Modelvertrag, nein danke!


Interview mit Cripper
Thrash Metal aus Deutschland - Hannover
Die Hannoveraner CRIPPER gehört mittlerweile zu den heißesten (und besten) deutschen Nachwuchsthrasher, was sie mit ihrem hervorragenden Longplay Debüt „Freak Inside“ noch mal nachträglich unterstrichen haben. Es war also mehr als an der Zeit, Frontfrau Britta mal etwas genauer auf den Zahn zu fühlen.


Hallo Britta!

Zum Anfang ist es wahrscheinlich nicht verkehrt, wenn Du die Band und eure Geschichte mal ein bisschen vorstellst, schließlich seid ihr ja (noch) ne Underground Band und nicht jedem unserer Leser ein Begriff.

Britta:
OK, los geht’s:
Die Grundsteine für CRIPPER haben unsere beiden Gitarreros Jonathan und Christian 2003 gelegt. Da sind jedenfalls die ersten Riffs entstanden. Ich kam im Sommer 04 dazu, Dennis und unser erster Basser Anfang 2005. Mit unserem jetzigen Basser Sören spielen wir seit September 06 zusammen.
Zu Anfang verband uns alle „nur“ die Mucke – eine positive Überraschung ist, dass wir mittlerweile darüber hinaus gute Freunde geworden sind und auch viel außerhalb des Proberaums miteinander zu tun haben.
Unsere ersten 6 Tracks haben wir als Demo unter dem Namen „Killer Escort Service“ in Eigenregie Anfang 2006 produziert, unser aktuelles Album „Freak Inside“ mit 12 weiteren Tracks im Frühjahr 2007.
Eigenregie ist an dieser Stelle ein gutes Stichwort, denn bisher haben wir angefangen bei den Silberlingen über Merch bis hin zur Homepage alles selber entworfen, in die Wege geleitet, überprüft, abgestempelt und... bezahlt ;-)

Wir machen dieses Interview erst jetzt, weil ihr vorher auf dem Metalcamp Festival in Slowenien gespielt habt. Also, wie war es?

Britta:
Naja, wir haben nicht nur auf dem Metalcamp gezockt. Da war das Queens of Metal, Battle of Metal und das Metalcamp. Es folgt noch das Tunes of Death, das Hellter Skelter Festival, Pfalz Destruction und das Winterbreath... Auf m Tunes werden wir aber wohl zum letzten Mal in diesem Jahr Zelten, es reicht nämlich auch langsam ;-) Auf den anderen Festivals wird es schon zu kalt sein.
OK, zu deiner eigentlichen Frage: Metalcamp hat sehr viel Spaß gemacht. Es war tierisch heiß, wir hatten 7 Tage Party, Strand, Wasser, Mucke... was will man mehr? Unser Gig war zu unserer großen Freude richtig gut besucht, der Platz vor der Talent Stage war gefüllt und wir kamen super an!
Hihi, unseren Song „Black Terra“ ham wir so richtig schön verkackt. Nicht, dass wir den schon 40.000 Mal gespielt hätten, nein...
Es war unser letzter Song und Jojo / Sänger von SARDONIC kam zu uns auf die Bühne, um den Song mit mir und Christian zusammen zu singen. Der Arme... spaßeshalber von Christian als „Jojo DeMaio“ angekündigt, kam er unter Klatschen freudestrahlend und motiviert auf die Bühne – um dann nach den ersten Takten von „Black Terra“ das größte Fragezeichen der Metalgeschichte zu gucken. Dennis hatte einen Übergang zu Beginn dermaßen verdaddelt, dass für Jojo wirklich kein Einsatz möglich gewesen wäre. Ein absolutes Klangchaos und Lachen auf der Bühne, dass dann durch Dennis zum Glück schnell beendet wurde und wir den Song einfach noch mal anfingen. Das Ganze hätte auch geplant gewesen sein können, jedenfalls haben wir unsere Spielzeit von 30 Minuten (NICHT 31!!!) auf die Sekunde genau genutzt ;-)

Ihr habt ja im Frühling unter dem Banner „Triple Thrash Threat“ eine kleine Tour zusammen mit SPECTRE DRAGON und HATRED gespielt. Leider seid ihr dabei nicht in meiner Nähe vorbeigekommen. Sind ähnliche Veranstaltungen für die Zukunft geplant? Und wenn ja, steht dann auch mal endlich der Ruhrpott auf dem Plan?

Britta:
Ja, da weiß ich noch gar nicht, was ich da schon verraten darf... Also fest geplant ist nüscht, aber alle ham Bock auf nen TTT Part II – und wer würd sich jetzt planungs- und spielwütigen Thrashern in den Weg stellen wollen ;-)) Um dem Größenwahn zu komplettieren: nächstes Mal wolln wir noch mehr Gigs spielen, noch weiter rumkommen und vor allem noch lauter zocken und vieeel mehr trinken...

