, wenn uns manche als Landfear bezeichnen, auch eine kuule Variante. Heißen wir dann Landplagen? 

Jeder Musiker ist ja irgendwie vorbelastet, was Lieblingsbands und Stilrichtungen betrifft. Ist Lanfear die Summe verschiedener Musikgeschmäcker, oder gibt es eine Band, die man als gemeinsamen Nenner hervorbringen könnte? Und in wie weit waren Prog-Götter wie Kansas (um alte Bands zu nennen) oder Dream Theater ausschlaggebend?

Wenn ich von mir ausgehe, kann ich meinen Geschmack definitiv nicht auf bestimmte Bands reduzieren. Ich mag die frühen DT und die ganzen Kansas Sachen sehr, aber es gibt eben hunderte weiterer Bands die ich auch völlig geil finde. Ich denke auch, dass unsere Musik, gerade weil wir sehr vielfältige Einflüsse haben einfach eigenständiger klingt, als die der meisten anderen Bands. Ich hoffe es zumindest ;)

Ich finde, derzeitig sind ja viele Hörer sehr von der (Pop)Metal Welle, die im Radio gedudelt wird, begeistert. Wie seht ihr denn die Entwicklung, dass Bands wir Nightwish kommerziell sehr erfolgreich sind: Sellout oder der lang verdiente Durchbruch?

Solange sich eine Band nicht musikalisch anpasst (und ich glaube nicht, dass es sehr viele Bands gibt die das tun) kann man wohl kaum von Sellout reden. Nightwish machen auf ihrem neuen Album keine andere Musik wie vorher auch, insofern finde ich solche Vorwürfe haltlos.
Ob der Durchbruch verdient oder nicht ist, kann ich nicht beurteilen. Für mich gibt es wesentlich bessere Bands, aber meine Meinung ist eben nur eine von vielen.


Angenommen, man würde euch anbieten, ein Album mit Fantasy Texten, Songaufbauten a la Manowar und einem Video Marke Martin Kesici feat. Tarja Turunen zu drehen: wäre es für euch als Musiker wegen des (zu erwartendem) finanziellen Erfolges nicht reizbar, oder seht ihr dies als Werteverkauf?

Würden wir definitiv nicht machen. Musik ist das wichtigste in meinem Leben und niemand hat das Recht mir zu sagen, wie diese zu klingen hat. Jeder kann unsere Musik gut oder schlecht finden, das ist mir relativ egal, aber kein Mensch schreibt Lanfear vor wie Lanfear klingt, das ist Fakt!

Wo ich schon gerade den aktuellen Trend, Metal im Musikfernsehen, aufgreife: Ihr seit ja schon was länger mit dabei und Metal hört ihr ja auch nicht erst seit gestern – ist dies nur ein aktueller Trend, oder steht uns eine Metaldekade wie in den 80ern bevor?

Ich denke nicht, dass sich großartig was ändern wird. Natürlich ist Metal momentan angesagter und es ist ein Trend zu handgemachter Musik zu erkennen. Nichtsdestotrotz wird Metal nie massenkompatibel sein, obwohl der Marktanteil sehr groß ist. Wenn Du den Radio einschaltest hörst Du nie Metal, obwohl die Charts voll von Metalbands sind. Das ist die typische Ignoranz der Massenmedien und daran wird sich auch nichts ändern. Es sollte aber definitiv ein Gesetz geben, welches den Sendern vorschreibt Musik mit bestimmten Marktanteilen nicht weiter zu ignorieren. Anders lassen die sich nicht dazu bringen...

Wir hatten ja erst kürzlich einen Todesfall in der Metal Community – Dimebag Darrell wurde erschossen. Hat man als Musiker jetzt kurz vor einem Gig ein mulmiges Gefühl?

Nein, keineswegs. Für mich ändert das nichts und so etwas wird hoffentlich auch ein Einzelfall bleiben.

Ich bin jetzt mal dreist und frag euch direkt: Leben die Bandmitglieder von Lanfear von der Musik oder geht ihr „normalen“ Jobs nach?

Wir haben alle ganz normale Jobs und investieren sogar noch Kohle, um die Band am Leben zu erhalten. Es dürfte heutzutage fast unmöglich sein, zu fünft von einer Band zu leben.

Neues Jahr, neues Glück – was steht denn den Fans von Lanfear 2005 ins Haus? Gibt es noch eine Veröffentlichung, oder tourt ihr jetzt erst mal ausgiebig durch die Lande?

Die nächste VÖ steht erst für 2006 an, ab Ende April geht’s erst einmal auf Europatour mit Morgana Lefay. Wir freuen uns tierisch darauf 


Zum Abschluss gehören zu diesem Zeitpunkt die letzten Worte euch, deswegen bedanke ich mich recht herzlich für dieses Interview und freue mich drauf, euch demnächst mal Live zu erleben!

Vielen Dank für’s Interview und viele Grüße an Eure Leser. Es ist tatsächlich mal eine nicht unwillkommene Abwechslung auch mal kritischere Fragen zu hören, war in letzter Zeit ja fast schon zu verwöhnt ;)

Viele Grüße
Markus/LANFEAR
-