Kommen wir mal zu eurem aktuellen Album „Freak Inside“. Wenn man die Platte mit der EP „Killer Escort Service“ vergleicht, fällt auf, dass ihr konsequenter auf reinen Thrash Metal setzt und weniger in Richtung Melodic Death schielt. Ebenso setzt ihr keine cleanen Vocals mehr ein. Wie kam es zu dieser Entwicklung?

Britta:
Das war eine Idee vom Management.

Nee, Ernst: die Songs von der „Killer Escort Service“ waren unsere ersten 6 Songs, die wir je geschrieben haben. Wir sind mit unserer Leistung für den damaligen Stand der Dinge sehr zufrieden! Aber natürlich haben wir uns weiterentwickelt und sind – unserer Meinung nach – sehr viel besser geworden. Z.B. das Songwriting und das Arrangement wirkte auf der „Killer Escort Service“ zum Teil etwas gestückelt und unentschlossen. Nimm dir z.B. „Wicked“, da sind gefühlte 1 Mio Parts aufeinander getroffen ;-)
Auch technisch hat sich bei uns vom Demo zum Album was getan, jeder von uns konnte sich verbessern.
Die Entwicklung hin zum konsequenteren Thrash wie du meintest war ganz natürlich. Wir haben uns nicht hingesetzt und gesagt „so, nu mal mehr Thrash, bitte. Danke.“. Thrash Metal ist wahrscheinlich unsere Schnittmenge, was unsere unterschiedlichen Musikgeschmäcker angeht, da haben wir uns so hinentwickelt.
Auf cleane Vocals haben wir verzichtet, weil sich die Songs dafür viel weniger angeboten haben. Dazu kommt, dass sich mein Cleangesang seit dem Demo zwar schon um einiges verbessert hat, aber mit der übrigen Weiterentwicklung einfach noch nicht mithalten kann.

Stilistisch schwebt ihr für mich irgendwo zwischen modernem, groovigen Thrash und der typischen Knüppel Old School. Siehst Du das genauso? Oder gehen Dir solche Kategorisierungen eher auf die Nerven?

Britta:
Kategorisierungen gehen mir nicht auf die Nerven, ich beschäftige mich nämlich fast nie damit ;-) Ich kann deinem Gedanken aber folgen, sehe uns auch in dieser Ecke.
Naja, spätestens dann, wenn man über eine Band schreibt, braucht man ja auch Worte, um sie zu beschreiben...

Hast Du einen Lieblingssong auf dem Album? Mein persönliches Highlight ist „Fire Walk With Me“ aufgrund des ziemlich geilen Refrains. Eine echter Mitgröler!

Britta:
Ja, meiner ist „Kill My Thirst“.
„Fire Walk With Me“ hat sich als perfekter Live-Song entpuppt, gerade durch den Mitgröhl-Faktor.

Wie sind denn bis jetzt die allgemeinen Reaktionen auf „Freak Inside“? Durchgehend gut, oder hat es auch schon Verrisse gegeben?

Britta:
Nein, Verrisse gab es nicht. Die Bewertungen waren durchweg positiv, auch wenn es natürlich Kritikpunkte gab / gibt.

Verfolgt ihr einen bestimmten Ansatz bei euren Lyrics? Gibt es etwas, was ihr euren Hörern mit auf den Weg geben wollt, oder dienen die Texte in erster Linie der Unterstützung der Musik?

Bitta:
An den CRIPPER Texten bin ich schuld. Sie sind langweilig und persönlicher Natur ;-) Politik, Schwerter, Massaker und Gedärm findet bisher keine Berücksichtigung.
Ich drücke mich gern aus, schreibe meine Texte also nicht leidenschafts- oder inhaltslos einfach so dahin. Wirklich aktiv auf den Weg geben möchte ich eigentlich niemandem etwas, das will ich jedem selbst überlassen. Sicherlich hat jeder Text für mich / uns eine bestimmte Bedeutung – die Texte sind jedoch allgemein genug gehalten, dass man sie sicher auf viele Arten interpretieren kann.
Was ich immer wieder bemerkenswert finde ist die Tatsache, dass Texte in Reviews nahezu keine Beachtung finden – nicht nur bei CRIPPER. Gehört doch aber ebenso dazu wie Riffs etc...

CRIPPER machen einen super professionellen Eindruck. Das war schon bei der Aufmachung der EP so und ist jetzt nicht anders. Booklet, Cover, Produktion, Homepage, ja selbst der Infozettel – da überlasst ihr nichts dem Zufall. Ist „keine halben Sachen“ eure Maxime?

Britta:
Naja, vielleicht eher „Wir machen nichts schlechter, als wir es können“.

Ihr habt die CD von Andy Classen mixen lassen. Wie seid ihr mit ihm in Kontakt getreten? Es ist ja auch nicht alltäglich, dass er für ungesignte Bands arbeitet, oder?

Britta:
Wir haben unsere CD nicht von Andy Classen mixen lassen, sondern von Curt Doernberg und Carsten Frank! Andy hat die Scheibe im Anschluss gemastert!
Das war auch keine Ausnahme oder so. Seine Preise stehen auf seiner Homepage, wir haben ihn über die dort genannte Mailadresse angeschrieben, er hatte Zeit... war also ganz einfach, wir hatten keine besondere Empfehlung oder „Vitamin-B“.

Diese Frage stelle ich oft und gerne: CRIPPER sind eine Band mit Frontfrau. Das ist in der heutigen Metal Szene ein kleiner Trend, auch wenn Mädels in extremeren Bands nach wie vor Exotenstatus haben. So oder so ist euch auf jeden Fall mehr Aufmerksamkeit als gewöhnlich sicher. In wieweit bist Du Dir dieses Vorteils bewusst bzw. nutzt ihr das gar konsequent aus?

Bitta:
Bei dem Wort „Exotenstatus“ muss ich grad unwillkürlich an einen unter Naturschutz stehenden Paradiesvogel denken, der kurz vor der Ausrottung steht ;-)
Na klar bin ich mir / sind wir uns über diesen „Vorteil“ bewusst. Das beste Beispiel ist, wenn wir auf einem Festival spielen, uns kennt keiner, aber die, die vorbeilaufen, bleiben oft mit offenem Mund stehen und schauen sich den Gig an. Die Sache hat nur einen Haken: die Frage, ob sie die Mucke geil finden, bleibt an dieser Stelle noch unbeantwortet. Man kann sich also nicht darauf verlassen, dass die Leute auch zum nächsten Gig kommen und sich evtl. sogar noch ne CD kaufen, um uns zu unterstützen. Ist also zum Teil mit Vorsicht zu bewerten, dieser „Vorteil“.
Wir gehören nicht zu den Bands, die dieses „female fronted irgendwas“ ausspielen. Es geht bei CRIPPER um die Mucke, nicht um einen Personenkult oder so. Das soll auch so bleiben – ehrlich gesagt würde mir das auch n bissl an Ernsthaftigkeit als Musikerin absprechen, fühlt sich jedenfalls so an.

Ist es nicht etwas schwierig, als Frau in einer Band zu spielen, die sonst nur aus männlichen Mitgliedern besteht? Ich könnte mir vorstellen, dass das zu Problemen führen könnte...

Bitta:
Höhö – „männliche Mitglieder“ (sorry)
Ja, ich habe die Vermutung, dass ich nur deshalb vorn stehe, weil mir alle anderen Bandmitglieder auf den Arsch schauen wollen ;-)

In meinem Review habe ich eure Nachbarn RECKLESS TIDE erwähnt, die den Sprung zu einer Plattenfirma bereits geschafft haben. Steht ihr mit dieser Band irgendwie in Verbindung?

Britta:
Wir kennen die Jungs und das Mädel von RECKLESS TIDE, haben auch schon mal n Gig in Hannover zusammen gespielt. Und Sören mimte kurzzeitig mal den Aushilfsbassisten.

Gibt es schon konkrete Anfragen von irgendwelchen Plattenfirmen? Es würde mich zumindest nicht wundern.

Britta:
Ja, es gab schon Anfragen. Bisher kam aber nix zustande, passte auf uns nicht. (Das soll jetzt nicht arrogant klingen und ist auch nicht so gemeint!) Wir hatten auch schon einen als Deal getarnten Modelvertrag dabei, der eben von uns verlangte, genau den von dir oben angesprochenen Frauenbonus vorrangig auszuspielen... is nix für uns.
Schaun mer mal, was sich noch so ergibt. Uns geht es auch ohne Deal bisher ganz gut ;-) Generell sind wir aber natürlich nicht abgeneigt, einen Deal einzugehen – muss halt nur auch passen.

Wie sieht eure nahe Zukunftsplanung aus? Welche Gigs spielt ihr in nächster Zeit? Arbeitet ihr gar schon an einem neuen Album? Oder lasst ihr erst mal alles in Ruhe auf euch zukommen?

Britta:
Aaalso, es stehen folgende Gigs an:

25.08.07 Tunes of Death Festival in Krugsdorf bei Pasewalk
21.09.07 Hellter Skelter Festival im UJZ in Peine
03.11.07 im Vereinshaus Ihnetal in Attendorn
01.12.07 Pfalz Destruction (ex Hell over Landau)
04.01.08 Winterbreath Festival in Strullendorf bei Bamberg

Ein paar weitere Sachen sind auch schon für 2008 bestätigt, aktuelle Gigs sind im Netz unter www.cripper.de/?gigs zu finden.
Wir schreiben aktuell an neuem Material, da wird bestimmt ein neues Album draus! Macht ja auch Spaß! Wir machen uns allerdings keinen Zeitdruck - wenn wir genug Songs haben, die uns gefallen, gehen wir ins Studio und nehmen auf ;-) Sicher, so n bissl Druck was die Qualität neuer Songs angeht, machen wir uns schon – wir wollen uns ja weiterhin verbessern.

So, damit wären wir auch schon am Ende angekommen. Wenn Du irgendetwas loswerden möchtest, dann ist jetzt der richtige Ort und die richtige Zeit dafür:

Britta:
Das mitgebrachte Zlatorog aus Slowenien ist alle – schade!
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